Peter Hogart 1 - Schwarze Dame
Verbindung gebracht zu werden.
Hogart räusperte sich. »Weder Dr. Zajic wird in die Welt posaunen, dass er Sie engagiert hat, damit Sie sich in eine laufende Ermittlung mischen, noch Novacek, da er Ihnen die Unterlagen des Falls unter der Hand zukommen ließ. Nicht einmal Greco hat seinem Sohn etwas davon erzählt, als er ihn die Liste mit den Anagrammen erstellen ließ. Tatsache ist doch: Dass Sie an dem Fall arbeiten, wissen nur eine Handvoll Menschen - und einer davon ist unser Serienmörder.«
Ivona starrte ihn an. »Das ist absurd! Denn es würde bedeuten, dass der Mörder Kontakt zu Greco, Zajic oder Novacek hat.« Ein nachdenklicher Ausdruck trat in ihr Gesicht. Plötzlich verspannten sich ihre Schultern. Sie sah Hogart an. »Greco und Novacek haben Sie bereits kennengelernt. Was halten Sie davon, wenn wir Dr. Zajic einen Besuch abstatten?«
»Genau das wollte ich eben vorschlagen! Wir sollten uns ohnehin auf das erste Opfer konzentrieren.«
Hogart verlangte beim Kellner nach der Rechnung. Bevor dieser den Tisch erreichte, beugte sich Hogart zu Ivona. »Dr. Zajic arbeitet doch in der deutschen Botschaft«, murmelte er. »Möglicherweise ist das die Erklärung, weshalb die Killer Abkürzungen für deutsche Begriffe verwenden.«
KAPITEL 10
Als Hogart und Markovic das Gebäude der deutschen Botschaft im Stadtteil Mala Strana erreichten, hüllte es sich zur Hälfte in Nebel. Das kleine Schloss stand inmitten einer Gartenanlage aus Heckenrosen, umgrenzt von Mauersockeln und einem schmiedeeisernen Zaun. Mit seinem Turm, den hohen Fenstern und der verzierten Fassade passte es wie ein perfekter Pinselstrich in das Gemälde von der Prager Innenstadt.
Den Informationstafeln am Empfang nach zu urteilen, beschäftigte sich das Sozialreferat im zweiten Stock mit arbeitsrechtlichen Belangen sowie gesundheits- und familienpolitischen Fragen. Für Hogart sagten diese Floskeln nichts aus. Zum Glück kam er mit keinem diesbezüglichen Anliegen in die Botschaft. In solchen Bürokratiedschungeln verlor er nur zu leicht die Nerven. Für ihn zählte einzig und allein, dass sie den Leiter des Sozialreferats fanden, einen der wenigen tschechischen Angestellten der Botschaft. Da die Sprechzeit der Visa- und Konsularabteilung von 9.00 bis 12.00 Uhr bereits verstrichen war, suchte Ivona im Sekretariat des benachbarten Referats um einen privaten Termin bei Dr. Jaroslav Zajic an. Kurz darauf richtete man ihnen aus, dass sie der Sozialreferent in wenigen Stunden bei sich zu Hause empfangen würde.
Die Häuserschlucht wurde von tief hängenden Wolken verdunkelt. Nur wenige Leute waren unterwegs, über deren Köpfen einige gurrende Tauben flatterten. Die Familie Zajic wohnte in der Fußgängerzone, die an den Altstädter Ring grenzte. In der Gasse reihte sich ein graues Gebäude an das nächste, meist vierstöckige Altbauten mit geschwungenen Torbögen, Fassadenstuckaturen und wuchtigen Balustraden. An der Adresse, die sie suchten, befanden sich die Praxis- und Kanzleischilder einer Ärztin, eines Rechtsanwaltes und zweier Unternehmensberater. Dr. Zajic gehörten die beiden unteren Stockwerke, wie Ivona erzählte. Er hatte vor Jahren einige Zwischenwände entfernen und eine Wendeltreppe einbauen lassen, sodass er nun über zweihundert Quadratmeter Wohnraum verfügte.
Noch während der dumpfe Gong der Türglocke langsam ausklang, öffnete ihnen die Haushälterin. Sie wurden in die Empfangshalle geführt, einen runden Raum mit einer Kuppel, die bis in die zweite Etage reichte. Die großen quadratischen Bodenfliesen ließen ihre Schritte durch die gesamte Wohnung hallen. Hier lebte es sich feudal - zu feudal für Hogarts Geschmack. Jede Wette, dass die Botschaft den Umbau finanziert hatte. Dennoch hätte er um keinen Preis mit Zajic tauschen wollen. Der bittere Kalkgeruch erinnerte ihn an die alten Wiener Kliniken, die er von den Besuchen am Sterbebett seines Vaters kannte. Dadurch wirkte das Haus auf ihn so freundlich wie eine Leichenkammer.
Am Fuße der marmornen Wendeltreppe thronte auf schwerem Sockel eine wuchtige Golemstatue. Sie hatte die Gestalt eines riesenhaften missgestalteten Menschen. Wie konnte man sich nur eine derart grässliche Skulptur ins Haus stellen? Kindern würde dieser Anblick gewiss Albträume bescheren; wahrscheinlich würden sie immer nur mit geschlossenen Augen daran vorbeirennen.
»Überall in dieser Stadt ist dieser hässliche Kerl präsent«, flüsterte Hogart.
»Der jüdische Schutzpatron.
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