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Pfefferbeißer - Harz Krimi

Pfefferbeißer - Harz Krimi

Titel: Pfefferbeißer - Harz Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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Chao?«
    »Keine Ahnung, vielleicht einkaufen.«
    Sina drückte Torsten weg und gab Niebuhrs Nummer ein.
    »Hallo, Jens, was dagegen, wenn ich schon früher Schluss mache?«
    »Wie war’s bei Klawitter?«, wollte Niebuhr zuerst wissen.
    »Nicht der Rede wert«, antwortete Sina, während sie sich in den
geschützten Hofeingang eines der schwarz-weißen Fachwerkhäuser am Ufer der Gose
stellte. »Er macht auf hilfsbereit, weiß aber nach eigener Auskunft absolut
nichts.«
    »Na wunderbar, und was ist mit der Akte?«
    »Die sollen wir uns morgen abholen.«
    »Wenigstens etwas.«
    Jens hatte recht, wenigstens etwas.
    »Ich muss mit meinem Sohn sprechen und könnte ihn jetzt noch
erwischen, bevor er wieder verschwindet …«
    Sina hatte Niebuhr gegenüber bisher nichts von ihrem Problem mit
Torsten erwähnt, sie versuchte, es zu umgehen. Es war ein Desaster. Wo,
verdammt noch mal, hatte sie bloß wieder versagt? Ihre Lippen fingen an zu
zittern.
    »Von mir aus. Ist eh gleich halb fünf. Wir können heute sowieso
nichts mehr reißen.«
    »Bis morgen, Jens«, sagte sie kurz und klappte das Handy zu.
    ***
    Aus Torstens Zimmer kam Musik. Gott sei Dank hatte er sich
die Heavy-Metal-Bands abgewöhnt. Das, was er jetzt hörte, klang deutlich
friedlicher. Sie stieg unters Dach. Der nur angelehnten Tür gab sie einen
Schubs und verschaffte sich freie Sicht in den Raum. Torsten lag in Klamotten
auf seinem Bett und stierte an die Decke.
    »Was gibt’s?«, fragte er, ohne sie anzusehen, drehte sich aus dem Bett
und machte die Musik aus. Dann ging er an den Computer und drückte auf den
On-Button. Das typische Surren erfüllte den Raum.
    »Was haben die Eltern von Carolin dazu gesagt, dass ihr ein Kind
kriegt?«
    Torsten schwieg, vermied es, ihr in die Augen zu sehen.
    »Also?«
    »Warum drängst du so? Natürlich sagt sie es ihren Eltern. Sie hat
sich nur noch nicht getraut. Das ist nicht so einfach. Hast du denn überhaupt
kein Verständnis?«
    Jetzt auch noch Vorwürfe. Das reichte nun wirklich. Sina lehnte es
strikt ab, dass Eltern ihren Kindern gegenüber handgreiflich wurden. Aber in
diesem Moment hätte sie Torsten ohne eine Spur von schlechtem Gewissen am
liebsten am Kragen gepackt und ihm eine Tracht Prügel versetzt, die sich
gewaschen hatte.
    »Warum hat sie sich nicht getraut? Ihr seid doch auch zu mir
gekommen.«
    Er antwortete nicht gleich, wohl auch eingeschüchtert von ihrem
ungewohnt harten Tonfall.
    »Ihr Vater ist ziemlich streng und hat sie immer aufgefordert,
vorsichtig zu sein.«
    »Na und?« Sina stand kurz vor der großen Explosion. Es war alles so
frustrierend. »Ich gebe euch genau einen Tag Zeit, dann habt ihr mit Carolins
Eltern gesprochen und die Lage geklärt!«
    Drohungen sind ein Zeichen von Hilflosigkeit. Und es stimmte, in
diesem Moment war sie hilflos. Wie ein wildes Pferd riss sie aus, rannte die
Treppe hinunter in die Küche und schraubte den Hahn über der Spüle bis zum
Anschlag auf, dass das Wasser nach allen Seiten spritzte. Oben knallte die Tür.
    Aber es dauerte keine Minute, da war Sina wieder butterweich. Natürlich
fühlten sich die beiden schuldig, natürlich hatten sie ein schlechtes Gewissen,
auch wenn sie sich auf das Baby freuten und dazu standen. Für die beiden war
die Situation mindestens so schwierig wie für ihre Eltern. Sie waren selbst
noch Kinder und sollten wie Erwachsene denken und handeln. Einfach unmöglich
war das.
    Sina würde sich selbst mit Carolins Eltern in Verbindung setzen, wenn
es nicht anders ginge, das stand für sie fest. Doch wo war Chao?
    ***
    Kurz vor Dienstschluss saß Geert Sandrock an seinem
Schreibtisch aus poliertem Kirschholz im Rathaus und dachte nach. Fred de Groots
Anspielungen hatten ihn aufgeschreckt. Sollte es wirklich so sein, dass Maren
Brandstätter die undichte Stelle war? Seine Sekretärin, die Bastion gegen
alles, was er loswerden oder sich vom Leibe halten wollte, die Einzige, der er
neben Rita, seiner Frau, nahezu blindlings vertrauen würde?
    Er versetzte sich in die hektische Zeit seiner Wahl zurück. Rein und
raus war es gegangen. Maren war damals schon Chefsekretärin, er selbst
Stellvertreter des alten Bürgermeisters gewesen, im Wartestand, so wie
Klawitter jetzt. Improvisierte Unterredungen mit Parteikollegen waren normal
gewesen und hatten nicht immer im geschlossenen Büro stattgefunden, manchmal
sogar im Vorzimmer, und Maren hatte gezwungenermaßen mitgehört. Auch dass es
finanzielle Schwierigkeiten gab und dass er und seine

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