Pestmond (German Edition)
sich dann auf die Unterlippe und schwieg noch einen weiteren bedeutsamen Moment, bis er schließlich den Blick senkte. »Don Corleanis bringt schlechte Nachrichten aus Rom. Sehr traurige Nachrichten.«
»Aha!« Andrej blickte Corleanis an, und es war auch die Schwabbelbacke, die weitersprach, nicht mehr Hasan.
»Die ganze Stadt ist in tiefer Trauer, Andrej. Ganz Italien und wohl auch der Rest der Welt, sobald sich die Neuigkeit herumgesprochen hat. Was nicht lange dauern wird, fürchte ich. Man sagt ja, dass sich Neuigkeiten umso schneller verbreiten, je schlechter sie sind. Und diese ist wirklich schlecht.«
Andrej musste sich beherrschen, um nun nicht wirklich laut zu werden. »Was für schlechte Nachrichten?« Don Corleanis gehörte ganz offensichtlich zu den Männern, die es nicht nur liebten, sich selbst reden zu hören, sondern jedes einzelne Wort zelebrierten, als würden sie aus einem uralten heiligen Text rezitieren. Und natürlich auch entsprechende Aufmerksamkeit erwarteten.
Hasan nickte fast unmerklich, und Corleanis fuhr mit seiner Reibeisen-Stimme (und nachdem er sich eine weitere Dattel genommen hatte) fort: »Der Heilige Vater, Papst Clemens. Gott der Herr hat in seiner unendlichen Weisheit beschlossen, ihn zu sich zu rufen.«
Es dauerte eine geschlagene Sekunde, bis Andrej verstand. »Der Papst ist …?«
»Gestorben«, bestätigte Corleanis, als er nicht weitersprach. »Überraschend und nach nur kurzer Krankheit. Diese schlimme Nachricht hat uns gestern ereilt und unser aller Herzen mit Trauer erfüllt. Ich habe bereits eine Kerze für ihn entzündet, doch ich werde …«
»Papst Clemens ist tot?«, unterbrach ihn Andrej. »Seit wann?«
Wenn dem Schmuggler überhaupt auffiel, wie fassungslos er Hasan anstarrte, dann konnte er auf keinen Fall wissen, warum. »Vor bald einer Woche«, sagte er. »Er war ein sehr beliebter Pontifex, und es ist besonders tragisch, dass er nur zwei Jahre auf dem Heiligen Stuhl sitzen durfte. Sein Nachfolger wird es nicht leicht haben, in Schuhe von solcher Größe zu schlüpfen und nicht zu stolpern.«
»Und was … was bedeutet das nun für uns?«, wandte sich Andrej nunmehr ganz offen an Hasan, während sich seine Gedanken überschlugen. Wenn der Papst tot war, dann war auch die Grundlage ihrer Abmachung mit Hasan gestorben.
»Nichts Gutes, fürchte ich«, erwiderte der Alte vom Berge. »Wir werden wohl noch vorsichtiger sein müssen. Und wir werden Hilfe brauchen.«
Andrej starrte ihn fassungslos an. »Aber wenn der Papst tot ist …«
»Ändert das einiges, aber grundsätzlich nicht das, was uns verbindet«, unterbrach ihn Hasan. »Ganz im Gegenteil, die Zeit drängt. Wir werden nach Rom fahren – und dort tun, was getan werden muss.«
»Aber …«
Hasan schnitt ihm mit einer energischen Handbewegung das Wort ab. »Ich benötige eure Dienste nach wie vor, und – falls das deine Sorge sein sollte – für dich und Abu Dun soll so gesorgt werden, wie wir das besprochen haben.« Seine Stimme wurde um eine kaum wahrnehmbare Spur schärfer. »Es sei denn, du selbst stellst unseren Handel infrage. Dann allerdings wäre jetzt der richtige Zeitpunkt, um das klarzustellen – und uns zu verlassen!«
Und Abu Dun sterben zu lassen? Ausgeschlossen!
Andrej schüttelte den Kopf. »Nein. Wir werden dich nicht verlassen. Allerdings …«
Hasan lächelte leicht, aber seine Augen glitzerten ungewohnt hart und kalt, und Andrej begriff: Jetzt war weder der rechte Ort noch der rechte Zeitpunkt, um in die Details zu gehen.
»Allerdings gibt es noch das eine oder andere zu besprechen«, sagte Hasan. »Aber das hat Zeit, bis wir in Rom sind. Und wie gesagt: Um unser Reiseziel so schnell wie möglich zu erreichen, brauchen wir Hilfe.«
Andrej maß den Don mit einem schrägen Seitenblick. »Von ihm?«
Corleanis machte ein übertrieben beleidigtes Gesicht und griff rasch zu, um sich auch die letzte Dattel zu sichern, während Hasan ihn mit einem mild strafenden Blick bedachte, bevor er sich in entschuldigendem Tonfall an den Sizilianer wandte.
»Bitte verzeiht meinem Freund, Don. Ich habe ihn und seinen großen Begleiter angeheuert, um auf meine Sicherheit zu achten und die meiner Tochter. Es ist seine Aufgabe, misstrauisch zu sein.«
»Die Sicherheit unserer Kinder ist unser höchstes Gut«, bestätigte Corleanis und bedachte Andrej mit Blicken, die etwas ganz anderes ausdrückten. Wenn Andrej überhaupt eine Spur von Vertrauen zu diesem Mann gehabt hatte, dann war es
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