Pfad der Schatten reiter4
Hain von Argenthyne tat, verschwand diese ebenfalls.
Sie fand Laurelyn auf der Terrasse, auf der sie sie verlassen hatte. Die Gestalt der eletischen Königin war kaum noch ein Glimmen, lediglich ein Abglanz ihrer früheren Leuchtkraft. Karigan blickte zum Himmel hinauf. Schwarze Wolken bedrängten den silbernen Mond.
Laurelyn lächelte. Karigan hatte das Gefühl, dass sie über alle Maßen erschöpft war. Du warst siegreich, sagte Laurelyn. Die Eleter stehen für immer in deiner Schuld.
»Ich glaube nicht, dass sie wussten, wer ich bin.«
Laurelyn lachte leise. Dann werden sie daran herumrätseln, und Eleter lieben nichts mehr als ein Rätsel, über das sie nachdenken und debattieren können, und das werden sie jahrhundertelang tun. Doch nun ist meine Zeit zu Ende. Meine Dankbarkeit ist dir gewiss, Tochter Karinys. Du bist tatsächlich so außergewöhnlich, wie ich es vor all den Jahren erhoffte, als ich deine Mutter und deinen Vater auf einer Waldlichtung zusammenführte. Nun musst du rasch zu deinen Gefährten gehen und die Ausübung deiner Fähigkeit fallenlassen, denn dieses Zeitmaß endet.
»Lebt … lebt wohl«, stammelte Karigan.
Leb wohl, Kind.
Karigan ging auf die offenen Türen des Schlosses zu, aber sie konnte nicht umhin, einen letzten Blick auf Argenthyne zu werfen, und auf Laurelyn, die ihre Hände nach dem Mond ausstreckte. Sie löste sich in eine glitzernde Staubwolke auf und war dann ganz verschwunden. Die Wolken bedeckten den Mond und hüllten den Hain in Dunkelheit.
Karigan hastete in das Schloss, während ihre Wahrnehmung sich wieder verdoppelte und aufgrund ihrer Tränen der Erschöpfung und Trauer noch mehr verschwamm. Sie hatte das Gefühl, dass ein wundervoller Zauber die Welt verließ. Er war anders als die Magie, die sie und ihre Reiterkameraden benutzten – er enthielt etwas Ungreifbares, Geheimnisvolles. Etwas,
das einst weise und mächtig und strahlend gewesen war, und das nun für immer dahin war. Von jetzt an würde Laurelyn nur noch als Legende weiterleben.
Karigan ließ ihr Verblassen fallen und taumelte, als die Vergangenheit und die Gegenwart einander überlappten, doch dann gewann die erste Turmkammer vor ihren Augen wieder an Schärfe. Sie kehrte in eine wesentlich trübere, abgestandene Welt zurück.
Ihr Kopf schmerzte, weil sie ihre Fähigkeit benutzt hatte, und nun lenkte sie das Pochen ihres Schädels von ihren Schmerzen in diversen anderen Körperteilen ab. Sie fror. Sie fror immer, wenn sie zwischen den Zeiten gereist war.
Sie musste ihre Gefährten finden, obwohl ihr vor dem graute, was da auf sie wartete. Sie zwang sich, die Kammer zu durchqueren, und stellte fest, dass Graelaleas Leichnam noch immer unberührt dalag; ihr Mondstein schimmerte nur noch sehr sanft.
Karigan humpelte den gewundenen Korridor entlang und bemühte sich, bei klarem, wachem Verstand zu bleiben. Sie dachte an die Masken. Hätte sie eine der Masken ausgewählt, die man ihr in der weißen Welt angeboten hatte – welche wäre es gewesen?
Auf keinen Fall die schwarze – die war widerlich gewesen. Das hatte sie gewusst, ohne sie zu berühren. Die Macht, die darin lag, interessierte sie nicht. Die Maske der Königin? Nein, nicht für sie. Sie konnte sich nichts anmaßen, vor allem da der König in der kleinen Szene des Spiegelmannes gar nicht vorgekommen war.
Der König, der König … Warum war er nicht dabei gewesen?
Nun blieb nur noch die einfache grüne Maske übrig, die anscheinend gut zu einem Grünen Reiter gepasst hätte. Warum hatte sie sie nicht gewählt?
»Weil ich keine Masken trage«, antwortete sie laut und erschrak vor ihrer eigenen Stimme.
Sie ging weiter und hörte Kampfgeräusche, die immer lauter wurden. Als sie den Raum mit der Monduhr betrat, fiel sie fast über Ards Leiche, die immer noch dort lag, wo sie mit Ealdaens Pfeil in der Kehle hingefallen war. Auch Grants Leiche, an der zwei Nythlinge fraßen, lag auf dem Boden. Die Kadaver vieler anderer Nythlinge lagen überall im Raum verstreut.
Und Solan. Der arme Solan. Sie konnte sich nicht einmal anschauen, was die finsteren Schläfer von ihm übrig gelassen hatten.
Die Leichen mehrerer dunkler Schläfer lagen ebenfalls auf dem Boden, rings um den Rest ihrer Gefährten, die Rücken an Rücken in einem engen Kreis in der Mitte der Monduhr standen und mit ihren Schwertern und Lynx’ Axt nach allen Seiten Hiebe austeilten. Etwa zehn Schläfer griffen sie an, viel weniger als vorher, aber immer noch eine
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