Pestmond (German Edition)
untergeschlagenen Beinen stand eine Schale mit getrockneten Datteln, aus der er sich mit kurzen Wurstfingern bediente, während er Andrej ebenso wortlos ansah, wie es Hasan und die junge Frau taten.
»Du wolltest mich sprechen«, sagte Andrej.
Hasan antwortete mit einem bemühten Lächeln. »Andrej«, nickte er und bedeutete ihm, Platz zu nehmen. »Andrej Delãny«, wiederholte er mit einer entsprechenden Geste, deutete dann auf die Schwabbelbacke und sagte: »Das ist Don Corleanis, ein guter Freund aus vergangenen Tagen.«
Bedeutete das, dass er es heute nicht mehr war? Andrej deutete ein Nicken an, das so knapp ausfiel, wie es gerade noch ging, ohne demonstrativ unfreundlich zu wirken. Er ließ den Einheimischen nicht aus den Augen, so wenig wie dieser umgekehrt ihn. Andrej bezweifelte, dass dieser Mann Freunde hatte.
»Der Don hat sich freundlicherweise nicht nur bereit erklärt, die schlimmsten Schäden an unserem Gewürzschiff instand setzen zu lassen, sondern will auch einige Männer abstellen, die uns sicher durch die Straße von Messina geleiten werden.«
Gewürzschiff, aha! Auch wenn sie tatsächlich Gewürze geladen hatten, erschien Andrej diese Bezeichnung doch als ziemlich übertrieben. Die Verabredung zwischen Hasan und dem Don dagegen begrüßte er umso mehr. Was Abu Dun vorhin über die nautischen Fähigkeiten der Assassinen gesagt hatte, war zwar definitiv übertrieben gewesen, kam der Wahrheit zugleich aber auch näher, als ihm lieb war. Die Männer waren gut, außergewöhnlich lernfähig und wussten zuzupacken, aber niemand konnte aus Landratten binnen weniger Tage eine erfahrene Mannschaft schmieden. Im Nachhinein kam es ihm schon fast erstaunlich vor, dass sie es überhaupt bis hierhin geschafft hatten. Dennoch wandte er sich mit einem Stirnrunzeln an Hasan. »Aber ich dachte …?«
»Dass wir sehr in Eile sind«, fiel ihm Hasan mit einem traurigen Nicken ins Wort. »Das ist wahr. Aber Don Corleanis hat mich davon überzeugt, dass die Reparaturen notwendig sind, wenn wir unser Ziel erreichen wollen.«
»Gott muss nicht nur eine, sondern gleich beide schützende Hände über euch gehalten haben«, pflichtete ihm der Glatzkopf bei, und Andrej musste sich beherrschen, um ihn nicht überrascht anzustarren. Corleanis’ Stimme klang, als hätte er versucht, Messerklingen zu schlucken, wäre aber kläglich daran gescheitert, und als wäre das noch nicht genug, sprach er in einem sonderbar affektiert wirkenden Singsang, der bei jedem anderen einfach nur komisch geklungen hätte. »Ihr wärt keine fünfzig Meilen mehr gekommen, selbst wenn kein Sturm gedroht hätte.«
»Selbst wenn?«, fragte Andrej nach. Der Himmel über der Bucht war wolkenlos, und das Meer so glatt wie ein venezianischer Spiegel.
»Ein Sturm zieht auf«, behauptete Corleanis, fischte eine weitere Dattel aus der Schale und fuhr schmatzend fort: »Ein übler Sturm, noch bevor die Sonne untergeht. Hier im Hafen seid ihr sicher, aber draußen auf dem Meer wird euer Schiff in Stücke gerissen, noch bevor ihr drei Ave Maria beten könntet, mein Wort darauf.« Er nahm eine weitere Dattel und sprach jetzt mit vollem Mund und schmatzend weiter, sodass Andrej noch mehr Mühe hatte, ihn zu verstehen. »Vor morgen früh könnt ihr nicht weiter. Nicht einmal, wenn euer Schiff in einem besseren Zustand wäre.«
Andrej reagierte darauf nur mit einem weiteren überraschten Blick – auch wenn sein Erstaunen mindestens ebenso sehr dem Umstand galt, wie klaglos Hasan diese Neuigkeit hinnahm, die seine Pläne doch so gründlich durcheinanderbrachte. Hatte er bisher nicht unentwegt behauptet, dass nichts wichtiger wäre, als spätestens beim nächsten Vollmond in Rom anzukommen?
»So schwer beschädigt kam mir das Schiff gar nicht vor«, meinte er vorsichtig.
Don Corleanis nahm eine weitere Dattel, und seine Augen wurden noch schmaler. »Du kennst dich mit Schiffen aus?«, fragte er. Wenigstens nahm Andrej an, dass er das sagte.
»Sie schwimmen auf dem Wasser«, antwortete Andrej mit einem leicht schiefen Lächeln. »Meistens.«
»Ja, das fasst es im Großen und Ganzen zusammen«, bestätigte Corleanis. »Auch wenn doch noch ein wenig mehr dazugehört.«
Er maß Andrej mit einem langen, abschätzenden Blick und deutete dann mit dem Kinn auf den Griff des kostbaren Saif, der aus seinem Gürtel ragte. »Hasan hat mir erzählt, dass du ein hervorragender Schwertkämpfer bist. Ist das wahr?«
»So sagt man.«
»Nun, auch ich habe schon einmal
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