Pfad der Schatten reiter4
Geschäftsbüchern und Gehaltskonten war. Egal worum es sich handelte, Karigan war froh über die Ablenkung.
Der Hauptmann schrieb noch einige Minuten weiter, ihr Gesichtsausdruck äußerst konzentriert. In dem schwachen Licht meinte Karigan zu erkennen, dass sich in die roten Haare des Hauptmanns mehr Weiß gemischt hatte, als sie in Erinnerung hatte, und dass ein paar weitere Sorgenfalten ihre Augen umgaben. Als der Hauptmann jedoch endlich die Feder weglegte und Karigan ansah, waren ihre haselnussbraunen Augen so lebendig wie eh und je.
»Abschlusstermine«, sagte der Hauptmann als knappe Erklärung und streute Löschsand auf die feuchte Tinte. Sie faltete
die Hände auf der Tischoberfläche und sah Karigan einige Augenblicke unbewegt an. »Wie kommst du mit den Konten voran?«
Karigan schilderte ihre Bemühungen, aber sie war nicht sicher, ob der Hauptmann ihr wirklich zuhörte, obwohl sie an den passenden Stellen bestätigende Geräusche von sich gab.
Als sie ihren Bericht beendet hatte, sagte der Hauptmann: »Wir müssen jemanden finden, der dir bei den Konten helfen und die Arbeit übernehmen kann, wenn du auf einem Botenritt bist. Mara ist eine exzellente Chefreiterin, aber die Arbeit mit Geschäftsbüchern gehört nicht zu ihren Stärken. Ich werde Elgin bitten, Ausschau nach jemandem zu halten, der Talent dafür hat, und dann kannst du sie oder ihn anlernen, bis sie dein Niveau erreicht haben.«
»Ich schätze, das wäre hilfreich«, sagte Karigan. So sehr es ihr auch missfiel, sich um die Reiterkonten zu kümmern, fürchtete sie doch, dass es die Aufzeichnungen nur noch mehr durcheinanderbringen würde, wenn eine zusätzliche Person am Arbeitsprozess beteiligt war.
Als sie merkte, dass der Hauptmann sie immer noch mit intensivem Blick betrachtete, vermutete Karigan, dass sie eigentlich gar nicht wegen der Reiterkonten herbefohlen worden war.
Der Hauptmann stand abrupt auf, kam um den Tisch herum und lehnte sich mit verschränkten Armen an die Tischkante. Wieder studierte sie Karigan, als versuchte sie, in ihre Seele hineinzusehen und eine Entscheidung zu treffen. Karigan wand sich auf ihrem Stuhl. Die Order, zum Hauptmann zu kommen, hatte sie nicht beunruhigt, als sie die Offiziersbaracke betreten hatte, aber nun fing sie an, sich Sorgen zu machen.
»Ich möchte einen Botenritt mit dir besprechen«, sagte der Hauptmann. »Einen, der vorläufig geheim bleiben muss. Ich muss dich bitten, mit niemandem darüber zu reden.«
»Natürlich nicht«, sagte Karigan.
Der Hauptmann nickte und sagte dann: »Ich kann es dir nicht schonend beibringen, ich muss es dir geradeheraus sagen. Karigan, ich muss dich in den Schwarzschleierwald schicken.«
Karigan hatte das Gefühl, dass sich unter ihr ein Krater öffnete und sie hineinstürzte, während die Welt an ihr vorbeiraste und sie unter der Last des Entsetzens umso schneller fiel.
AUF DEM DACH
Karigan erbleichte, aber sie sagte nichts, protestierte nicht und bat Laren auch nicht, es sich anders zu überlegen. Laren hatte keine Vorstellung davon, wie jemand reagieren sollte, der soeben erfahren hatte, dass man ihn in den Schwarzschleierwald schickte, aber mit Karigans Schweigen hatte sie nicht gerechnet.
Es war Laren wichtig gewesen, jetzt schon mit Karigan darüber zu sprechen. Die anderen Ratgeber des Königs drängten sie dazu, die Reiter, die sie in den Schwarzschleierwald abkommandieren würde, offiziell zu benennen, und sie hatte gedacht, wenn sie Karigan unter vier Augen mit der Aufgabe betraute und sie davon überzeugte, dass sie die beste Reiterin für diesen Auftrag war, würde Karigan ihre Beteiligung an der Mission vielleicht sogar selbst befürworten, und dann wäre König Zacharias weniger dazu geneigt, Einspruch zu erheben. Aber die Liebe war ein unberechenbarer, mächtiger Faktor, und vielleicht würde er trotzdem von seinem Vetorecht Gebrauch machen und Karigans Teilnahme verbieten.
Angesicht des Schweigens ihrer Reiterin blieb Laren nichts anderes übrig als weiterzureden. »Wie du sicher gehört hast, planen die Eleter eine Expedition in den Schwarzschleierwald.«
Karigan nickte.
»Der König ist entschlossen, sie nicht ohne sacoridische Begleitung ziehen zu lassen. Wir vertrauen ihnen nicht völlig, und wir haben genauso viel Interesse daran wie die Eleter festzustellen,
was auf der andern Seite des Walls liegt. Der König wünscht, dass Reiter die Gruppe begleiten. Du gehörst zu meinen erfahrensten Reitern, und du bist bereits im
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