Pesthauch - Band 1 der Blutdrachen Trilogie (German Edition)
ich nicht sagen, nehme es aber an. Nun ja … ich fand entsprechende Literatur … Aber einige der Dinge, die man über Vampire sagt, sind wohl auch wahr. Ich fand immer wieder Berichte, sie könnten sich in Wölfe oder Fledermäuse verwandeln, und das aus mehreren Jahrhunderten! Ferner scheinen sie kugelfest zu sein. In England berichtete mir ein Sterbender, er habe gesehen, wie eine Musketenkugel dem Vampir den Brustkorb aufriss, dass man am Rücken wieder herausschauen konnte, und der Mann war völlig glaubhaft. Der Vampir habe den Schützen getötet und dann die Flucht ergriffen, trotz des Loches in seinem Körper. Ähnliches ist auch schon aus früheren Zeiten bekannt. Es gibt Berichte von Vampiren, denen man sieben Zoll Stahl durch den Leib trieb, und die weiterkämpften und siegten!“
Ich schenkte uns neuen Branntwein ein und reichte Van Strout sein Glas.
Wir tranken und dann erzählte der Holländer weiter.
„In dem Büchlein heißt es, die drei Kästchen könnten nur geöffnet werden, wenn alle drei zusammen sind, und sie würden einander öffnen, was immer das heißen mag! Das, was von den Kästchen verborgen gehalten wird, soll dann zum Herz des Drachen führen. Es wird auch immer wieder vor der großen Verantwortung gewarnt, die dieses Wissen in sich birgt. Und vor der Gefahr, die der Drache sei! Es kann sich da nur um ein Wesen aus den tiefsten Tiefen der Hölle handeln, wenn selbst ein so verderbtes Wesen wie ein Vampir es als abscheulich und mörderisch bezeichnet. Einige Zeilen in dem Buch lassen mich glauben, dass unsere Altvorderen, die Nordmänner, diese Drachen in der Schlange sahen, die sich um den Weltenbaum schlang. Wie alt mögen die Geschichten wohl wirklich zurückreichen?“
Er sah mich fragend an. Ich zuckte mit den Schultern.
„Mijnheer, wer vermag das zu sagen? Fragen wir den Vampir, so wir seiner habhaft werden können in einem Zustand, der eine Befragung noch zulässt.“
Zu meiner Überraschung nickte Van Strout.
„Genau das habe ich vor, mein Freund. Hört meinen Plan …“
Der Holländer hatte ein Verlies tief unter dem Wasserspiegel des Sees präpariert. Dort würde er Büchlein und Kästchen verstecken. Dann würde er das Gerücht in Umlauf setzen, er rechne Anfang des kommenden Monats mit einem Angriff der Vampire und wolle vorher in Brügge noch ein paar Geschäfte abwickeln. Das klang glaubwürdig. Wir würden auch losreiten, doch nach einer halben Tagesreise umkehren und uns durch einen geheimen Gang in die Burg schleichen und uns in den Verliesen verstecken. Dort mussten wir nur warten, bis der Blutsauger kam und die Falle zuschnappte.
Ich musste zugeben, dass ich keine Lücke in dem Gedankengebäude finden konnte. Der Holländer hatte sich das bestens ausgedacht.
„Nun“, schlug ich vor, „in der verbleibenden Zeit bis zu unserer Scheinabreise können wir auch genauso gut noch versuchen, ob wir die Kästchen nicht doch aufbekommen können! Und dies hier mag uns dabei von Nutzen sein. Es ist das, was in dem zerstörten Kästchen war …“
Van Strout setzte sich ruckartig gerade hin und starrte auf meine Hand.
„Was ist das?“, fragte er.
In meiner ausgestreckten Hand hielt ich ihm ein mumifiziertes Körperteil hin.
„Dies“, sagte ich bedeutungsschwer, „dies ist ein Finger von einer Drachenklaue. Der kleine Finger, denke ich …“
Wieder einmal war er unterwegs. Wie viele Jahre hatte er verbracht, reisend, fahrend, laufend? Wie viel Zeit verschwendet mit dem Bewegen von hier nach da?
Seit tausend Jahren war er auf dieser Welt und beschützte sie vor dem Drachen. Meist mit Erfolg, aber ein paar Mal war der Drache auch schon losgebrochen. Er hatte ihn wieder unter Kontrolle gebracht, aber es war schwer. Es war immer schwer gewesen und wurde jedes Mal ein wenig schwerer. Wie lange würde er das noch schaffen?
Was für eine Frage! Er hatte keine Wahl! Er musste es tun und er würde es tun, solange es dauerte, und wenn es ewig sein würde.
Er zügelte sein Pferd und warf einen Blick auf die Peststadt zurück. Drei Seelen waren diesmal der Tribut für den Drachen gewesen. Er hatte jetzt für zwei, vielleicht drei Wochen Ruhe, bevor der Durst wiederkäme und er trinken müsste. Bis dahin würde normale Nahrung ihn bei Kräften halten. Er brauchte nicht viel. Mit zwei Äpfeln und einem gebratenen Hähnchen konnte er einen ganzen Monat auskommen.
Die Stadt mit ihrem Gestank lag in Dunst der Flussniederung und starb. Noch viele Feuer würden
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