Pfefferkuchenhaus - Kriminalroman
herrschte immer noch vollkommene Dunkelheit, obwohl es schon halb sieben war. Auf dem Weg zum Auto sah er nur einen einsamen Jogger, der den Spielplatz auf dem Nytorget überquerte und weiter in die Sofiagata lief. Nachdem Sjöberg den Wagen aus der engen Parklücke navigiert hatte, rief er Sandén an, um sich zu vergewissern, dass in der Nacht nichts Unvorhergesehenes mehr passiert war.
»Ich bin gerade auf dem Weg zur Witwe, um ihr die Nachricht zu überbringen«, entschuldigte er sich, denn er hatte Sandén geweckt. »Ich wollte nur sichergehen, dass es sich wirklich um Vannerberg handelt.«
»Doch, doch, er ist es«, brummelte Sandén.
»Er wurde gestern Nachmittag von seiner Frau als vermisst gemeldet, aber offensichtlich ist er schon am Abend zuvor verschwunden.«
»Das passt auf jeden Fall zu den Fußspuren rund um das Haus, die auf feuchter Erde hinterlassen wurden. Vorgestern hat es geregnet, während es gestern trocken war.«
»Das ist gut, dann haben wir auf jeden Fall einen Anhaltspunkt.«
»Die Obduktion in der Rechtsmedizin dürfte bis um vier Uhr abgeschlossen sein, und die Techniker sind bis zur Besprechung um elf mit dem Tascheninhalt durch. Hansson wird kommen.«
»Gut, wir sehen uns dann. Entschuldige, dass ich dich geweckt habe. Wünsch mir Glück.«
»Viel Glück.«
Es war immer noch dunkel, als er zwanzig Minuten später am Rande der Reihenhausanlage in Enskede ankam, wo Familie Vannerberg wohnte. Er stellte den Wagen auf einem Besucherparkplatz ab und machte sich auf die Suche nach dem richtigen Haus. Als er es gefunden hatte, stellte er zu seiner Erleichterung fest, dass sich hinter dem erleuchteten Küchenfenster nicht nur Kinder, sondern auch mehrere erwachsene Personen befanden. Sjöberg holte tief Luft und versuchte, eine freundliche und zugleich ernste Miene aufzusetzen. Er ließ den Türklopfer zwei Mal gegen die Messingplatte schlagen. Die Tür wurde von einem älteren Mann geöffnet.
»Mein Name ist Conny Sjöberg. Ich bin Kommissar bei der Kriminalpolizei von Hammarby und möchte gern mit Pia Vannerberg sprechen.«
»Ich bin ihr Vater. Kommen Sie herein«, sagte der Mann und trat einen Schritt zurück.
Sjöberg betrat die Diele und zog sich die Schuhe aus. Eine ältere Frau begrüßte ihn mit einem freundlichen Nicken aus der Küche, wo sie offenbar damit beschäftig war, den drei Kindern Essen zu machen. Er folgte dem Mann ins Wohnzimmer. In der Ecke eines langen Sofas saß Pia Vannerberg, stocksteif und wie vor Kälte bibbernd schaute sie ihn aus panischen Augen an. Er setzte sich vorsichtig in einen Sessel in ihrer Nähe, und der Vater nahm neben seiner Tochter Platz und legte einen Arm um ihre Schultern. Niemand sagte etwas, also begann Sjöberg zu sprechen.
»Es tut mir furchtbar leid, Ihnen diese Nachricht überbringen zu müssen, aber wir haben Ihren Mann tot aufgefunden.«
Er hatte seine Hände so ineinander verschlungen, dass sie ganz weiß geworden waren.
Die Frau verzog keine Miene, doch über die Wange ihres Vaters kullerte eine Träne.
»Ich habe es gewusst«, sagte sie mit überraschend klarer Stimme, »ich habe es die ganze Zeit gewusst. Er wäre niemals einfach so verschwunden.«
»Leider muss ich Ihnen auch mitteilen, dass alles darauf hindeutet, dass er ermordet worden ist.«
Ihre nächste Frage überraschte ihn, später wurde ihm klar, wie selbstverständlich sie sich ergab, wenn man jemanden wirklich liebte.
»Glauben Sie, dass er leiden musste?«
»Die Frage kann ich nicht beantworten«, sagte er gefasst, »ich verstehe nichts von Medizin. Aber ausgehend von dem, was ich gesehen habe, muss alles sehr schnell gegangen sein. Er sah friedlich aus.«
»Wie ist er gestorben?«, fragte Pia Vannerberg weiter.
»Wir warten noch auf den Bericht des Rechtsmediziners, im Augenblick ist das schwer zu beantworten.«
»Wo ist er denn gestorben?«, fragte sie hartnäckig weiter.
»Er starb in einem Haus nicht weit von hier. Wissen Sie, warum er dort war?«
»Er wollte sich eine Immobilie anschauen, die verkauft werden sollte. Es war irgendwo in der Nähe, aber wo genau, weiß ich nicht. Er ist jedenfalls zu Fuß gegangen.«
Sjöberg hatte ein schlechtes Gewissen, weil er den Schockzustand der Frau ausnutzte, um Fragen zu stellen. Aber es war wichtig, so schnell wie möglich Klarheit über bestimmte Details zu gewinnen, damit die Ermittlungen zügig in Gang kommen konnten.
»Wann ist er von hier aufgebrochen?«
»Er ist um Viertel vor sechs gegangen,
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