Pfad des Tigers - Eine unsterbliche Liebe: Roman (German Edition)
Herausforderung an mich dar, der ich ohne Kishans und Mr. Kadams unnachgiebigem Training niemals gewachsen gewesen wäre.
Noch war es nicht so steil, dass ich eine Kletterausrüstung bräuchte, aber es war auch kein Spaziergang im Park. Das Atmen fiel mir schwerer, je höher wir kamen, weshalb wir häufiger Pausen einlegen mussten, um zu trinken und uns auszuruhen.
Am fünften Tag erreichten wir die Schneegrenze. Sogar im Sommer lag auf dem Mount Everest Schnee. Kishan war nun leicht zu erkennen, selbst aus weiter Entfernung. Ein schwarzes Tier vor weißer Schneedecke war kaum zu verbergen. Er hatte Glück, dass er eines der größten Tiere hier draußen war. Wäre er kleiner gewesen, wären wir wahrscheinlich schon längst von Raubtieren angefallen worden.
Ob es hier wohl Polarbären gibt? Nein, Polarbären leben am Nord- und Südpol. Hm, vielleicht andere Bären oder Berglöwen. Bigfoot? Der Yeti? Wie heißt gleich noch mal das Schneemonster in Rudolph, das Rentier ? Ah ja, Bumble. Ich kicherte und summte das Misfit -Lied aus dem Film.
Ich folgte Kishans Tigerspuren und begann, nach anderen Tierfährten Ausschau zu halten. Als ich die Spuren kleinerer Tiere ausmachte, versuchte ich zu erraten, worum es sich handelte. Einige waren offensichtlich Vögel, andere wahrscheinlich Hasen oder kleine Nagetiere. Da ich keine größeren Abdrücke sah und mir das Spiel schnell langweilig wurde, beruhigte ich mich wieder und ließ meine Gedanken wandern, während ich Kishan verbissen hinterherlief.
Die Bäume wurden allmählich spärlicher, das Gelände steinig. Die Schneeverwehungen waren tief, und das Atmen fiel mir von Stunde zu Stunde schwerer. Meine Nervosität nahm zu. Ich hätte nie gedacht, dass es uns so viel Zeit kosten würde, das Geistertor zu finden.
An Tag sieben stießen wir auf den Bären.
Kishan war vorgelaufen, um nach Holz und einem möglichen Rastplatz zu suchen. Ich sollte seinen Spuren folgen, während er eine Runde drehte und wieder zu mir stoßen wollte. Er konnte nicht mehr weit weg sein, denn er ließ mich nie länger als dreißig Minuten am Stück allein.
Ich trottete langsam voran, da vernahm ich auf einmal ein lautes Grollen hinter mir. Zuerst glaubte ich, Kishan hätte einen Bogen geschlagen und versuchte jetzt, mich auf sich aufmerksam zu machen. Ich drehte mich um und keuchte entsetzt auf. Ein riesiger Braunbär kam blutrünstig in meine Richtung galoppiert. Seine runden Ohren waren angelegt. Mit weit aufgerissenem Maul und gebleckten Zäh nen stürzte er auf mich zu. Schneller, als ich je hätte weglaufen können.
Ich schrie.
Der Bär blieb in zwei Metern Entfernung stehen, stellte sich auf die Hinterpfoten und brüllte, durchschnitt die Luft mit seinen scharfen Klauen. Sein zerzaustes Fell war nass vom Schnee. Winzige schwarze Augen beobachteten mich über einer langen Schnauze und maßen abschätzend meine Körperkraft. Seine Kiefer zitterten, und er entblößte zwei eindrucksvolle Zahnreihen, die mich mühelos in Stücke reißen könnten.
Hastig ließ ich mich auf den Boden fallen, erinnerte ich mich doch just in dem Moment an die Geschichte über mehrere Bergsteiger, die auf diese Weise in der Wildnis überlebt hatten. Das Beste bei einem Bärenangriff war angeblich, sich auf den Boden zu legen und sich tot zu stellen.
Ich rollte mich zu einem Ball zusammen und schützte den Kopf mit den Händen. Der Bär sank zurück auf alle viere und hüpfte ein wenig auf und ab, während er die Krallen in den Schnee rammte und mich zum Aufstehen bewegen wollte, um mich anzugreifen. Er kratzte über meinen Rücken, und der Stoff meines Rucksacks riss, als er das äußere Fach aufschlitzte.
Da der Bär nun so nah war, stieg mir der Geruch seines Fells in die Nase, das nach nassem Gras, Schmutz und Seewasser stank. Sein warmer Atem roch nach Fisch. Das Tier winselte und rollte sich leicht hin und her. Es biss in den Rucksack und presste sein Vorderbein auf meinen Oberschenkel, damit ich still hielt. Der Druck war unbeschreiblich. Ich war sicher, mein Oberschenkelknochen würde jeden Augenblick brechen. Das wäre auch sicherlich passiert, hätte ich auf festem Boden gelegen. Zu meinem Glück drückte mich das Gewicht des Bären nur tiefer in den Schnee. Ich wusste nicht, ob er sein Territorium verteidigen wollte oder ich sein Mittagessen war. So oder so hatte mein letztes Stündchen geschlagen.
Genau in diesem Moment hörte ich Kishans Knurren. Der Bär blickte auf und brüllte ebenfalls,
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