Pfefferkuchenhaus - Kriminalroman
sehen, wenn der Letzte die Haustür hinter sich geschlossen hatte. Sjöberg redete sich ein, dass es gut für die Kinder sei, wenn sie jedes Mal von einer ordentlichen Basis ausgehen konnten, wenn sie neues Chaos erschufen. Eigentlich ging es aber darum, dass er selbst keinen klaren Gedanken fassen konnte, wenn nicht alles an seinem gewohnten Platz lag. Als Kriminalkommissar in der Abteilung für Gewaltverbrechen war es für ihn wichtig, seine Gedanken in Muster, Listen und Tabellen fassen zu können, und das ging schlicht und ergreifend nicht, wenn in seinem Blickfeld irgendetwas Störendes auftauchte.
Die Wohnung in der Skånegatan, nicht weit vom Nytorget, war groß, eine Fünfzimmerwohnung mit einer geräumigen Küche, und trotzdem war sie zu klein. Die Zwillinge teilten sich ein Zimmer, ebenso die beiden Mädchen. Simon besaß sein eigenes kleines Reich, aber auch die Mädchen würden in nicht allzu ferner Zukunft das Bedürfnis haben, einander auch einmal aus dem Weg gehen zu können. Ein zweites Badezimmer würden sie auch brauchen. Es war schwer zu ertragen, sich jeden Morgen hinten anstellen zu müssen, um seine hygienischen Grundbedürfnisse befriedigen zu können. Um dem zu entgehen und noch eine Weile in Ruhe mit seiner Zeitung am Frühstückstisch sitzen zu können, stand Sjöberg immer als Erster auf. Schon um halb sechs kroch er aus den Federn, duschte und rasierte sich, setzte den Kaffee auf, machte sich zwei Butterbrote mit Käse und holte die Zeitung. Manchmal durfte er zwanzig Minuten lang in Ruhe dasitzen, bevor sich seine Umwelt bemerkbar machte. Dann aber musste sehr viel in sehr kurzer Zeit passieren. Haferschleim musste gekocht und Windeln mussten gewechselt werden, Butterbrote mussten geschmiert, Kleider herausgesucht und Kinder angezogen werden, Zöpfe mussten geflochten und Zähne geputzt werden. Und im Hintergrund ein ständiges Stimmengewirr, das Hüpfen und Patschen kleiner Füße, Möbel, die umhergeschoben wurden, und dieses verdammte Rutschauto, das für die Nachbarn unten vermutlich wie heftiger Donner klang. Vielleicht keine beneidenswerte Situation, aber Sjöberg liebte dieses Leben mit den Kindern, und Åsa und er hatten es niemals bereut, diese große und lautstarke Familie gegründet zu haben.
Wie auch immer – sie mussten sich etwas Größeres suchen. Aber eine größere Wohnung in der Innenstadt würde schwer zu finden sein, und mit Sicherheit wäre sie viel zu teuer. Ein Einfamilienhaus oder ein Reihenhaus in irgendeiner Vorstadt kam ihnen nicht besonders verlockend vor. Schließlich fühlten sie sich wohl hier und hatten tiefe Wurzeln geschlagen. Sie waren zufrieden mit der Schule und dem Kindergarten, die Kinder hatten hier ihre Freunde, und sowohl für Åsa als auch für ihn war es nicht weit bis zur Arbeit, so wie auch alles andere in der Nähe war, Geschäfte, Restaurants und viele ihrer Freunde. Nein, es würde schwer werden, etwas Besseres zu finden.
Aus der Küche hörte er seine älteste Tochter Sara rufen: »Fischpudding, Fischpudding, Fischpudding, geh mir weg mit Fischpudding, Fischpudding, Fischpudding …«, und er wunderte sich, warum sie so etwas sang, wo sie Lachspudding doch so liebte. Im selben Augenblick klingelte das Telefon, und aus der Küche erklang ein Rumsen, als Sara vom Küchenstuhl vor der Spüle sprang, um als Erste am Telefon zu sein.
»Hallo, hier ist Sara!«, zwitscherte sie.
»…«
»Gut, und wie geht es dir?«
»…«
»Nein, er schaut Kinderfernsehen.«
»…«
»Okay, ich werde ihn fragen. Tschüs!«
»Wer war das?«, fragte Åsa.
»Es ist Sandén!«, rief Sara, während sie ins Wohnzimmer galoppierte. »Papa. Sandén ist am Telefon. Er möchte mit dir sprechen!«
»Dann musst du auf die Kleinen aufpassen, Sara«, sagte Sjöberg und stellte Christoffer, der auf seinem Bauch gelegen hatte, auf den Boden, bevor er sich widerstrebend vom Sofa erhob.
»Na, dann«, seufzte er schicksalsergeben, nachdem das Gespräch beendet war.
Er sah die kummervolle Stirnfalte zwischen den Augen seiner Frau schon vor sich, und er verstand sie nur allzu gut. Es war nicht gerade das, was man sich wünschte, allein mit fünf Kindern, die ins Bett gehen sollten.
»Was ist passiert?«, fragte sie.
»Eine alte Dame ist aus dem Krankenhaus entlassen worden, und als sie nach Hause kam, fand sie eine Leiche auf dem Küchenboden. Ich muss hin.«
»Wer war es denn?«
Auch wenn Åsa diese Situationen gar nicht liebte, konnte sie nicht leugnen, dass
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