Pfefferkuchenhaus - Kriminalroman
von da weg. Für mich war es wohl irgendwie selbstverständlich, dass wir dort gewohnt haben, weil ich schließlich bis dahin immer dort gelebt hatte.«
»Verstehe. Hans ist also in Katrineholm auf die Vorschule gegangen?«
»Ja, ich denke schon. Ja, genau, tatsächlich. Gröna Kullen, Solkullen – wie hieß es denn noch?«
»Skogskullen?«
»Genau, das war’s.«
»Kannst du dich an seine Lehrerin erinnern?«
»Nein, ich weiß nicht einmal, ob ich ihr jemals begegnet bin.«
»Ingrid Johansson?«
»Kommt mir irgendwie bekannt vor. Nein, ich weiß nicht, ich …«
»Kannst du dich an jemand anderes aus dieser Vorschule erinnern, an ein anderes Kind?«
»Nein, keine Chance. Das ist schon so lange her. Außerdem ist Hans in die Vorschule gegangen und nicht ich.«
»Nur noch eine Frage: Kannst du dich daran erinnern, dass ich dich gefragt habe, ob ihr jemals in Österåker gewohnt habt?«
»Natürlich. Das war doch erst gestern.«
»Und da hast du an das Österåker in der Nähe von Katrineholm gedacht, vermute ich.«
»Ja, natürlich. Gibt es denn noch ein anderes?«
»Orte namens Österåker gibt es bestimmt viele in diesem Land. Ich werde dich jetzt nicht weiter stören. Vielen Dank.«
Sjöberg wurde von einem nahezu unwiderstehlichen Verlangen gepackt, einen seiner Kollegen anzurufen und ihm von seiner Entdeckung zu erzählen, aber ihm war klar, dass das genauso gut auch noch bis zum nächsten Tag warten konnte. Es war Samstag. Sie hatten alle während der vergangenen Wochen hart gearbeitet und brauchten die Erholung am Wochenende. Auf Sandén, der normalerweise der Erste gewesen wäre, den er angerufen hätte, war er irgendwie sauer, weil er seine Theorie über den Zusammenhang zwischen Hans Vannerberg und Ingrid Johansson nicht ernst genommen hatte. Und auf Rosén, den er eigentlich sofort über Fortschritte in den Ermittlungen hätte informieren sollen, hatte er im Augenblick keine besondere Lust.
Wenn Ingrid Johansson am Sonntag endlich von ihrer Kreuzfahrt zurückgekehrt war, musste er unbedingt mit ihr reden. Er entschied, das Ganze bis dahin auf sich beruhen zu lassen. Jetzt würde er ins Wochenende gehen, und sei es nur für einen Tag, und den Rest des Tages seiner Familie widmen.
*
Petra Westman hatte am Freitagabend nicht einschlafen können. Das Gespräch mit dem Staatsanwalt am Nachmittag war ihr auf den Magen geschlagen. Bis zwei Uhr nachts hatte sie im Dunkeln wach gelegen und ihre schwierige Situation hin- und hergewälzt. Am Ende war sie hungrig geworden und hatte aus diesem Grunde nicht einschlafen können. Sie war in die Küche gegangen, hatte zwei Butterbrote gegessen und ein Glas Milch getrunken, wodurch sie zwar satter, aber nicht müder geworden war. Bis halb fünf hatte sie gelesen, dann erst fielen ihr die Augen zu.
Sie wachte erst gegen Mittag auf, weil das Telefon klingelte.
»Hab ich dich geweckt?«
»Nein«, sagte Petra schlaftrunken.
Sie schaute auf die Uhr, Viertel nach zwölf. Sie versuchte, schnell wach zu werden. Reiß dich jetzt zusammen, Petra. Dies war der Anruf, auf den sie die ganze Woche gewartet hatte. Håkan Carlberg rief aus Linköping an.
»Störe ich?«
»Ja, hast du wirklich. Also nicht gestört, sondern mich geweckt.«
Er lachte in den Hörer.
»Ich bin erst um halb fünf eingeschlafen«, entschuldigte sich Petra. »Der Staatsanwalt will mir eine Abmahnung erteilen, weil ich gesetzeswidrige Abfragen in den Polizeidatenbanken durchgeführt habe. Ich soll über das Wochenende einen schriftlichen Bericht darüber erstellen, was ich getan habe und warum.«
»Dann habe ich vielleicht etwas, das deine Schmerzen lindern könnte«, sagte Håkan Carlberg.
Petras Oberkörper schoss hoch, und mit einem Mal war sie hellwach.
»Du hattest Alkohol im Blut, aber es war so wenig, dass du zum Zeitpunkt der Blutentnahme hättest Auto fahren dürfen.«
»Das wäre, glaube ich, nicht so klug gewesen«, sagte Petra.
»Nein, das glaube ich auch nicht. Denn du hattest so viel Flunitrazepam im System, dass es selbst einen Hundert-Kilo-Kerl umgehauen hätte.«
»Ist das dein Ernst? Was ist das für ein Zeug?«
»Rohypnol – die Vergewaltigungsdroge. Wie viel wiegst du?«
»Sechzig Kilo ungefähr.«
»Das hab ich mir gedacht. Du musst schätzungsweise sechs Tabletten à 0,5 Milligramm verabreicht bekommen haben. Die Normaldosierung als Schlafmittel ist eine einzige dieser Tabletten. Ich bin zugegebenermaßen ziemlich beeindruckt, dass du nach vier Stunden
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