Pfade der Sehnsucht: Roman (German Edition)
Arm. »Wollen wir dann?«
»Ja, sehr gern. Aber Sie müssen mir vergeben. Es war ein sehr langes Jahr, und ich fürchte, ich erinnere mich nicht an Ihren Namen.«
»Noch eine Wunde in meinem Herzen, auch wenn es mich nicht überrascht. Ich war nur einer von sehr vielen Tanzpartnern, denen Sie letztes Jahr die Ehre erwiesen.« Er schmiegte ihre Hand in seine Ellbogenbeuge, und Nate musste an sich halten, nicht auf die beiden zuzustürzen und den Eindringling von Gabriella wegzustoßen. »Erlauben Sie, dass ich mich noch einmal vorstelle. Ich bin Alistair McGowan.«
»Mr McGowan«, sagte sie hörbar überrascht und warf Nate ein süffisantes Lächeln zu. »Es gäbe niemanden, mit dem ich lieber tanzen würde.«
Nate fühlte, dass er beide Hände zu Fäusten geballt hatte, und streckte die Finger. Er war gewiss nicht eifersüchtig auf Rathbourne, aber die Aufmerksamkeit, die der Viscount Gabriella angedeihen ließ, war nun einmal Grund zur Sorge. Der Mann besaß hinreichend Geld und Macht, um alles zu tun, was ihm gefiel. Der Gedanke an Gabriella, die ihn allein zu Hause aufsuchte, gar von ihm eingestellt wurde, jagte Nate eine entsetzliche Angst ein. Dort könnte er wenig unternehmen, sie zu beschützen. Nur konnte er leider auch wenig tun, sie von ihm fernzuhalten.
Aber was Alistair McGowan betraf, verhielt sich alles vollkommen anders. Soviel er über den Mann wusste, und die wenigen Male, die sich ihre Wege gekreuzt hatten, war er einigermaßen anständig. Für einen Amerikaner. Für Nate war McGowan des Siegeldiebstahls nicht verdächtiger als Quint. Und falls McGowan tatsächlich im Besitz des Siegels sein sollte, hatte er es auf relativ ehrliche Weise erworben.
Er sah Gabriella und McGowan nach. Der Amerikaner neigte den Kopf zu ihr, und ein leises Lachen wehte Nate entgegen. Er brachte sie zum Lachen? Verfluchter Kolonist!
Begriff McGowan denn nicht, dass sie vergeben war? Begriff s ie es denn nicht?
Nein, natürlich nicht. Er fing ja eben erst selbst an, es zu begreifen.
Sechzehntes Kapitel
»Ich möchte mich nochmals entschuldigen, Mr McGowan«, sagte Gabriella lächelnd, was ihr überhaupt nicht schwerfiel.
Er war ein passabler Tänzer, bei dem sie zumindest nicht fürchten musste, dass ihr die Zehen grün und blau getreten wurden, wie es so häufig bei den Bällen gerade hier geschehen konnte. Und McGowan war auch noch gut aussehend, blond und breitschultrig. Er hatte die grünsten Augen, die Gabriella jemals gesehen hatte, in deren Winkeln sich kleine Falten abzeichneten, die sicher vom vielen Blinzeln im grellen Wüstensonnenlicht stammten. Verwegen attraktiv, ging es Gabriella durch den Kopf. Gut. Wenn Nathanial sie beobachtete, wie sie mit diesem Mann tanzte, würde er unabänderlich eifersüchtig. Nicht dass es sie kümmerte. »Ich begreife nicht, wie ich Sie vergessen konnte!«
»Es war ein langes Jahr«, sagte er lächelnd. »Mich hätte eher überrascht, wäre ich Ihnen in Erinnerung geblieben. Letztlich war es leider nur der eine Tanz, der uns vergönnt war, keine Küsse im Mondschein.«
Sie sah ihn unsicher an. »Warum sagen Sie das?«
»Weil, Miss Montini«, antwortete er grinsend, »Sie meine Gedanken auf derlei Dinge lenken.«
»Sind alle Amerikaner so unverblümt?«
»Oh ja. Nicht zu vergessen charmant, alle von uns, ausnahmslos, sogar die Damen.« Er überlegte. »Obgleich sie insgesamt dazu neigen, hübscher zu sein als die Herren.« Er beugte sich zu ihrem Ohr. »Was wir natürlich sehr begrüßen.«
Sie lachte. »Ich muss gestehen, dass ich Sie mir nicht so amüsant vorgestellt hatte.«
»Nein?« Er hielt sie ein wenig fester und vollführte einen komplizierten Schritt, um einem anderen Paar auszuweichen, das sich ein wenig zu wild drehte. Gabriella folgte ihm mühelos. Vielleicht war er doch ein angenehmer Mensch. »Sie hatten nicht erwartet, dass ein Mann, den Sie für einen Dieb halten, unterhaltsam sein kann?«
»Woher wissen Sie davon?«
Er zuckte mit den Schultern. »Vieles spricht sich herum, Miss Montini. Und ich möchte Ihnen sowohl mein Mitgefühl ob Ihres Verlustes aussprechen als auch versichern, dass ich mit dem Verschwinden des Siegels nichts zu tun hatte.«
Sie wusste nicht recht, was sie sagen sollte. Es war eine Sache, Lord Rathbourne Missetaten zu unterstellen, denn er war kein besonders angenehmer Mensch. Eine gänzlich andere jedoch war es, diesen gut aussehenden, charmanten Mann zu verdächtigen. Trotzdem hatte sie keinen Grund, ihm zu
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