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Pfarrers Kinder Muellers Vieh

Pfarrers Kinder Muellers Vieh

Titel: Pfarrers Kinder Muellers Vieh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amei Müller
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ließ ich oben. Der geistliche Wert meiner Darbietungen war gleich Null. Mutti hätte das nicht hören dürfen und ganz bestimmt auch keine der tüchtigen Pfarrschwestern. Aber den Frauen hat’s gefallen. Sie lachten und kreischten, und wenn eine vom Stuhl fiel, dann gewiß nicht mehr vor Müdigkeit.
    Es gab aber noch einen anderen Kreis. Einen, den ich nicht erst ins Leben rufen mußte. Der vorherige Pfarrer hatte ihn gegründet und dort im Segen gewirkt. Es war der Mädchenkreis. Für einen Pfarrer ist es nicht schwer, bei Mädchen im Segen zu wirken. Mag es ein älterer Herr sein, ein kahlköpfiger und beleibter, es ist ein Mann. Man kann ihn anhimmeln, ihn um den Finger wickeln, ihn bezirzen ohne Gefahr für Leib und Seele.
    »Ich halte keinen Mädchenkreis«, sagte Manfred, »das kommt überhaupt nicht in Frage. Mir hängen schon genug Männerkreise am Hals.«
    Er weigerte sich. Er wollte nicht in die Fußstapfen des segensreichen Amtsbruders treten. Sollte nun dieser blühende Kreis, die junge weibliche Elite der Kirchengemeinde dahingeopfert werden? Nein, das konnte ich nicht verantworten. Es war mir aber von vornherein klar, daß die Sache schief gehen würde. Schon meine erfahrene Mutter und auch die Großmama hatten bei der weiblichen Jugend Schiffbruch erlitten. Wie sollte ich, die unbedeutende Tochter, diese schwierige Aufgabe meistern? Und schwierig war sie, das wußte ich genau, hatte ich doch seit meinem fünfzehnten Lebensjahr einen Abend der Woche im Mädchenkreis verbracht. Ich sah alles noch genau vor mir:

    Im Gemeinderaum waren die Tische hufeisenförmig zusammengestellt. Schnatternd und kichernd saßen die Mädchen daran. Ich setzte mich ans Ende der Tafel. Man sah es gern, wenn die Pfarrerstochter zum Kreis kam, wollte aber sonst nicht viel mit ihr zu tun haben. »Der neue Ton« wurde ausgeteilt, das Liederbuch für die christlichejugend. Ein frisches Lied erscholl, ein zweites, ein drittes.
    Dann wurden Geschichten vorgelesen über irgendwelche Märtyrer oder Missionare. Dabei häkelten oder strickten die Mädchen. War es aber Zeit für die Andacht oder Bibelarbeit, dann ruhten die fleißigen Hände. Man saß über die Bibel gebeugt und überlegte, was der Apostel Paulus wohl mit diesem Wort gemeint haben könne und was die Bibelstelle uns sagen wolle. Ich saß dabei und hörte all die schönen tiefen Gedanken, die sie da zusammentrugen. Ich dachte daran, wie sie meine Mutter aus dem Kreis hinausgeekelt hatten, weil sie ihnen zu alt und zu langweilig war. Über ihre schöne Elfenbeinkette hatten sie gelacht und sich zugeflüstert, es wäre eine Kuhkette. Dann war die junge Gemeindehelferin gekommen, hatte die Mädchen zu sich eingeladen, war zu allen lieb und freundlich, brachte den Kreis zu neuer Blüte und intrigierte hintenherum gegen meine Eltern. Da saß sie nun, sprach gute, fromme Worte, und ich knirschte mit den Zähnen und starrte in meine Bibel.

    Unsicher und zornig ging ich zum ersten Mal in meinen eigenen Mädchenkreis. Ich würde mich nicht behandeln lassen wie meine Mutter! Gnade ihnen Gott, wenn sie intrigieren wollten! Mich würden sie nicht kleinkriegen, mich nicht!
    Nun hatte ich an diesem Tag besonders viel Pech gehabt. Die Milch war übergelaufen und hatte den ganzen Herd verschmutzt. Die Wohnung stank. Beim Arbeiten im Garten hatte ich mir einen Dorn eingerissen. Er stak im Zeigefinger der rechten Hand. Ich hatte versucht, ihn mit den Zähnen herauszuziehen, aber es war nicht gelungen. Nun hätte ich mich an Manfred wenden können. Er liebte ärztliche Verrichtungen, blieb kühl und gelassen, selbst beim Anblick von Blut und schrecklichen Wunden, und er packte fest und sicher zu. Gerade das aber konnte ich an diesem Tage nicht vertragen. Empfindlich von Natur, und noch dazu mit Lampenfieber belastet, würde ich zetern und jammern und mir seine Gunst verscherzen. Ich verschwieg den Splitter in der Hand, hoffte auf ein Wunder nach dem Motto »Lieber Gott mach doch, daß der Splitter von ganz allein rauskommt!« und ging zum Mädchenkreis.
    Auch die Mädchen waren unsicher und mißtrauisch. Was sollten sie mit einer Pfarrfrau anfangen, noch dazu mit einer »reigschmeckten«? Trotzdem drückte mir jede kräftig die Hand. Der letzte Händedruck war derart schmerzhaft, daß mir die Tränen in die Augen schossen.
    »Was hent se denn, Frau Pfarrer?« fragten die Mädchen. Ich hielt ihnen den Finger entgegen und sank schluchzend auf einen Stuhl. Es war zuviel! Der verschmutzte

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