Pfad des Tigers - Eine unsterbliche Liebe: Roman (German Edition)
des Bogens. Man nennt es das Zuggewicht.«
Er versuchte, meinen Bogen zu spannen, was ihm jedoch nicht gelang. Für Kishan war es ein Kinderspiel. Mr. Kadam starrte den Bogen finster an und überließ es dann Kishan, mich zu trainieren.
»Warum sind die Pfeile so klein?«, wollte ich wissen.
»Die Länge des Pfeils richtet sich nach der Größe des Bogenschützen«, erklärte Kishan. »Das bezeichnet man als Auszugslänge, und deine ist eher gering, weshalb die Pfeile genau richtig für dich sein sollten. Die Länge des Bogens bemisst sich ebenfalls an deiner Körpergröße. Kein Bogenschütze will einen Bogen, der unhandlich ist.«
Ich nickte.
Kishan fuhr mit seinen Erklärungen über die verschiedenen Grundbegriffe und Techniken beim Bogenschießen fort, einschließlich Nockpunkt, Schussfenster und Ankern. Dann war es an der Zeit, mein theoretisches Wissen in die Tat umzusetzen.
»Du nimmst die Schießhaltung ein, indem du dein Spielbein etwa zwanzig Zentimeter vor dein Standbein stellst«, sagte Kishan. »Die Beine hüftbreit auseinander.«
Ich folgte seinen Anweisungen.
»Gut. Leg den Pfeil ein, wobei die Feder horizontal zum Bogenarm liegt. Drei Finger am Abgreifpunkt der Sehne. Jetzt die Sehne mit dem Pfeil langsam mit der Hand zum Anker führen, bis dein Daumen dein Ohr berührt und deine Fingerspitzen genau an deinem Mundwinkel sind. Dann den Pfeil loslassen.«
Er führte mir den gesamten Vorgang mehrere Male vor und versenkte zwei Pfeile in einem weit entfernten Baum. Ich versuchte, seine Bewegungen nachzuahmen. Kurz vor dem Abschuss zitterten meine Finger ein wenig. Kishan stellte sich hinter mich und führte meine Hand geduldig bis zum richtigen Punkt. »Okay«, sagte er. »So ist es gut. Jetzt zielen und schießen.«
Ich ließ los. Der Pfeil sauste mit einem leisen Sirren durch die Luft und bohrte sich in die weiche Erde am Fuß des Baums.
Begeistert rief Mr. Kadam: »Das war sehr gut! Ein wunderbarer erster Versuch, Miss Kelsey!«
Kishan ließ mich stundenlang weiterüben. Schon rasch war ich geschickt genug, es Kishan gleichzutun und den Baumstamm zu treffen, jedoch nicht genau in der Mitte. Mr. Kadam war von meinen schnellen Fortschritten überrascht und meinte, das wäre vielleicht dem vielen Training mit meinem Blitzstrahl zu verdanken. Die Pfeile gingen mir nie aus, mein Köcher füllte sich wie von Geisterhand, und die verschossenen Pfeile lösten sich, kurz nachdem sie das Ziel getroffen hatten, auf.
Das könnte noch mal richtig nützlich werden!
Kishan arbeitete nun wieder mit dem Diskus an seiner Wurftechnik, und ich legte eine Pause ein. Ich nippte an meiner Wasserflasche und sah Kishan beim Üben zu.
Mit einem kurzen Nicken in Kishans Richtung fragte ich Mr. Kadam: »Wie stellt er sich mit dem Diskus-Ding an?«
Mr. Kadam lachte. »Streng genommen, Miss Kelsey, ist es gar kein Diskus, sondern eine Chakram . Sie hat dieselbe Form wie ein Diskus, aber wenn Sie genau hinsehen, bemerken Sie den scharfen äußeren Rand. Es handelt sich um eine Wurfwaffe, die auch von der indischen Gottheit Vishnu gerne benutzt wurde. Die Chakram ist eine äußerst eindrucksvolle Waffe, wenn sie von einem geschickten Krieger wie Kishan geführt wird, auch wenn er seit langer Zeit nicht mehr geübt hat.«
Kishans Waffe war aus Gold gefertigt, mit eingelassenen Diamanten, ähnlich wie die Gada . Sie wies einen geschwungenen Ledergriff auf, der mich an das Yin-Yang-Symbol erinnerte. Der Metallrand war ungefähr fünf Zentimeter breit und rasiermesserscharf. Ich beobachtete Kishan beim Trainieren und war beeindruckt, weil er sie kein einziges Mal an dem tödlichen Rand auffing, sondern entweder an der Lederschlaufe oder der Innenseite des Kreises.
»Kommen sie denn normalerweise wieder zurück? Wie ein Bumerang?«
»Nein. Normalerweise nicht, Miss Kelsey.« Nachdenklich strich sich Mr. Kadam über den Bart. »Sehen Sie nur! Selbst wenn er einen Baum trifft, hinterlässt die Chakram eine scharfe Schnittwunde und fliegt dann zu ihm zurück. So etwas habe ich noch nie erlebt. Im Nahkampf kann sie wie eine Klinge benutzt werden. Um einen weit entfernten Angreifer auszuschalten, wird sie geworfen, aber für gewöhnlich bleibt sie in ihrem Ziel stecken, bis sie herausgezogen wird.«
»Außerdem kommt es mir fast so vor, als würde sie langsamer werden, wenn sie zu ihm zurückfliegt.«
Wir beobachteten ihn mehrere Würfe lang. »Ja, ich denke, Sie haben recht. Die Chakram bremst ab, bevor sie bei ihm ist,
Weitere Kostenlose Bücher