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Pestmond (German Edition)

Pestmond (German Edition)

Titel: Pestmond (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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sie tragen eine Uniform und nennen sich General oder eine Krone und nennen sich König«, sagte er.
    Andrej funkelte den kleineren Mann so zornig an, dass jeder andere wohl vor diesem Blick zurückgewichen wäre, doch Hasan lächelte nur. »Das war kein Vorwurf, der mir im Übrigen auch gar nicht zustünde. Aber manchmal lohnt es sich, die Dinge aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten.«
    »Aus welchen Blickwinkeln wird denn aus einem Mord etwas weniger Schlimmes?«, fragte Andrej.
    »Aus keinem«, gestand Hasan. »Aber es gibt Menschen, die den Tod verdient haben. Und manche, deren Tod das Leben unzähliger anderer rettet.«
    Wie der eines gewissen Hasan as Sabah zum Beispiel , dachte Andrej zornig, der das Oberhaupt einer Sekte von Meuchelmördern und Attentätern gewesen war, die einen ganzen Kontinent in Angst und Schrecken versetzt hatte. Egal, ob sich Hamed wirklich für einen Nachfahren des berüchtigten Alten vom Berge hielt oder es tatsächlich war, dieser Mann war wahnsinnig, auf eine Art, der er nur zu oft begegnet war.
    »Ich töte niemanden, der mich nicht angreift«, sagte er.
    »Außer er hat es verdient«, lächelte Hasan. »Und wer den Tod verdient hat, das entscheidest du, nehme ich an.«
    »Du kennst meine Antwort«, beharrte Andrej. »Und wenn du wirklich so viel über Abu Dun und mich gewusst hättest, wie du behauptest, dann hättest du diese Frage gar nicht gestellt.«
    »Bevor du weißt, wessen Tod ich überhaupt wünsche?«
    »Ja«, antwortete Andrej überzeugt. »Und da du es mir ohnehin sagen willst: Wer ist es?«
    »Warum hörst du dir nicht erst einmal an, was ich zu bieten habe?«
    So schwer war das nicht zu erraten. »Mein Leben?«
    »Nein«, antwortete Hasan. »Nicht deines.«
    Er hob die Hand, und Ali trat neben ihn, um ihm einen zerschrammten Bronzebecher zu reichen, dem man ansah, dass er einmal bessere Zeiten erlebt hatte, aber auch, wie lange sie schon zurücklagen. Aus einer kleinen, in Leder gebundenen Flasche, die er aus dem Mantel zog, träufelte er einige wenige Tropfen hinein, maß Andrej noch einmal mit einem bedeutsamen Blick und beugte sich dann über den toten Nubier, um seine Lippen zu benetzen.
    »Was tust du …?«, begann Andrej alarmiert und riss dann ungläubig die Augen auf.
    Abu Duns Augenlider begannen zu flattern, und seine Brust hob sich zu einem einzelnen, keuchenden Atemzug.
    »Aber …«, stammelte Andrej, und eine wilde Hoffnung erfasste ihn. Doch Abu Duns Lider hoben sich nicht, und dem ersten qualvollen Atemzug folgte kein zweiter.
    In Hasans Augen leuchtete fast so etwas wie Triumph, als er sich wieder aufrichtete und ihn ansah. »Wie gesagt: Wir beobachten euch und die anderen eurer Art schon seit sehr langer Zeit. Vielleicht gibt es ja Dinge, die nicht einmal ihr selbst über euch wisst.«
    »Was hast du getan?« Andrej war wie vor den Kopf geschlagen und außerstande, auch nur einen einzigen klaren Gedanken zu fassen. Hasan trieb ein grausames Spiel mit ihm.
    Statt zu antworten, lächelte Hasan nur dünn und wiederholte seine grausige Vorführung, wobei er dieses Mal noch weniger von der Flüssigkeit aus der in Leder gebundenen Flasche tröpfeln ließ. Abu Duns Lippen entrang sich ein weiterer qualvoller Atemzug, und etwas, das in Andrejs Ohren wie ein flehendes Wimmern klang. Sein Blick saugte sich an der Flasche in Hasans Hand fest, als der Alte sich wieder aufrichtete.
    »Ja, ich weiß, was du jetzt denkst«, sagte Hasan. »Aber ich wäre dumm, wenn ich es nicht vorher schon gewusst hätte, nicht wahr?«
    Ehrfürchtig reichte er Andrej das Fläschchen, der es mit spitzen Fingern entgegennahm und feststellte, wie unerwartet leicht es war. Obwohl es kaum noch nötig gewesen wäre, schüttelte er es behutsam. Es war leer. Natürlich.
    »Ich habe mehr davon«, sagte Hasan. »Aber nicht einmal ich weiß, wo es aufbewahrt wird. Ich weiß, wer du bist, Andrej, und ich weiß, was du bist. Auch wenn der gute Ali es wahrscheinlich nicht gerne hört, so nehme ich doch an, dass du ihn und alle seine Krieger töten und mich überwältigen könntest, wenn du es wirklich wolltest. Aber das würde dir nichts nutzen. Ich habe Befehle erteilt, die eindeutig waren. Du könntest mich töten, und wahrscheinlich könntest du sogar lebend entkommen. Aber dein Freund wäre immer noch tot. «
    »Du behauptest, dass …« Andrej starrte das Fläschchen an, dann den zerschrammten Becher in Hasans Hand und schließlich wieder Abu Dun. »… das könnte ihn von den

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