Peter Walsh - Gesamtausgabe Teil 1 - 4 zum Sonderpreis, Thriller (German Edition)
dem Bombenalarm geschluckt und keine weiteren Fragen gestellt. Auch P&C hatte das Spiel mitgespielt, was ihn aber weniger wunderte. Welches Kaufhaus will schon in der Presse stehen haben, dass in seinen Filialen am helllichten Tag Kinder entführt werden konnten?
„Kommen wir gleich zum Punkt. Was hat die Auswertung des Videomaterials ergeben?“, fragte Wolke in die Runde.
„Es ist anzunehmen, dass Nina ihren Entführer kannte“, antwortete Sabine Bruhns. Bruhns war 35 Jahre alt, ungefähr 1,70m groß und von durchschnittlicher Statur. Sie war weder hässlich noch hübsch. Ihre blonden Haare unterstrichen diesen Eindruck. Äußerlich war sie die nette Nachbarin. Aber ihr Charakter war explosiv.
„Was heißt das?“, gab Wolke barsch von sich, dessen Angespanntheit den anderen keineswegs verborgen blieb, dabei kannte Wolke die Antwort bereits. Die Statistik war auf seiner Seite. 80 Prozent der Kindesentführungen und Sexualstraftaten werden von nahen Verwandten verübt. Es klingt schier unglaublich, aber das war die traurige bittere Wahrheit. Die, die über einen wachen sollen, einen beschützen sollen, vergehen sich an ihren eigenen Schutzbefohlenen, ihrem eigenen Fleisch und Blut. Dies bewies Wolke nur, was er schon immer wusste: Der Mensch ist eine Bestie im Gewand der Zivilisation.
„Nun, auf den Aufzeichnungen ist zu sehen, dass sich Nina kurz mit einem Mann unterhält. Dieser reicht Nina etwas, Nina nimmt es an und dann umarmt dieser Mann Nina und nimmt sie auf seine Brust und verlässt das Einkaufshaus.“
„Was? Scheiße! Wer ist dieser Mann? Warum erfahre ich jetzt erst davon?“, stampfte Wolke und schlug mit geballter Faust wütend auf den Tisch. Wolke wusste, die Zeit rannte ihnen davon. Wenn es sich um ein reines Sexualdelikt handelte, blieben Nina maximal 72-96 Stunden, bevor der Bastard sie umbringen würde. Vielleicht hatte er es auch schon längst getan.
Alles besser, als ein Kampusch- oder Fritzl-Fall , dachte Wolke. Es klang brutal, aber als Kriminalhauptkommissar war er zu Rationalität verpflichtet. Er hatte schon viele Gewaltverbrechen untersucht und etliche aufgeklärt, aber noch viel mehr verschwanden für immer im Aktendschungel, mit Tätern, die sich noch immer auf freiem Fuß befanden, unerkannt und unentdeckt. Wenn man ihre Leiche finden würde, hätte die Polizei Ruhe und könnte den Täter zur Strecke bringen.
Wenn es ein Verwandter war, machte es die Sache noch leichter. Denn bald würde die Presse davon Wind bekommen. Aber, wenn die Leiche nicht gefunden werden würde und auch kein Täter, dann würde die Presse sehr unangenehm werden, das würde dann bis hoch ins Justizministerium gehen. Und die Aasfresser von Politiker und Journalisten würden ihnen jeden kleinen Fehler direkt ankreiden. Dabei waren sie auch nur Menschen. Und Menschen machten Fehler, also auch Polizisten. Nein, er brauchte einen Erfolg, so schnell wie möglich.
„Das wissen wir noch nicht, aber wir vermuten ihn im Umkreis der Familie“, antwortete Bruhns mit unsicherer Stimme.
„Verstehe ich nicht! Ich dachte, wir haben den Arsch auf Video?“
„Ja und nein, Chef“, fügte Hannes Prochnow hinzu. Prochnow war der Älteste der Task Force. Mit seinen 58 Jahren verfügte er über sehr viel Erfahrung und Weitsicht, sowie die nötige Ruhe, mit solchen Fällen sorgsam umzugehen, daher hatte Wolke ihn mit in die Soko „Nina“ berufen.
„Was soll der Scheiß?“ Die Stimme von Wolke wurde gereizter. Wolke hasste es, wenn seine Mitarbeiter nicht klar und präzise antworteten. War ihnen der Ernst der Lage nicht bewusst? Er nahm einen großen Schluck Kaffee aus dem Becher.
„Nun, wir sehen einen Mann bei Nina und wie dieser Mann mit Nina wohl auch den Laden verlässt. Aber wir haben kein Gesicht auf den Aufzeichnungen. Wir wissen nur, wie groß er ist und welche Statur er hat. Nur das Gesicht halt nicht.“
„Wie, kein Gesicht? Wieso habt ihr kein Gesicht? Habt ihr alle Aufzeichnungen ausgewertet? Wie kann das sein?“
„Nun, die Kameras sind nur in bestimmten Positionen aufgestellt. Der Betriebsrat und die Gewerkschaft haben die Geschäftsleitung gezwungen, die komplette Überwachung der Geschäftsräume zu unterlassen. Datenschutz und so ...“
Datenschutz? Scheiß Datenschutz, jetzt haben wir das Resultat, was dieser ganze Datenschutzmist bewirkt , dachte Wolke, der nie verstand, wieso um die öffentliche Überwachung so viel Theater gemacht wurde. Er hatte kein Problem mit
Weitere Kostenlose Bücher