Pfad des Tigers - Eine unsterbliche Liebe: Roman (German Edition)
auf einmal anders an, kompliziert und eigenartig. Er schien etwas von mir zu erwarten, das ich ihm nicht geben konnte.
Kishan führte uns zu einer Hügelkette und steuerte auf eine kleine Höhle am Fuß des Bergs zu. Als wir dort ankamen, spähte ich in das düstere Loch. »Na toll. Noch eine Höhle. Ich mag keine Höhlen. Meine bisherigen Erfahrungen in ihnen waren nicht besonders erbaulich.«
»Alles wird gut«, entgegnete er. »Vertrau mir, Kells.«
»Wie du meinst. Du gehst vor.«
Ein Summen war zu hören, das lauter wurde, je tiefer wir in die Höhle vordrangen. Es war dunkel. Ich holte meine Taschenlampe aus dem Rucksack und schwenkte sie herum. Dünne Lichtkegel brachen an manchen Stellen durch die Erde über uns, erleuchteten die Felsen und den Boden. Etwas berührte mein Gesicht. Bienen! Die Höhle war voller Bienen. Die Wände tropften schwer vor Honigwaben. Es war, als hätten wir einen riesigen Bienenstock betreten. In der Mitte der Höhle, auf einem Sockel, befand sich ein Stein, der ebenfalls an einen Bienenstock erinnerte.
»Der Omphalos-Stein!«
Eine Biene krabbelte mir in den Hemdkragen und stach mich.
»Aua!« Ich schlug das Insekt mit der Hand fort.
»Schsch, Kells. Sei still. Wir müssen uns langsam bewegen und ruhig sein und das, weshalb wir gekommen sind, schnell über die Bühne bringen.«
»Ich kann’s versuchen.«
Bienen schwirrten verärgert um uns herum. Es kostete mich große Überwindung, sie nicht zu verscheuchen. Mehrere waren auf meiner Kleidung gelandet, aber es schien, dass ihre Stachel den Feenstoff nicht durchbohren konnten. Ich wurde am Handgelenk gestochen, zog hastig die Hände in meine langen Ärmel und hielt sie von innen geschlossen. Vorsichtig schlich ich zu dem Stein und spähte hinein. »Was soll ich tun?«, fragte ich.
»Benutz deine Kräfte.«
Kishan war mehrmals im Gesicht gestochen worden, eine Augenbraue war bereits geschwollen. Ich schüttelte die Hände aus den Ärmeln und zuckte zusammen, als eine Biene die Gelegenheit nutzte und meinen Arm hinaufkrabbelte. Ich legte beide Hände auf den Stein und lockte den Feuerball aus meinem Innersten. Eine glühende Hitze schoss durch meine Arme in den Stein, der erst gelb, dann orange und schließlich rot leuchtete. Ein Zischen kam aus dem Stein, dann roch es nach Gas. Ein rauchiger Nebel waberte aus der Öffnung und erfüllte die Höhle. Die Bienen wurden träge und klatschten dann wie fette Gummibärchen auf den Felsboden, wo sie benommen einschliefen.
»Ich denke, du musst den Rauch einatmen, Kells, wie bei dem Orakel, von dem uns Mr. Kadam erzählt hat.«
»Okay, dann mal los.«
Ich beugte mich vor und atmete tief ein. Auf einmal waren überall Sternschnuppen und knallige Farbexplosionen. Kishan sah wie in einem Zerrspiegel aus, sein Körper war verdreht und in die Länge gezogen. Dann wurde ich in eine mächtige Vision gezogen. Als ich erwachte, waren wir wieder im Dschungel, und Kishan betupfte meine Stiche mit einer klebrigen, grünen Masse. Zu sagen, dass von der Tinktur ein starker Geruch ausging, wäre eine gewaltige Untertreibung gewesen. Der widerliche Gestank durchdrang meine Haare, meine Kleidung und alles in unserer näheren Umgebung.
»Igitt! Das Zeug ist ekelhaft! Was ist das?«
Er hielt ein Glas hoch. »Die Sylphen haben es mir gegeben, als ich ihnen sagte, dass wir auf Bienen stoßen würden. Sie haben noch nie von Bienen gehört, die stechen, aber sie benutzen diese Salbe für die Bäume, wenn ein Ast vom Wind abgerissen wird. Sie glauben, es hat eine heilende Wirkung.«
»Wann hast du ihnen erzählt, dass wir zu einer Bienenhöhle wollen?«
»Als du dich umgezogen hast. Sie meinten, die Bienenhöhle befände sich außerhalb ihres Reichs.«
»Die Salbe riecht schrecklich.«
»Aber wie geht es deinen Stichen?«
»Hm … besser. Die Salbe kühlt und lindert den Schmerz.«
»Dann wirst du den Gestank wohl oder übel ertragen müssen.«
»Ja, wahrscheinlich.«
»Hattest du Erfolg? Hast du den Baum gesehen?«
»Ja. Ich habe den Baum gesehen und die Vier Häuser und noch etwas.«
»Was denn?«
»Wie du schon vermutet hast, gibt es eine Schlange im Garten. Um genau zu sein, eine sehr große Schlange, die sich um den Fuß des Baums windet und allen Eindringlingen den Zutritt verwehrt.«
»Ist es ein Dämon?«
Ich dachte eine Weile nach. »Nein. Es ist bloß eine außergewöhnlich große Schlange mit einem Auftrag. Ich weiß, wie man dorthin kommt. Folge mir, und wir entscheiden auf
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