Pestmond (German Edition)
dauern.«
»Wie lange?«, fragte Ali.
Andrej, der fand, dass er schon zu viel gesagt hatte, hob nur die Schultern. »Auf jeden Fall zu lange.« Was die Wahrheit war. Es konnte Stunden dauern, genauso gut aber auch Tage.
»Dann … schneid sie … heraus«, keuchte Abu Dun. »Ich bin … immer noch in … der Lage, dir den … Schädel einzuschlagen. Das … bekommst du … zurück, Hexenmeister.«
Hasan lächelte flüchtig, aber sein Blick blieb ernst. »Könntest du sie entfernen?«
»Ja, aber …«
»Dann solltest du es tun«, sagte Hasan. »Dein Freund hat recht. Zu zweit verdoppeln sich eure Chancen.«
»Und du hast niemanden mehr, der deinen Auftrag ausführt, wenn wir scheitern.«
»Wenn ihr scheitert, dann gibt es keinen Auftrag mehr, den dein Freund ausführen könnte«, sagte Hasan ernst. »Und unbeschreibliches Leid wird über sehr viele Menschen kommen … und wenn du allein gehst und stirbst, dann hättest du dein Leben vollkommen sinnlos geopfert, wenn wir anschließend doch unterliegen sollten.«
»Und das … wirst … du«, stieß Abu Dun zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Immerhin war er wieder weit genug zu Kräften gekommen, um sich auf der Seite liegend in eine halb sitzende Position hochzustemmen. Sein Gesicht glänzte vor Schweiß, und Andrej musste sich nicht besonders konzentrieren, um zu hören, wie hart und mühsam sein Herz schlug. »Wann hättest du jemals … etwas allein … fertiggebracht?«
»Dafür reicht die Zeit nicht«, sagte Andrej.
»Und es wird auch … immer weniger Zeit, je länger du … dich weigerst, zuzugeben … dass du mich … brauchst«, keuchte Abu Dun.
Andrej zögerte. Es stimmte, was Hasan und auch Abu Dun sagten. Seine Chancen, es ganz allein mit der Besatzung eines kompletten Kriegsschiffes aufzunehmen, standen schlecht – optimistisch ausgedrückt.
»Du weißt, was du da verlangst?«, fragte er.
»Solange du weißt, was du tust«, antwortete Abu Dun und hustete erneut. Blutiger Schaum erschien auf seinen Lippen, und Andrejs schlechtes Gewissen meldete sich, als ihm klar wurde, dass er vielleicht härter zugeschlagen hatte, als nötig gewesen wäre.
»Ich wollte schon immer einmal an dir herumschneiden, ohne dass du dich wehren kannst.« Andrej seufzte. Er sah Hasan an. »Aber ich werde Hilfe brauchen. Und ich kann nicht versprechen, dass die Zeit reicht.«
»Kasim kann dir helfen«, sagte Ali. »Und ich auch.«
»Kasim wird reichen«, erwiderte Andrej rasch. Auch wenn er bezweifelte, dass der ehemalige Hufschmied der Richtige für diese Aufgabe war. Oder überhaupt irgendjemand an Bord.
»Dann soll es so sein«, sagte Hasan. »Du hast die Männer gut ausgebildet. Ali und ich werden versuchen, das Schiff auf Kurs Nordwest zu halten und euch vielleicht noch ein bisschen mehr Zeit zu verschaffen.«
»Gut«, krächzte Abu Dun, der sich endlich so weit erholt hatte, dass er stehen konnte – wenngleich schwankend, was nichts mit der Bewegung des Schiffes zu tun hatte.
»Und du bist wirklich bereit, das auf dich zu nehmen?«, fragte Andrej.
»Ist dein Messer scharf genug?«
Andrej streckte zur Antwort die Hand aus, als wollte er Abu Dun stützen. Der gab ein abfälliges Grunzen von sich und wankte aus eigener Kraft davon. Andrej folgte ihm, blieb aber nach zwei Schritten noch einmal stehen und wandte sich an Hasan. »Was immer auch passiert, ihr ruft mich, wenn sie in Sicht kommen.«
»Versprochen«, sagte Hasan.
Ali schloss sich ihnen an, als sie unter Deck gingen, hielt aber einen respektvollen Abstand zu Abu Dun ein und zeigte nur stumm auf eines der einfachen Lager, die Hasans Männer aufgeschlagen hatten, ohne sie bisher benutzt zu haben. Abu Dun zog ein finsteres Gesicht und rührte sich nicht, sondern gab sich alle Mühe, Ali ein Loch in den Rücken zu starren. Der Assassinen-Hauptmann war vorausgegangen und hinter dem Vorhang am Bug verschwunden. Andrej hörte Stimmen, verstand aber nicht, was gesagt wurde.
»Bist du bereit?«, fragte er.
»Nein«, antwortete Abu Dun. »Aber ich will dir nicht den Spaß verderben.« Er grinste schwach. »Es gäbe da noch eine andere Möglichkeit«, sagte er dann leise und auf Deutsch. »Wir könnten dieses Beiboot nehmen und einfach verschwinden.«
»Mit einem Ruderboot?«, vergewisserte sich Andrej. »Nach Malta oder Sizilien? Ich hätte doch nicht so hart zuschlagen dürfen.«
»Oder zurück nach Kreta«, sagte Abu Dun. »Ich sage nicht, dass es leicht wird, aber wir können es schaffen,
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