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Pestmond (German Edition)

Pestmond (German Edition)

Titel: Pestmond (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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bestätigte Andrej. »Und uns bleibt nicht mehr viel Zeit. Also entscheide dich! Wollen wir noch mehr Zeit damit vertrödeln, uns sinnlos zu streiten, oder beeilen wir uns?«
    Abu Dun überlegte tatsächlich noch einen letzten, schier endlosen Augenblick. Doch dann nickte er. »Beeilen wir uns.«

Kapitel 29
    S ie kamen trotzdem zu spät. Der Fußmarsch nach Corleanis hätte allerhöchstens eine Viertelstunde in Anspruch genommen, auch wenn sie sich vorsichtig bewegten, um nicht rein zufällig schon vor der Zeit entdeckt zu werden, doch Andrej hatte darauf bestanden, noch einmal zur Klippe zurückzugehen, von der Corleanis’ Männer sie gestoßen hatten. Nicht mit einem klaren Plan, sondern der vagen Hoffnung, dass ihm schon etwas einfallen würde, um ungesehen an Bord der Caravelle zu kommen und Ayla zu befreien.
    Wie sich zeigte, musste er sich nichts einfallen lassen, denn das Schiff war nicht mehr da.
    Und das war nicht die einzige unangenehme Überraschung.
    Abu Dun hatte darauf gedrängt, dass Vater Lucio in sein Dorf zurückkehren sollte, nachdem er sie so weit geführt hatte, wie es möglich war, ohne entdeckt zu werden. Doch der Geistliche hatte ihn nur verächtlich angesehen, irgendetwas Unverständliches gemurmelt und war dann im Sturmschritt vorausmarschiert, offensichtlich entschlossen, ihnen (oder wohl eher sich selbst) sein unbedingtes Gottvertrauen zu demonstrieren, auch wenn das am Ende nichts anderes bedeutete, als einen vollkommen sinnlosen Märtyrertod zu sterben.
    Aber niemand hatte sein Leben gelassen. Niemand hatte sie auch nur gesehen, obwohl sie das letzte Stück so schutz-und deckungslos zurücklegen mussten, wie Lucio es ihnen prophezeit hatte. Auf dem allerletzten Stück war Lucio schließlich vorausgeeilt und hatte sie angewiesen, hinter dem größeren der beiden Lagerschuppen auf ihn zu warten, während er die Lage erkundete.
    Nicht, dass es viel zu erkunden gegeben hätte.
    »Auch wenn du mich jetzt wieder übelst beschimpfst, Hexenmeister«, knurrte Abu Dun neben ihm, »aber du hättest auf mich hören sollen. Ich habe dir gesagt, lass uns dieses ganze Schiff mit Mann und Maus versenken, aber du wusstest es ja wieder besser.«
    Andrej hütete sich, dieses Thema zu vertiefen. Die Soldaten hatten ihre Pläne nach ihrer spektakulären Flucht offensichtlich geändert und darauf verzichtet, auf den Sonnenuntergang zu warten, um mit der auflandigen Flut in den Hafen einzulaufen. Stattdessen entdeckte er mindestens ein halbes Dutzend schlanker Ruderboote, die am Pier vertäut waren oder zwischen den angeblichen Fischerbooten dümpelten. Die Männer, die mit diesen Booten gekommen waren, trugen venezianische Uniformen und hatten sich überall in dem winzigen Dorf postiert – einige hatten sogar die Pestmond geentert und waren offensichtlich dabei, das Schiff zu durchsuchen. Mindestens die Hälfte von ihnen bildete jedoch einen zum Meer hin offenen Dreiviertelkreis mit nach innen gerichteten Musketen, mit denen sie auf eine viel kleinere Gruppe ausnahmslos schwarz gekleideter Gestalten zielten. Der Wind trug den scharfen Geruch von Schießpulver und das inhaltslose Murmeln zahlreicher Stimmen zu ihnen, und auch das eine oder andere schmerzerfüllte Stöhnen war darunter, aber der eigentliche Kampf war vorüber. Von seiner Position hinter einem der großen Lagerschuppen konnte Andrej eine Anzahl regloser Körper am Boden ausmachen, die bewiesen, dass sich Alis Männer nicht kampflos ergeben hatten – und ihrem Ruf gerecht geworden waren, denn nicht einer der Toten trug Schwarz.
    »Was geht da vor?«, murmelte Lucio hinter ihm. »Sind das eure Freunde?«
    Andrej bedeutete ihm, still zu sein, obwohl er bezweifelte, dass irgendjemand auf sie geachtet hätte, selbst wenn ihre Anwesenheit bemerkt worden wäre. Er konnte die Anspannung, die von den Soldaten Besitz ergriffen hatte, fast mit Händen greifen. Die Venezianer waren den Assassinen um fast das Fünffache überlegen und noch dazu mit Schusswaffen ausgerüstet, aber er hatte die Krieger des Alten vom Berge im Kampf erlebt und wusste, wozu sie fähig waren. Wenn der Kampf auch nur annähernd so heftig gewesen war, wie er vermutete, dann genügte möglicherweise der geringste Anlass, um sie das Feuer eröffnen zu lassen. Wenn es etwas Gefährlicheres gab als nervöse Männer mit Schusswaffen, dann waren es verängstigte nervöse Männer mit Schusswaffen.
    Allerdings war es ihm unbegreiflich, warum sich die Assassinen ergeben hatten. Bisher

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