Pfad des Tigers - Eine unsterbliche Liebe: Roman (German Edition)
wollte seine Mahlzeit mit niemandem teilen. Er drehte sich zum Tiger um, wobei er mit seinen Klauen über meinen Oberschenkel und die Wade meines anderen Beins kratzte. Ich keuchte vor Schmerz auf, als Freddy Krügers Krallen mit der Kraft von sechshundert Pfund meine Beine aufschlitzten. Aber ich hatte Glück im Unglück. Der Bär hatte mich nicht töten wollen, sondern mir nur einen liebevollen Klaps gegeben. Nur eine kleine Aufmunterung à la Hey, ich bin gleich zurück, Süße. Ich muss mich nur kurz um den Eindringling kümmern, bevor ich dich fresse, aber keine Sorge, gleich geht’s weiter.
Meine Beine brannten höllisch, und Tränen rollten mir die Wangen herab, doch ich verhielt mich so ruhig wie möglich. Kishan umkreiste den Bären eine Weile, dann stürzte er sich auf ihn und biss ihn ins Vorderbein, während der Bär ihm die Pranke in den Rücken rammte. Die kämpfenden Raubtiere waren nun weit genug entfernt, dass ich einen raschen Blick auf meine Beine wagte. Ich konnte meinen Kopf nicht weit genug drehen, um mir die Wunden genau anzuschauen, doch große karminrote Blutstropfen malten ein makabres Bild in den Schnee.
Der Bär stand auf den Hinterbeinen und brüllte ohrenbetäubend laut. Dann ließ er sich auf alle viere fallen, kam ein paar Schritte näher und bäumte sich wieder auf. Kishan rannte in einem Halbkreis außerhalb der Reichweite des Bären. Der Bär zielte zwei- oder dreimal mit den Vorderklauen nach Kishan, als wollte er ihn fortjagen.
Vorsichtig schob sich Kishan näher. Ohne Vorwarnung ging der Bär auf ihn los, doch genau im selben Moment stürzte sich Kishan auf das Tier. In einem wutentbrannten Durcheinander aus Zähnen und Klauen kämpften sie miteinander. Der Bär biss Kishan so heftig ins Ohr, dass es beinahe zerfetzt wurde. Mit einer ruckartigen Bewegung riss Kishan den Kopf zur Seite, sodass beide das Gleichgewicht verloren. Die Tiere fielen zu Boden und rollten im Schnee hin und her, ein Wirrwarr aus schwarzem und braunem Fell.
Als ich allmählich wieder zu mir kam, erinnerte ich mich endlich, dass ich meine eigene Waffe bei mir hatte. Wie dumm von mir! Ich bin echt eine tolle Kämpferin! Kishan umrundete das Tier in dem Versuch, es zu verwirren und zu ermüden. Ich machte mir die Entfernung zwischen ihnen zunutze, hob die Hand und traf den Bären mit einem kleinen Blitzstrahl direkt auf die Nase. Er war nicht so stark, dass das Tier schwer verletzt wurde, aber unangenehm genug, um ihm sein Mittagessen madig zu machen. Er trollte sich, brüllend vor Schmerz und Enttäuschung.
Rasch nahm Kishan Menschengestalt an und besah sich meine Verletzungen. Er schob mir den Rucksack von den Schultern und zog sich in Windeseile die Winterklamotten an. Dann war er wieder an meinen Beinen. Das Blut gefror bereits im Schnee. Er zerriss ein T-Shirt und band die Streifen fest um meinen Oberschenkel und meine Wade.
»Tut mir leid, wenn es wehtun sollte, aber ich muss dich von hier wegbringen. Der Geruch deines Blutes könnte den Bären erneut anlocken.«
Er beugte sich über mich und hob mich behutsam hoch. Trotz seiner Vorsicht brannten meine Beine. Ich schrie und wand mich verzweifelt in der Hoffnung, so den Schmerz zu lindern. Ich presste das Gesicht an seine Brust und biss die Zähne zusammen. Dann wurde alles um mich herum schwarz.
Ich war nicht sicher, ob ich geschlafen hatte oder ohnmächtig gewesen war. Es spielte auch keine Rolle. Ich wachte auf dem Bauch liegend neben einem warmen Feuer und Kishan auf, der sorgfältig meine Wunden begutachtete. Er riss ein weiteres T-Shirt in Streifen und säuberte meine Beine mit einer widerlich riechenden, heißen Flüssigkeit, die er sich durch die Goldene Frucht beschafft hatte.
Ich sog scharf die Luft ein. »Das stinkt widerlich! Was ist das?«
»Ein Heilmittel auf Kräuterbasis, das den Schmerz nehmen und eine Infektion verhindern soll, indem es das Blut schneller zum Gerinnen bringt.«
»Es riecht eklig. Was ist da drin?«
»Zimt, Echinacea, Knoblauch, Gelbwurzel, Schafgarbe und andere Dinge, deren englische Namen ich nicht kenne.«
»Es tut weh!«
»Das glaube ich dir. Eigentlich müsstest du genäht werden.«
Ich atmete tief ein und bombardierte ihn mit Fragen, um mich von dem brennenden Schmerz abzulenken. Als er meine Wade säuberte, keuchte ich laut auf. »Woher wusstest du …, wie man das Mittel macht?«
»Ich habe in vielen Schlachten gekämpft und kenne mich daher ein wenig aus, wie man solche Wunden behandelt. Der
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