Pfad des Tigers - Eine unsterbliche Liebe: Roman (German Edition)
Äpfeln, Zitronen und Gras hing in der Luft. Das Klima war perfekt – nicht zu heiß und nicht zu kalt. Es sah aus wie in einem sorgfältig gepflegten Garten. Kein einziges Unkraut war zu sehen. Es war unmöglich, dass die Landschaft auf natürliche Art und Weise in einem solch ordentlichen Zustand blieb, dachte ich. Wir entdeckten ein perfektes Vogelnest mit gesprenkelten blauen Eiern. Die Vogeleltern zwitscherten fröhlich und waren völlig unbekümmert, als wir näher kamen, um ihre Eier zu betrachten.
Ich stellte eine Liste aller Tiere auf, die uns begegneten. Bereits bis zum frühen Nachmittag hatten wir Hunderte unterschiedliche Tiere gesichtet, von denen ich mit Bestimmt heit wusste, dass sie normalerweise in einer anderen Klimazone lebten – darunter Elefanten, Kamele und sogar Kängurus.
Am späten Nachmittag sahen wir unsere ersten Raubtiere – ein Rudel Löwen. Kishan hatte ihre Fährte bereits vor einer Meile aufgenommen, und wir entschieden, sie uns aus der Nähe anzuschauen. Ich musste auf einen Baum klettern, während Kishan die Lage erkundete. Kurze Zeit später kam er, einen verwunderten Gesichtsausdruck auf dem Gesicht, zurück.
»Da ist eine große Herde Antilopen, und sie grasen genau neben dem Rudel! Eine Löwin hat etwas Rotes gefressen, von dem ich zuerst angenommen habe, dass es Fleisch wäre, aber in Wirklichkeit waren es Früchte. Die Löwen essen Äpfel!«
Ich kletterte vom Baum. Kishan umfasste meine Taille und half mir herab.
»Aha! Meine Theorie stimmt also. Das hier ist wirklich eine Art Garten Eden. Die Tiere gehen nicht auf die Jagd.«
»Du hattest wohl recht. Trotzdem, nur für alle Fälle, würde ich zwischen uns und die Löwen lieber etwas Abstand bringen, bevor wir unser Lager aufschlagen.«
Später begegneten wir noch anderen Raubtieren – Wölfe, Panther, Bären und sogar Tiger. Sie griffen uns nicht an. Ganz im Gegenteil, die Wölfe waren so zahm wie Hunde und kamen zu uns, um gestreichelt zu werden.
Kishan zischte: »Das ist sonderbar. Es macht mich nervös.«
»Ich weiß, was du meinst, aber mir gefällt es. Ich wünschte, Ren könnte das alles hier sehen.«
Kishan erwiderte nichts, forderte mich nur mürrisch auf, das Wolfsrudel in Frieden zu lassen und weiterzugehen.
Bei Sonnenuntergang gerieten wir auf eine Lichtung mitten im Wald, die von Narzissen überwuchert war. Wir hat ten gerade begonnen, unser Nachtlager aufzuschlagen, als ich das sanfte, schwermütige Tönen einer Flöte vernahm. Augen blicklich erstarrten wir. Es war der erste Hinweis auf andere Menschen.
»Was sollen wir tun?«, fragte ich.
»Lass mich nachschauen.«
»Ich denke, wir sollten beide gehen.«
Er zuckte mit den Schultern, und ich trottete rasch hinter ihm her. Wir folgten den hauchzarten Klängen und fanden den Verursacher der geheimnisvollen Musik auf einem großen Stein neben einem Bach sitzen. Das Geschöpf hielt seine Rohrflöte behutsam in beiden Händen und blies sanft durch die gespitzten Lippen. Als wir uns zögerlich näherten, hielt er in seinem Spiel inne und lächelte uns an.
Seine Augen waren hellgrün und strahlten uns aus einem ebenmäßigen Gesicht heraus an. Seine schulterlangen silbernen Haare hingen offen herab, und zwei kleine samtige braune Hörner lugten aus seinen schimmernden Locken, erinnerten mich an ein junges Reh, dem gerade die ersten Ansätze zu einem Geweih wuchsen. Etwas kleiner als ein Durchschnittsmensch, war seine Haut weiß, mit einer leicht fliederfarbenen Note. Er war barfuß und trug eine Hose, die aussah, als wäre sie aus Hirschleder gefertigt. Sein langärmeliges Hemd hatte die Farbe von Granatapfel.
Er ließ die Flöte los, die an einer Schnur um seinen Hals hing, und betrachtete uns. »Hallo.«
»Hallo«, erwiderte Kishan argwöhnisch.
»Ich habe schon auf euch gewartet. Wir alle haben auf euch gewartet.«
»Wer ist wir?«, wollte ich wissen.
»Nun, zum einen ich. Und dann gibt es da noch die Sylphen und die Feen.«
Verwirrt fragte Kishan: »Du hast uns erwartet?«
»O ja. Eigentlich schon viel früher. Ihr müsst müde sein. Kommt mit mir, wir haben Erfrischungen für euch.«
Kishan stand wie angewurzelt da. Ich machte einen Schritt vor.
»Hi. Ich bin Kelsey.«
»Freut mich, dich kennenzulernen. Mein Name ist Faunus.«
»Faunus? Den Namen habe ich schon mal gehört.«
»Wirklich?«
»Ja! Du bist Pan!«
»Pan? Nein. Ich bin definitiv Faunus. Das zumindest be hauptet meine Familie. Kommt mit mir.« Er stand auf, hüpfte um
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