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Pfad der Schatten reiter4

Pfad der Schatten reiter4

Titel: Pfad der Schatten reiter4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: britain
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zurück, das Ebenbild einer Niederlage. Er sah Estral Andovian an und fragte sich, ob seine Entscheidung, sie zurückzuholen, richtig gewesen war.
    »Wagt es ja nicht, Eure Meinung zu ändern«, sagte sie, als könnte sie seine Gedanken lesen. »Ich nehme das Risiko aus freien Stücken auf mich.«
    Alton fragte sich, ob ihr Vater und Karigan das auch so sehen würden, falls ihr etwas Schlimmes zustieß. Er schüttelte den Kopf und trieb Nachtfalke sanft vorwärts, und Estral folgte.
     
    Alton verließ den Turm mit der einen Seite des Manuskripts, die die Musiknoten enthielt. Als er sie Estral gab, studierte sie sie einige Augenblicke lang sehr intensiv.

    »Die Notenschrift ist sehr altmodisch«, sagte sie, »aber das ist nicht weiter verwunderlich, wenn man bedenkt, wann Theanduris gelebt hat. Der Kopist scheint eine sehr getreue Übertragung des Originals angefertigt zu haben. Und falls das stimmt …« Sie fiel in Schweigen.
    »Falls das stimmt, was dann?«, drängte Alton
    »Falls das stimmt, wurde der Originaltakt der Musik von Gerlrand geschrieben. Ich würde seine Handschrift überall erkennen.« Sie runzelte die Stirn.
    Alton hielt es für unangebracht zu erwähnen, dass er ihr das ja gleich gesagt hatte, und hielt den Mund.
    »Fünf einfache Töne«, murmelte sie. Dann summte sie fast unhörbar.
    Die kurze Melodie enthielt nichts Außergewöhnliches, soweit Alton das erkennen konnte, aber Estrals Stimme klang fast, als würde sie in einen Luftstrom gehüllt gen Himmel getragen.
    Sie summte die Melodie erneut, diesmal lauter, und nun gab es eine minimale Schwingung – keine hörbare Resonanz, aber Alton spürte ein Prickeln im Nacken. Vielleicht lag es nur an der Süße ihrer Stimme.
    »Es hört sich nicht besonders spannend an«, sagte Estral. »Ich verstehe nicht, was es mit dem Wall zu tun haben soll. Und Ihr?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Es fühlt sich unvollendet an«, überlegte Estral, »als würde die letzte Note eine Antwort erwarten.«
    Antworten, dachte Alton. Immer brauchen wir Antworten, und immer bekommen wir stattdessen nur Fragen.
    »Wenn es Euch nichts ausmacht«, fuhr Estral fort, »möchte ich es behalten und damit herumspielen. Vielleicht bewirkt es nichts am Wall, aber auch als ein Artefakt von Gerlrand ist es interessant.«

    »Es wäre mir lieber, Ihr würdet eine Kopie machen und mir dieses zurückgeben.«
    »Natürlich.« Estral eilte davon, vermutlich zu Dales Zelt, um das sofort zu tun.
    Alton blieb mit dem Gesicht zum Wall stehen und überlegte, ob er die Resonanz, die er gespürt hatte, hätte erwähnen sollen. Sie war so subtil gewesen, dass er sie fast nicht wahrgenommen hätte. Vorerst würde er es verschweigen und abwarten, ob Estral mehr entdeckte, wenn sie die Musik untersuchte. Er wollte nicht zu viel erwarten, da er immer und immer wieder enttäuscht worden war. Allerdings konnte er nicht umhin, sich zu fragen, warum Theanduris Musik in seine Schriften hätte einfügen sollen, wenn sie nicht wichtig gewesen wäre. Der große Magier war von seiner eigenen Klugheit sehr überzeugt gewesen, und Alton zweifelte nicht daran, dass es ihm Spaß gemacht hatte, jeden zu verwirren, der versuchte, sein Rätsel zu lösen.
    Ob seine und Theanduris’ Vorfahren je auf den Gedanken gekommen waren, dass ihr großartiger Wall eines Tages zerstört werden würde? Wussten sie, dass die Bedrohung durch Mornhavon so viele Jahrhunderte überstehen würde?
    Alton nahm an, dass sie es gewusst haben mussten, und dass sie sich darauf vorbereitet hatten, so gut sie konnten, indem sie Wächter am Wall stationierten und für ständige Patrouillen sorgten. Womit sie nicht gerechnet hatten, waren die Schwäche des menschlichen Gedächtnisses sowie die menschlichen Bedürfnisse und Prioritäten. Eine Zeit war gekommen, in der andere Prioritäten wichtiger erschienen waren als die Aufrechterhaltung des Walls. Die Wächter verschwanden, die Turmmagier schliefen, und der Wall wurde sich selbst überlassen, unbewacht und ohne Wartung.
    Was sie nun brauchten, war eine permanente Lösung. Trotz allen handwerklichen Könnens, trotz aller Magie hatte sich der
Wall als verwundbar erwiesen. Fast fühlte sich dieser Gedanke wie ein Verrat an Altons Vorfahren an, aber allmählich begriff er, dass der Wall nicht die endgültige Lösung war. Karigan hatte Mornhavon in die Gegenwart gebracht, und ebenso diente auch der Wall ihnen nur dazu, Zeit zu gewinnen. Er vermutete, dass König Zacharias vor einer Weile zu

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