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Pestmond (German Edition)

Pestmond (German Edition)

Titel: Pestmond (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Geschützklappen auf der ihnen zugewandten Seite wegsprengte. Eine krachende Breitseite aus Flammen, Trümmern und Leibern leckte nach der Pestmond und kam ihr immerhin nahe genug, um jedermann an Deck die Hitze spüren zu lassen. Doch diese neuerliche Erschütterung war mehr, als selbst dieses gewaltige Schiff verkraften konnte. Flammen barsten aus seiner Flanke, dann löste sich das gesamte Heck in einer rot glühenden Wolke auf, und was dieser Raserei entging, das fiel der nachfolgenden Feuerwalze zum Opfer, die von achtern aus über das gesamte Deck raste und erst innehielt, als das ganze Schiff in einen Mantel aus wabernden roten Schwaden gehüllt war.
    »Das ist nicht normal«, murmelte Andrej.
    Hasan warf ihm einen raschen und ein wenig beunruhigten Blick zu, doch Abu Dun nickte heftig. »Ein Schiff voller toter Männer, die einfach nicht in ihren Gräbern liegen bleiben wollen? Nein, ganz normal kommt mir das auch nicht vor.«
    »Das Feuer«, sagte Andrej. »Dieses ganze Schiff muss ein einziges schwimmendes Pulverfass gewesen sein. Was hatten sie vor? Ganz allein einen neuen Kreuzzug zu beginnen?«
    »Oder zu beenden?«, sinnierte Abu Dun.
    Ali funkelte ihn an, doch Hasan kam seiner Antwort auch jetzt wieder zuvor.
    »Das war gute Arbeit«, lobte er. »Ich nehme alles zurück, was Ali gesagt und ich möglicherweise gedacht habe. Ich glaube, die Gefahr ist gebannt.«
    »Und nimmst du auch das zurück, was Ali gedacht hat?«, erkundigte sich Abu Dun misstrauisch.
    Hasan gestattete sich ein flüchtiges Lächeln. Dann wies er mit dem Kopf auf die brennende Caravelle. »Wir sollten dennoch bleiben, bis das Schiff zur Gänze verbrannt oder gesunken ist, am besten beides. Die Gefahr ist zu groß, dass einer der Kranken überlebt hat. Nicht auszudenken, wenn sich dieses Unheil in der Welt ausbreitet.«
    »Das müsste ein sehr böser Mensch sein, der eine solche Gefahr in Kauf nimmt, nur um seine Pläne zu verwirklichen«, pflichtete ihm Abu Dun bei.
    Auf Alis Gesicht erschien nun purer Hass, und seine Hand schloss sich so fest um den Schwertgriff, als wollte er ihn zerbrechen, doch Hasan wurde nicht zornig, sondern machte ein trauriges Gesicht.
    »Ich kann dich verstehen, mein Freund«, sagte er leise. »Und wenn das alles vorbei ist und wir getan haben, was getan werden muss, dann werde ich Andrej und dir Rede und Antwort stehen und euch alles sagen. Und wenn du mich danach zur Verantwortung ziehen willst, dann werde ich auch das klaglos akzeptieren. Doch bis dahin muss ich dich einfach bitten, mir zu vertrauen.«
    »Bitten«, wiederholte Abu Dun in nachdenklichem Ton. Er kratzte sich mit der gesunden Hand am Kinn. Es klang, als würde ein rostiger Nagel über Holz fahren. »Auf deine übliche Art? Ich meine, eine von diesen Bitten, die man nicht abschlagen kann, weil es sich schlecht auf die eigene Lebenserwartung auswirkt?«
    »Ich habe deinen Spott verdient«, sagte Hasan milde. »Aber es geht um mehr, als du dir vorstellen kannst.«
    »Ich habe eine blühende Fantasie«, sagte Abu Dun.
    »Das übersteigt auch deine Vorstellungskraft«, behauptete Hasan. »Glaub mir einfach!«
    »Und wenn nicht?«, fragte Abu Dun.
    »Dann spielt es auch keine Rolle«, sagte Ali, zu Hasans Missfallen, wie ihm anzusehen war. Doch der Alte vom Berge runzelte nur die Stirn und wandte sich dann demonstrativ wieder dem brennenden Schiff zu. Ali fuhr an Andrej gewandt, aber in nur noch schärferem Ton fort: »Nimm deinen großen Freund und geh mit ihm unter Deck! Wir haben noch eine anstrengende Reise vor uns, und wenn wir in Rom sind, dann werdet ihr jedes bisschen Kraft brauchen.«
    »Für dich?« Abu Dun grinste, doch Andrej ergriff ihn rasch an der Schulter und schob ihn unsanft zur Tür.
    Kaum waren sie jedoch allein, da riss Abu Dun sich heftig los und fuhr drohend zu ihm herum. »Nur damit ich in Zukunft keine unnötig dummen Fragen stelle und wertvolle Zeit damit vertrödele«, sagte er. »Wann genau hast du die Seiten gewechselt, Andrej?«
    Er sagte Andrej, nicht Hexenmeister, und das war es, was Andrej vielleicht am meisten alarmierte. »Wovon sprichst du, Pirat. Wann hätte ich jemals auf irgendeiner Seite gestanden?«
    »Dann und wann dachte ich wenigstens, du wärst zumindest nicht gegen mich.«
    »Das bin ich nicht«, erwiderte Andrej. »Du bist zornig. Seit wann bricht es dir das Herz, deine Feinde zu töten? Wie viele Männer sind auf diesem Schiff gestorben – nebenbei gesagt Männer, die es auch auf unsere Leben

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