Peter Voss der Millionendieb
den Verlust, mußte sein Verdacht sofort auf den Hausdiener fallen.
Unter dieser Bedingung hätte Peter Voss sofort das Weite suchen müssen. Aber das wollte er schon um Pollys willen nicht. Die 4000 Dollar liefen ihm nicht fort. Rasch legte er die Brieftasche an den Ort zurück, wo er sie gefunden hatte, da klirrte etwas. Ein Paar feine, elegante Handschellen. Er zog sie heraus.
›Muß beschlagnahmt werden!‹ dachte er und ließ sie in seine Hosentasche gleiten.
Dann verschloss er die Aktentasche und verteilte die einzelnen Gepäckstücke in die Zimmer.
Die Tasche nahm er wieder mit ins Vestibül hinunter und stellte sie neben die beiden Koffer.
Jetzt hieß es auf der Hut sein, um Dodd nicht gradewegs in die Arme zu laufen.
Der saß unterdessen mit dem Kriminalbeamten im Salon des Hoteldirektors und weihte ihn in seine Mission ein.
»Ich werde natürlich mit der größten Vorsicht zu Werke gehen«, beruhigte er ihn, »ich bitte aber um Ihr Entgegenkommen. Es kann Ihnen doch nicht angenehm sein, einen derartigen Verbrecher zu beherbergen.«
»Weshalb nicht?« gab der Generaldirektor lächelnd zurück. »Ich unterscheide nur zwischen zahlungsfähigen und zahlungsunfähigen Gästen.«
»Die Dame hat Zimmer 217. Ich muß eins von den anliegenden Zimmern haben«, fuhr Dodd fort. »Vorausgesetzt, daß eine Tür dazwischen ist.«
»Gewiss. Zwischen den meisten unserer Zimmer sind Doppeltüren«, erwiderte der Direktor und blätterte in der Tagesliste. »Aber beide anliegenden Zimmer sind besetzt.«
»Dann muß ein Gast umquartiert werden«, sprach Dodd energisch. »Geben Sie ihm ein besseres Zimmer.«
»Wenn er darauf eingeht und Sie die Differenz bezahlen.«
Dodd erklärte sich einverstanden. Der Direktor telefonierte einmal nach Zimmer 218, dann nach Zimmer 216, dann mit der Zentrale, und die Sache war für ihn erledigt. Der Gast aus 216 war damit einverstanden, nach Zimmer 141 überzusiedeln.
»216!« sagte der Portier und schrieb mit Kreide die Nummer an die beiden Koffer und an die Handtasche. Xaver Tielemann trug die Gepäckstücke in den Fahrstuhl.
Zwei Minuten später schleppte er sie in das Zimmer 216, wo der ausquartierte Gast eben mit Packen beschäftigt war. Peter Voss benachrichtigte seinen Kollegen vom unteren Korridor, die Sachen zu holen.
Dodd ließ sich vorerst nicht sehen. Er war so diskret, seinen Vorgänger erst ausziehen zu lassen.
›Am besten, ich kneife sofort aus!‹ dachte Peter Voss und pochte an die Tür des Nebenzimmers, um von Polly Abschied zu nehmen.
Doch sie war nicht da. Er bekam sie auch in den folgenden Stunden nicht zu Gesicht, wie sehr er sich auch nach ihr umsah. Sie war offenbar ausgegangen.
Um sechs Uhr wurde er abgelöst und zog sich in seine Schlafkammer zurück. Er holte die Fessel ans Licht und studierte ihren Mechanismus. Die Handschellen standen offen. Beim geringsten Druck schnappte ein Haken ein, der sich automatisch sicherte. Peter Voss durchzuckte ein guter Gedanke. Er suchte sich eine Feile und begann diese Haken zu verbessern. Es war ein mühseliges Stück Arbeit. Aber seine Ausdauer wurde belohnt. Er probierte mehrmals. Der Haken schnappte wohl ein, aber er öffnete sich von selbst wieder, wenn man kräftig an der Kette riß. Er legte sich die schmalen Stahlstreifen an die Handgelenke, ließ sie einschnappen und riß daran, und sofort fielen sie ab. Nun blieb nur übrig, die verbesserte Fessel wieder in Dodds Handtasche zurück zu praktizieren. Doch das hatte seine Schwierigkeiten.
Dodd schickte sich inzwischen an, mit Zimmer 217 in kriminalistische Verbindung zu treten. Zu diesem Zwecke entnahm er seinem Koffer ein winziges Mikrofon, das in einem normalen Schlüssel untergebracht war. Es nahm jedes Geräusch auf und übertrug es auf einen Draht, von dem Dodd dann alles abhören konnte. Zwei kleine Batterien lieferten den Strom.
Dieses Schlüsselmikrophon steckte Dodd in das Schlüsselloch der Verbindungstür. Dann horchte er gespannt. Deutlich hörte er das Ticken eines Reiseweckers. Und er nickte befriedigt. Nun brauchte er nur noch die Kopfhörer bereitzulegen, um notfalls ein Gespräch im Nebenzimmer bequem vom Sessel aus sofort mitzuhören.
Gegen acht Uhr kehrte Polly heim und wartete auf Peter.
Doch der saß jetzt im Dienstzimmer und beobachtete den großen Schaltkasten an der Wand, der bald diese, bald jene Nummer zeigte.
Es war ihm im Übrigen etwas mulmig zumute. Am einfachsten war es, zu verschwinden, ohne erst von Polly Abschied zu
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