Pfefferkuchenhaus - Kriminalroman
schon wieder aufgewacht bist. Und dass du so klar im Kopf warst.«
»Klar im Kopf«, grinste Petra. »Ich konnte mich kaum auf den Beinen halten.«
»Ein eiserner Wille und ein guter körperlicher Zustand«, sagte Håkan mit einer gewissen Bewunderung in der Stimme. »Als wir uns getroffen haben, musst du immer noch ziemlich benebelt gewesen sein.«
»Und die Fingerabdrücke?«
»Es gab zwei verschiedene Sätze von Abdrücken, einen auf jeder Flasche. Aber bisher war keiner von ihnen erfasst. Der eine gehört mit Sicherheit zu dir, das war also nicht überraschend. Aber wie gesagt, kein Treffer.«
»Ich wusste, dass er nicht vorbestraft ist. Er hat also noch nie an irgendeinem Tatort Spuren hinterlassen«, seufzte Petra enttäuscht.
Die Schmerzen lindern , dachte sie. Ich gehe doch am Montag nicht zu Rosén und behaupte, dass ich einem Vergewaltiger auf der Spur bin, einem Oberarzt, der vermutlich jede Menge Frauen vergewaltigt hat, aber keine Spuren hinterlässt und noch niemals angezeigt worden ist.
»Jedenfalls nicht in Form von Fingerabdrücken«, sagte Håkan Carlberg.
»Wie meinst du das?«
»Ich habe sicherheitshalber die DNA des Spermas in einem der Kondome untersucht.«
»Und?«
»Und ich habe deine DNA an der Außenseite und seine DNA an der Innenseite gefunden.«
Wie erwartet. Aber sie konnte ihm anhören, dass er noch mehr in petto hatte.
»Seine DNA ist früher schon an zwei Tatorten sichergestellt worden. Bei einer Frau, die 1997 in Malmö vergewaltigt worden ist, und 2002 bei einer Frau in Göteborg.«
»Bingo«, sagte Petra. »Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie dankbar ich dir bin.«
»Sieh einfach zu, dass du den Typen hinter Schloss und Riegel bringst. Ich verbleibe im Geheimen Dienst ihrer Majestät, bis Sie mich bitten, ans Licht zu treten.«
SAMSTAGNACHMITTAG
Dieses Mal hatte Sjöberg daran gedacht, sich das Halstuch umzubinden, bevor er aus dem Haus ging. Darüber war er sehr glücklich, denn er saß im schneidenden Wind auf einer Tribüne des Hammarby IP und beobachtete, wie eine Horde achtjähriger Jungen versuchte, auf dem Kunstrasenplatz einen Ball ins Netz zu treten. Das Halstuch hatte allerdings die falsche Farbe, wie er bei einem Blick auf die anderen Eltern im Publikum feststellen musste.
Simon Sjöberg hatte den ganzen Herbst lang bei Hammarby IP auf dem Vereinssportplatz Fußball gespielt, bis das Training ein paar Wochen zuvor in die Sporthalle der Eriksdalsschule verlegt worden war. Dieses Freundschaftsspiel gegen eine fünfköpfige Mannschaft aus Marieberg fand jedoch aufgrund des schönen Wetters draußen statt. Sjöberg schloss daraus, dass schönes Wetter beim Fußball nichts mit der Temperatur und der Windstärke zu tun hatte, sondern einzig und allein mit der Farbe des Himmels.
Neben ihm saßen seine beiden Töchter, Sara und Maja, die sich nicht die Bohne für das Fußballspiel interessierten und auf ihren Nintendos herumdaddelten. Åsa war mit den Zwillingen im Eriksdalsbad zum Schwimmen, was Sjöberg auch lieber getan hätte, als hier zu sitzen und zu frieren.
Sein Interesse an Fußball beschränkte sich auf die Spiele der schwedischen Nationalmannschaft bei wichtigen Turnieren, aber soweit er es beurteilen konnte, war keiner der Jungs auf dem Spielfeld ein größeres Talent. Aber sie waren ziemlich niedlich anzusehen, wie sie so herumliefen und mit bierernsten Mienen dem Ball hinterherjagten und wie die Stars grölten: »Pass zu mir, ich bin frei!«, »Hintermann!« und »Gut gemacht, Jungs!« Sjöberg applaudierte, wenn irgendjemand etwas Aufsehenerregendes mit dem Ball angestellt hatte, ganz gleich, ob es einer aus der Heimmannschaft war oder einer der Gegner.
Das Spiel wogte hin und her auf dem verkleinerten Spielfeld, und es dauerte eine ganze Weile, bis ein Spieler von Marieberg schließlich den Ball an Hammarbys Torwart vorbei ins Netz schießen konnte. Sjöberg musste sich eingestehen, dass er dabei keine größere Enttäuschung empfand. Er klatschte stattdessen höflich Beifall, als weiter unten auf der Tribüne plötzlich ein Mann im Anzug aufsprang und zum Spielfeldrand hinunterstürmte.
»Jetzt wechsel doch diese verdammte Niete endlich aus!«, brüllte er den perplexen Trainer der Heimmannschaft an, von dem Sjöberg wusste, dass einer seiner Söhne auch in der Mannschaft spielte. »Nimm diesen kleinen rothaarigen Bastard vom Platz, der kann doch nichts!«
Der »kleine rothaarige Bastard« war ein Klassenkamerad von Simon, den Sjöberg
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