Pesthauch - Band 1 der Blutdrachen Trilogie (German Edition)
schlug schneller und ein wohliger Schauer lief durch Melissa de Villes Leib. Nun bereute sie, den Sekretär getötet zu haben. Er war nicht eben talentiert gewesen in den Künsten der Liebe, aber er war besser als nichts.
Lady de Ville beschloss, die Wartezeit zu nutzen und sich auf die Schnelle nach einem Ersatz umzusehen. Es würde gut und gerne zwei Stunden dauern, bis der Trank weiterverarbeitet werden konnte.
Eilig begab sie sich in ihr Gemach, wo der tote Ulysses Miller auf dem Teppich vor der Couch lag, um sich anzukleiden.
Wimmer sah den General misstrauisch an. Der Mann wusste gar nicht, wie schlecht er aussah! In den letzten Tagen war es augenscheinlich geworden, dass es mit General Courtyard zu Ende ging. Der Verfall seiner Züge war erschreckend. Seine Wangen waren hohl und eingefallen und die Augen lagen tief in den Höhlen. Der Blick war fiebrig und die Stimme, die es sonst gewohnt war, klare Befehle zu bellen, war dünn und brüchig.
Dieser verdammte Vampir hatte das Haus immer noch nicht verlassen.
Courtyard grübelte seit einer Stunde schon, was er tun sollte. Warten, bis der Vampir sich zeigte? Oder angreifen, den Golem in das Haus leiten und sich den Blutsauger holen?
Dann war der Schmerz gekommen. Nicht der bohrende, zehrende Schmerz, den er aus den letzten Wochen so gut kannte, sondern ein Schwerthieb von roter Glut, die in seinen Eingeweiden wühlte. Es warf ihn um, seine Knie knickten ein und er konnte sich noch grade eben so mit den Händen abstützen, sonst wäre er mit dem Gesicht in den zertretenen Schneematsch gefallen. Sterne tanzten vor seinen Augen und eine weißglühende Säge trennte ihn in der Mitte durch.
Sein Atem ging keuchend und seine Finger flatterten, als er das Fläschchen des Doktors an die Lippen führte und die Medizin trank. Dann fiel er rückwärts an die Wand und dort verharrte er mit geschlossenen Augen, bis das Mittel seine Wirkung tat. Der Schmerz war erträglich unter seiner Wirkung aber er war da, deutlich und mahnend: Du machst es nicht mehr lange, alter Junge!
Als Wimmer erschien, hatte der General sich wieder im Griff und tat, als sei nichts gewesen, aber er grübelte, was er tun konnte. Die Zeit lief ihm nicht mehr davon … sie war schon weg. Fort, vergangen. Es galt nun, schnell zu handeln, aber da war die Droge, die ihm sagte, er solle vorsichtig sein. Angst? Wenn, dann die Angst zu versagen, nicht die Furcht vor dem Tod.
Genau bedacht hatte er gar keine Wahl. Er musste die Initiative ergreifen.
„Meister Wimmer“, sagte er und versuchte, seine Stimme fest klingen zu lassen. „Sagt den Männern, sie sollen den Golem herbringen.“
Wimmer schüttelte den Kopf.
„Ihr habt die Männer in den Urlaub entlassen, Herr General. Gott allein mag wissen, in welchen düsteren Kaschemmen die sich grad volllaufen lassen. Ich will versuchen, sie zu finden, wenn Ihr darauf besteht, aber ob sie dann auch …“
Courtyard nickte.
„Lasst gut sein, Ihr habt recht, es war mir nicht präsent … nun, dann bitte ich Euch, geht und schlagt die Plane zurück. Entfernt die Seile und öffnet den Schlag der Kutsche. Seid so gut …“
„Selbstverständlich, Herr General! Habt Ihr vor, ich meine … wollt Ihr …“
„Ich will bereit sein, Wimmer, bereit!“, sagte Courtyard nur und starrte mit zusammengekniffenen Augen zu dem Haus hinüber. Die Straße kippte vor seinen Augen zur Seite und ein gelbes Licht pulsierte über ihm. Die Droge beeinträchtigte seine Sicht, doch sein Denken war seltsam klar.
Wimmer zuckte mit den Schultern und machte sich auf, dem Wunsch des Generals zu entsprechen. Er beeilte sich nicht sehr und auf dem Weg zum Stall, in dem der Kastenwagen stand, gingen ihm die verschiedenen Alternativen durch den Kopf, die er so hatte.
Der General könnte Erfolg haben, das war das eine. Dann war alles gut, der Vampir war tot, der General konnte in Ruhe dahinscheiden und er, Wimmer, würde dann mit dem Geld vom Doktor irgendwo ein ruhiges Leben führen können. Doch diese Variante hatte wohl die geringste Chance darauf, Realität zu werden. Dann konnte der General während des Kampfes draufgehen. In dem Fall würde er die Stelle des Generals einnehmen müssen, das hatte er versprochen, und er hatte vor, sein Versprechen zu erfüllen. Oder der Vampir gewann …
Wimmer hatte den Stall erreicht. Der Wagen stand weit vorn in der Remise. Die Türen waren schnell geöffnet und er musste nur noch die Seile lösen, die den Golem während der Fahrt
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