Pfad des Tigers - Eine unsterbliche Liebe: Roman (German Edition)
Der Sinn des Lebens besteht darin, glücklich zu sein. Meine eigene begrenzte Erfahrung hat mich gelehrt, je mehr wir uns um andere kümmern, desto größer ist auch unser eigenes Wohlbefinden. Es hilft uns, unsere Ängste und Unsicherheiten abzulegen, und gibt uns Kraft, jegliche Hürden des Lebens zu überwinden. Mein Rat Nummer zwei: Meditieren Sie, wenn Sie Hilfe brauchen. Ich habe beim Meditieren häu fig Antworten gefunden. Und als Letztes: Das alte Sprichwort ›Die Liebe überwindet alles‹ ist wahr. Wer Liebe sät, wird sie zehnfach ernten.«
Vorsichtig öffnete ich die Augen einen Spalt. Ich spürte keinen Schmerz, nicht einmal Unbehagen. Meine Augen waren nur etwas empfindlich. Nun war Kishan an der Reihe. Wir tauschten die Plätze, und der Mönch tauchte die Fingerspitzen erneut in die Phiole. Kishan schloss die Augen, und die Flüssigkeit wurde über seine Lider gestrichen.
»Nun zu Ihnen, schwarzer Tiger. Jung im Körper, alt im Geist. Seien Sie dessen eingedenk, egal welche Art von Schwierigkeit Sie überwinden und wie schmerzhaft Ihre Erfahrungen sein mögen, Sie dürfen die Hoffnung nie aufgeben. Nur wenn Sie den Glauben verlieren, können Sie vernichtet werden. Die Lamas sagen: ›Dich selbst und deine Schwächen zu besiegen, ist ein größerer Triumph, als Tausende im Kampf zu bezwingen.‹
Sie tragen die Verantwortung, Ihrer Familie den richtigen Weg zu weisen. Damit ist nicht nur Ihre unmittelbare Familie, sondern auch die weltumspannende Familie gemeint. Gute Vorsätze allein reichen nicht, um einen positiven Ausgang herbeizuführen. Sie müssen handeln. Wenn Sie aktiv in das Geschehen eingreifen, werden Sie Antworten auf Ihre Fragen erhalten. Und als Letztes: So wie ein großer Fels vom Peitschen des Windes unberührt bleibt, bleibt auch ein kluger Kopf seinen Ansichten treu. Er ist ein Pfeiler, eine unerschütterliche Stütze. Andere können sich an ihm festhalten, denn er wird nie wanken.«
Der ozeangleiche Lehrer verschloss die Phiole mit einem Stöpsel, und Kishan blinzelte die Augen auf. Die grüne Flüssigkeit war von seinen Lidern verschwunden. Er saß neben mir und streckte die Hand aus, um meinen Arm zu berühren. Der ozeangleiche Lehrer schüttelte Mr. Kadam die Hand.
»Mein Freund«, sagte er. »Ich spüre, dass Ihre Augen bereits geöffnet wurden und Sie mehr Dinge gesehen haben, als ich mir vorstellen kann. Ich überreiche Ihnen die Schriftrollen und bitte Sie, mich hin und wieder zu besuchen. Es würde mich sehr interessieren, wie Ihre Reise endet.«
Mr. Kadam verneigte sich höflich. »Das wäre mir eine große Ehre.«
»Gut. Jetzt steht nur noch ein einziger Punkt auf der Tagesordnung. Das Geistertor.« Er holte tief Atem und erklärte: »Geistertore markieren die Grenze zwischen der physischen und der spirituellen Welt. Wenn man hindurchgeht, befreit man sich von jeglicher weltlicher Last und kann sich ganz auf das Spirituelle konzentrieren. Aber ihr dürft das Tor erst berühren, wenn ihr auch bereit seid hindurchzugehen. Die bekannten Tore stehen in China und Japan, aber es gibt eines in Tibet. Ich zeige es euch auf der Karte.«
Er klingelte nach einem Mönch, der ihm eine Landkarte von Tibet brachte.
»Das Tor, nach dem ihr sucht, ist kleiner, bescheidener. Man muss zu Fuß reisen und darf nur das Nötigste mitnehmen, denn um das Tor zu finden, muss man den Beweis liefern, dass man vom Glauben geführt wird. Die einfache Gebetsfahne der Nomaden kennzeichnet das Tor. Die Reise ist beschwerlich, und nur ihr zwei dürft das Tor durchschrei ten. Euer Mentor wird zurückbleiben müssen.«
Er zeigte uns einen Pfad, auf dem wir die Besteigung des Berges beginnen konnten. Ich schluckte schwer, als ich den Ort trotz meiner fehlenden Sprachkenntnisse ausmachen konnte. Mount Everest. Zum Glück schien das Geistertor nicht am Gipfel zu sein, sondern knapp über der Schneegrenze. Mr. Kadam und der ozeangleiche Lehrer unterhiel ten sich angeregt über die beste Route, während Kishan ihnen gebannt lauschte.
Wie soll ich das nur schaffen? Ich muss einfach. Ren braucht mich. Diesen Ort und den heiligen Gegenstand zu finden, ist Voraussetzung dafür, Ren aufzuspüren, und nichts könnte mich davon abhalten – keine Höhenkrankheit und kein noch so eiskaltes Gebirge.
Die Schriftrolle wechselte den Besitzer, und auch Landkarten und eine ausführliche Erklärung, wie das Geistertor zu finden war, wurden Mr. Kadam in die Hand gedrückt.
»Kelsey, ist bei dir alles in
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