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Pfefferkuchenhaus - Kriminalroman

Pfefferkuchenhaus - Kriminalroman

Titel: Pfefferkuchenhaus - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carin Gerhardsen
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Temperaturen waren unter den Gefrierpunkt gesunken, und eine dünne Schneedecke hatte begonnen, sich über die Stadt zu legen.

DONNERSTAGABEND
    Vor dem Küchenfenster herrschte dichtes Schneetreiben. Als er die Flocken im Licht der Straßenlaternen tanzen sah und die Menschen auf der Straße beobachtete, wie sie sich mit roten Backen und Schnee im Haar bewegten, dachte er, dass es dort unten gemütlicher aussah als in seiner eigenen, kahlen Küche. Vielleicht sollte er sich wirklich mehr um seine Wohnung kümmern. Er hatte immer gedacht, dass es nichts bringen würde, es nur für sich allein ein bisschen schöner zu machen, aber in den letzten Tagen hatte sich alles anders angefühlt. Nach den Ereignissen des Montags – dem Abenteuer – hatte er sich richtig aufgeräumt gefühlt. Für sich selbst nannte er es »das Abenteuer«, denn er hatte zum ersten Mal, seit er sich erinnern konnte, eine Grenze überschritten. Er hatte etwas Verbotenes getan.
    In der Pfanne begann es zu brutzeln, die Margarine hatte bereits eine leicht bräunliche Färbung angenommen. Schnell schnitt er die Verpackung auf und warf das gefrorene Schweineschnitzel in die Pfanne und den Rest in den Mülleimer. Das Wasser kochte über, und als er die Herdplatte mit Küchenpapier abtrocknen wollte, blieb ein kleiner Fetzen hängen. Sofort roch es in der ganzen Küche verbrannt. Er kippte die Makkaroni in das Wasser und rührte sie mit dem Pfannenheber um. Natürlich waren die Makkaroni lange vor dem Schnitzel fertig. Und als es dann endlich durch war, war es auch schon angebrannt. Er schüttete alles zusammen auf einen Teller und aß es gierig auf, obwohl ihm die Hälfte auch gereicht hätte. Aber es war allemal besser, es zu essen, als es wegzuwerfen.
    Plötzlich fasste er einen Entschluss. Er stand so ruckartig auf, dass er den Stuhl beinahe umwarf. Mit energischen Schritten ging er in die Diele, wo er einen Zollstock aus einer der Schubladen kramte. Dann kletterte er auf seinen Stuhl und maß das Küchenfenster aus. Morgen nach der Arbeit würde er in das Stoffgeschäft unten an der Ecke gehen, einen schönen Stoff aussuchen und sich daraus eine Küchengardine nähen lassen.
    Nach dem Abendessen spülte er, wischte den Herd und die Arbeitsplatte ab und kochte sich eine Tasse Kaffee. Dann setzte er sich mit einem Kissen im Nacken auf sein Bett und begann, in der Abendzeitung zu blättern, die er sich auf dem Heimweg von der Arbeit gekauft hatte. Plötzlich erstarrte er. Eine Viertelseite wurde von einem Foto von Hans – König Hans – eingenommen. Es wurde berichtet, dass er vor zwei Tagen ermordet in einem Haus im Süden der Stadt aufgefunden worden sei. Dem Haus einer alten Dame namens Ingrid Johansson, der nach eigener Aussage das Opfer vollkommen unbekannt gewesen sei. Die Aufnahme von Hans war im Sommer gemacht worden, sein blondes Haar flatterte im Wind, er war braun gebrannt und lächelte glücklich.
    »Wer zuletzt lacht, lacht am besten«, murmelte Thomas vor sich hin.
    Während er die Bilder des glücklichen Hans’ betrachtete, kehrten seine Gedanken automatisch zurück in die Zeit der Demütigungen. Und ohne es beeinflussen zu können, wanderten sie von König Hans zu dessen Königin, Ann-Kristin. Also beschloss er herauszufinden, was aus ihr geworden war. Zum ersten Mal fühlte er sich wichtig. Er war eine Very Important Person, die Dinge wusste, von denen sonst niemand eine Ahnung hatte.

FREITAGABEND
    Es war kein Problem gewesen, sie ausfindig zu machen. Er hatte die Finanzverwaltung in Katrineholm angerufen und herausgefunden, dass sie inzwischen eine verheiratete Widell und 1996 nach Stockholm gezogen war. Anschließend hatte er ganz einfach im Telefonbuch nach ihrem Namen gesucht und einen entsprechenden Eintrag in Skärholmen gefunden. Dann hatte er das zuständige Finanzamt angerufen, und eine freundliche Frau hatte ihm bestätigt, dass sie die Person sei, nach der er suchte.

    Am Freitagnachmittag fuhr er nach der Arbeit nicht nach Hause, sondern nahm stattdessen die U-Bahn hinaus nach Skärholmen. Auf der Übersichtskarte neben dem Fahrkartenschalter konnte er ohne Mühe die Adresse ausfindig machen, nach der er suchte, und in weniger als zehn Minuten war er dort. Das Haus war eines von mehreren identischen weißen Hochhäusern, die auf einem Hügel lagen. Die Tür war mit einem Zahlencode gesichert, aber schon nach kurzer Zeit erschien eine junge Mutter mit Kinderwagen auf der anderen Seite, und er hielt ihr die Tür auf,

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