Peter Voss der Millionendieb
holte er Schuhe, Anzug und Mantel herein, fühlte nach der Handschelle und begann sich anzukleiden. In die rechte Tasche steckte er seinen Revolver. Sogar den Hut setzte er auf. Dann stülpte er sich den Kopfhörer auf. Denn das Gespräch der beiden mußte er auf jeden Fall belauschen. Sobald der Verbrecher wieder aus dem Zimmer trat, wollte er ihn festnehmen. Diesmal sollte er ihm nicht entschlüpfen!
Und er lauschte mit angespannter Aufmerksamkeit.
Kurz vor fünf Uhr erhob sich Polly und machte sehr schnell Toilette. Sie hüllte sich in ihren Morgenrock und schob den Riegel zurück.
Noch eine Viertelstunde verging. Da huschten leise Schritte über den Läufer, und die Tür nebenan wurde geöffnet und sofort wieder geschlossen.
Wieder hörte Dodd einen langen, innigen Kuss, der ihm naturgemäß großes Unbehagen verursachte.
»Du willst wirklich fort?« flüsterte Polly.
»Es bleibt dabei!« erwiderte Peter Voss ebenso leise wie fest entschlossen. »Ich gehe nach Italien. Und du musst sehen, wie du Dodd abschütteln kannst. Eher können wir uns nicht treffen.«
»Aber wie soll ich das machen?« seufzte sie an seinem Halse.
»Du musst eben selbst dein Köpfchen anstrengen«, erwiderte er. »Fahr nach Rothenburg zurück. Ich telegrafiere frühestens von Venedig.«
›Du wirst nicht nach Venedig kommen‹, dachte Dodd und schlich auf den Korridor hinaus.
Noch fünf Minuten stand er, dann steckte Peter Voss seinen Kopf heraus, um zu sehen, ob die Luft rein sei.
Mit einem fabelhaft schnellen Griff hatte ihn Dodd am Kragen und drehte ihm die Luft ab.
Peter Voss schlug mit Armen und Beinen um sich und hatte plötzlich die Fessel an den Handgelenken. Das brachte ihn sofort zur Besinnung. Keuchend lehnte er in der offenen Doppeltür. Polly sank in Ohnmacht.
»Hinein!« schnaubte Dodd und stieß den endlich erwischten Verbrecher ins Zimmer. »Da in die Ecke!«
Immer mit der rechten Hand auf ihn zielend, hob Dodd jetzt die zusammengesunkene Polly vom Boden auf und legte sie auf den Diwan, über den ganz lose eine dicke, weiche Decke gebreitet war.
Polly kam zu sich und schrie auf.
»Mrs. Voss!« sprach Dodd zu ihr, ohne die Waffe auch nur einen Millimeter aus der Zielrichtung zu lassen. »Beruhigen Sie sich. Sie sehen, ich erfülle nur den Vertrag, den wir in New York geschlossen haben. Der Verbrecher ist ohne die Mitwirkung der Polizei in meiner Gewalt.«
»Er ist ja gar kein Verbrecher!« rief sie und wankte auf Peter Voss zu. »Er hat die Millionen ja gar nicht gestohlen. Es ist ja alles nur fingiert!«
Aber Dodd vertrat ihr den Weg. Eins war ihm nun klar, Polly war keine Verbrecherin, sie war von diesem verabscheuungswürdigen Menschen nur getäuscht worden.
»Ich habe ihr was vorgelogen«, sagte Peter Voss und grinste hämisch wie ein mehrfach rückfälliger Verbrecher. »Natürlich habe ich die Millionen gestohlen!«
»Peter!« schrie Polly außer sich und sank verzweifelt auf das Sofa.
»Wollen Sie das Geld herausgeben?« fragte Dodd.
»Darüber ließe sich reden«, erwiderte Peter Voss ganz vernünftig. »Aber erst stecken Sie das Schießeisen weg.«
»Gut«, versetzte Dodd und steckte den Revolver weg. »Gestehen Sie, wo Sie das Geld versteckt haben. Sobald ich es in Händen habe, sind Sie frei.«
»Na!« sagte Peter Voss gemütlich. »Das will überlegt sein. Sie erlauben wohl, daß ich mich ein wenig setze.«
Damit ging er zum Diwan und setzte sich auf das niedrige Ende. Die dicke Decke war etwas heruntergerutscht. Dodd ließ ihn nicht aus den Augen und deckte sich den Rücken mit dem Tisch. Den Revolver steckte er ungesichert in die rechte Jackettasche. Polly saß da, starr wie eine Bildsäule. Ihr Herz klopfte zum Zerspringen. Was würde nun kommen! »Hm«, sprach Peter Voss nachdenklich, lehnte sich etwas vornüber und stützte sich auf, so daß seine Hände an die Kante der Diwandecke kamen. »Also ich soll die Millionen herausgeben. Sie können sich denken, daß das für mich sehr bitter ist. Aber um der Sache ein Ende zu machen. Sie sollen sie haben!«
Dabei fasste er krampfhaft in die Decke hinein.
»Es freut mich, daß Sie so vernünftig sind«, sagte Dodd, ganz Gentleman. »Wo liegt das Geld? Hier in Deutschland? Wir können die Sache hier in diesen vier Wänden abmachen.«
»Jawohl, das können wir!« meinte Peter Voss gemütlich. »Lassen Sie sich mal mit der Deutschen Bank verbinden.«
Dodd griff zum Telefon und setzte sich gleichzeitig.
In diesem Augenblick schnellte Peter
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