Pfad des Tigers - Eine unsterbliche Liebe: Roman (German Edition)
Hälfte der Hintertür mit einer riesigen Katzenklappe ausgestattet war.
Hmm … da haben Einbrecher aber leichtes Spiel. Sie müs sen nur hereinkriechen. Auch wenn dann wohl eine Überraschung auf sie wartet …
Ich hastete zurück in mein Haus und schloss die Tür hinter mir, ohne mir die Mühe gemacht zu haben, mich drüben im ersten Stock umzusehen oder im Wandschrank nach Designerklamotten zu suchen, die sicherlich dort hingen. Ren war mein neuer Nachbar, davon war ich überzeugt.
Und genau in dem Moment, als ich aus meinen Schuhen und meinem Mantel schlüpfte, hörte ich ein Geräusch die Auffahrt heraufkommen, das nur von einem Hummer stam men konnte. Ich beobachtete Ren vom Fenster aus. Er war ein guter Fahrer. Mühelos gelang es ihm, das riesige Ungetüm zwischen den herabhängenden Zweigen hindurchzumanövrieren, die ihm ansonsten womöglich den Lack zerkratzt hätten. Er parkte den Wagen in der anderen Garage, und ich hörte das Knirschen seiner Stiefel auf dem gefrorenen Weg zu meiner Haustür.
Ich hatte nicht abgesperrt, ging ins Wohnzimmer und setzte mich mit verschränkten Armen, die Beine untergeschla gen, in meinen Lehnstuhl. Ich wusste, dass dies als klassische Abwehrhaltung gedeutet werden könnte, aber es kümmerte mich nicht.
Er schloss die Tür hinter sich, zog seinen Mantel aus und hängte ihn in den Garderobenschrank, bevor er um die Ecke ins Wohnzimmer gebogen kam. Für den Bruchteil einer Sekunde suchte er in meinem Gesicht, strich sich mit der Hand durchs Haar und ließ sich dann mir gegenüber nieder. Sein Haar war länger als damals in Indien. Seidenweiche schwarze Strähnen fielen ihm in die Stirn, und er schob sie nervös zur Seite. Er sah schwerer und muskulöser aus als in meiner Erinnerung. Er isst besser als früher.
Eine Weile starrten wir uns schweigend an.
Schließlich sagte ich: »Nun …, du bist also mein neuer Nachbar.«
»Ja.« Er seufzte hörbar. »Ich musste dich einfach wiedersehen.«
»Dafür hast du aber lange gebraucht.«
»Ich habe versucht, deine Wünsche zu respektieren. Ich wollte dir Zeit zum Nachdenken geben. Damit du dir klar wirst. Auf dein … Herz hörst.«
Ich hatte nicht mehr auf mein Herz gehört, seit ich neben Ren in Kishkindha aufgewacht war. Schon vor Monaten hatte ich mein Herz verschlossen.
»Oh. Das heißt also, deine Gefühle haben sich nicht … geändert?«
»Meine Gefühle sind stärker als je zuvor.«
Seine blauen Augen erforschten mein Gesicht. Er schob sich das Haar aus den Augen und beugte sich vor. »Kelsey, jeder Tag, den du nicht bei mir warst, war eine einzige Qual . Deine Abwesenheit hat mich in den Wahnsinn getrieben. Hätte Mr. Kadam mich nicht jede Minute auf Trab gehalten, wäre ich dir noch in derselben Woche nachgeflogen. Jeden Tag habe ich seinen Unterricht geduldig über mich ergehen lassen, aber ich war nur sechs Stunden Mensch. Als Tiger habe ich einen Pfad in meinen Schlafzimmerteppich getreten von all dem stundenlangen Im-Kreis-Laufen. Kadam hätte sich beinahe ein Betäubungsgewehr geschnappt. Ich konnte mich einfach nicht beruhigen. Ich war rastlos, ein wildes Tier ohne … sein Weibchen.«
Ich rutschte nervös auf meinem Stuhl hin und her.
»Ich habe Kishan angefleht, ich müsste trainieren, um meine Kampfkunst wiederzuerlangen. Wir haben ununterbrochen gekämpft, sowohl in Menschen- als auch in Tigergestalt. Wir haben mit Waffen, Klauen, Zähnen und bloßen Händen trainiert. Ohne das Kämpfen mit ihm wäre ich wahrscheinlich durchgedreht. Ich bin jeden Abend blutig, todmüde und erschöpft auf meinen Teppich gefallen. Und trotzdem habe ich … dich immer noch gespürt.
Du warst auf der anderen Seite der Welt, aber ich bin mit deinem Geruch aufgewacht. Ich habe mich nach dir verzehrt, Kells. Egal, wie sehr mich Kishan in die Mangel genommen hat, es konnte den Schmerz über deinen Verlust nicht überdecken. Ich habe von dir geträumt und den Arm nach dir ausgestreckt, konnte dich aber nie berühren. Kadam hat mir ständig weismachen wollen, dass es so am besten wäre und ich unzählige Dinge lernen müsste, bevor ich nach Oregon fahre. Vermutlich hatte er recht, doch ich wollte es nicht hören.«
»Aber wenn du bei mir sein wolltest … Warum hast du dann nicht angerufen?«
»Das wollte ich. Es war grauenvoll, jede Woche deine Stimme zu hören, wenn du Mr. Kadam angerufen hast. Ich habe immer in der Nähe gewartet, in der vergeblichen Hoffnung, dass du mit mir sprechen willst, was jedoch nie eintrat.
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