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Pfarrers Kinder Muellers Vieh

Pfarrers Kinder Muellers Vieh

Titel: Pfarrers Kinder Muellers Vieh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amei Müller
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es im Märchenbuch, nichts weiteres unter den Haaren. Nun, sie lebte im Walde und konnte sich unbesorgt in ein so luftiges Gewand hüllen. Wie aber, so fragte ich mich schon damals, würde es ihr unter Menschen ergehen, etwa bei windigem Wetter oder in der Straßenbahn? Diese Gedanken sprach ich nicht aus, auch nicht die Befürchtung, daß meine fromme Besucherin unter der Decke ihrer Haare gar jämmerlich frieren würde und manche Blöße darbieten, denn das Zwiebelchen an ihrem Hinterkopf versprach nur ein gar kurzes und dünnes Deckchen.
    »Frau Pfarrer, haben Sie sich schon überlegt, was der Herr mit diesem Bibelwort sagen will?« Die fromme Frau beäugte mich strafend.
    »Ja nun, vielleicht hat der Herr da an die Kinder Israel gedacht, die ja doch in einem wärmeren Land wohnen«, äußerte ich zögernd.
    Diese Antwort gefiel ihr gar nicht! Besonders nicht aus dem Munde einer Pfarrfrau. Sie mußte Platz nehmen, so schmerzlich fühlte sie sich verletzt. »Der Herr meint immer uns alle!« eiferte sie. »Weiß Frau Pfarrer das nicht? Sein Wort gilt für die Gotteskinder aller Zeiten und Zonen!«
    »Sind Sie sicher, meine Liebe, daß der Herr auch Sie gemeint hat? Da wären Sie nämlich gar schlecht von ihm behandelt worden mit Ihrem Spitzendeckchen! Und glauben Sie, daß der Hase ein Wiederkäuer ist, bloß weil es so in der Bibel steht? Sie weiblicher Pharisäer, Sie!« Dies alles und noch viel mehr sagte ich nachts im Bett zu ihr, als ich vor Zorn über das Gespräch nicht einschlafen konnte.
    Was ich wirklich gestottert hatte, war, daß ich den Haarspalter hätte, eine gefährliche Erkrankung der Haarspitzen. Der Friseur hätte deshalb das Haar soweit wie möglich abschneiden müssen, damit es mir nicht vollends ausfalle. Sie nahm die Entschuldigung hin. Ihre Miene heß allerdings deutlich erkennen, daß sie Zweifel an der Wahrheit dieser Aussage hegte. Mit dem Hinweis auf das Bibelwort, daß Eitelkeit dem Herrn ein Greuel sei und daß er sich nicht spotten lasse, überließ sie mich meiner Wut und Beschämung, nicht ohne vorher die Eier auf dem Küchentisch abgeladen zu haben.
    Dann ließ sich Manfred im Urlaub einen Bart wachsen. Er tat dies als Akt freundlichen Entgegenkommens. Nun konnte die Gemeinde in seinem Gesicht bewundern, was sie an meinem Kopf so schmerzlich vermißte. Doch kein Dank wurde ihm zuteil. Selbst der Mesnerin fiel bei seinem Anblick der Leuchter aus der Hand, den sie gerade putzen wollte.
    »Hent Se koi Rasiersach khet em Urlaub?« fragte sie vorsichtig. »Mei Gottlieb rasiert sich au bloß eil Sonndich, no hot er’s aber au nedich!«
    »Ja, gefällt Ihnen mein Bart nicht?« fragte Manfred. »Oms Hemmelswille, des soll a Bart sei?!« schrie sie, »o Herr Pfarrer, was wern d’Leit sage?«
    Es sprach sich im Dorf herum. Am Sonntag war die Kirche so voll wie sonst nur an Karfreitag und Weihnachten. Der Organist spielte das Mollpräludium. Kirchengemeinderat Heinrich konnte nicht schlafen, weil er so erregt war. Manfred trat aus der Sakristei. Die Gläubigen senkten bestürzt den Kopf. Ein Räuberhauptmann im Talar! Welches Auge konnte einen solchen Anblick ertragen? Nur beim stillen Gebet, als der Pfarrer der Gemeinde den Rücken zukehrte, wagte man aufzublicken und die verspannten Halsmuskeln zu lockern. Der Kirchengemeinderat riefeine außerordentliche Sitzung ein, in der allerdings der Bart nicht zur Sprache kam. Keiner wagte, das heikle Thema zu berühren. Man sprach von drohenden Kirchenaustritten, von Anstoß und Ärgernis.
    »Freunde«, rief Kirchengemeinderat Kurz, »Freunde, jeder prüfe sich selbst und erforsche sein Herz, ob er der Gemeinde ein Ärgernis bietet! Jeder!« Dabei schaute er seinem Pfarrer beschwörend ins bärtige Gesicht. Der aber lächelte freundlich und schlug vor, die Sitzung zu beenden.
    »I moin halt«, sagte der Kirchenpfleger beim Geldzählen, »seit der Herr Pfarrer den Bart hot, ka mer ihn nemme so guat verschtehe.«
    Das Ärgernis wurde entfernt, bevor es noch zu stattlicher Größe gediehen. Allerdings war ich die treibende Kraft. Die Barthaare kitzelten und kratzten unerträglich bei näherer Berührung. Auch erinnerte ich mich mit Grausen an den langen weißen Bart meines Großvaters. Nach dem Essen hatte ich manchmal Speisereste darin entdeckt, ein Anblick, der mir schon als Kind von Herzen zuwider war. Also verschwand der Bart, schneller als er gewachsen, und die Gemeinde atmete freudig auf.
    Der Brocken aber, den das Dorf am schwersten verdaute,

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