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Pfeilgift: Katinka Palfys Siebter Fall

Pfeilgift: Katinka Palfys Siebter Fall

Titel: Pfeilgift: Katinka Palfys Siebter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friederike Schmöe
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Blick auf den in der Sonne glitzernden Main und verschwieg Paula, dass Tötungsdelikte zu über neunzig Prozent Beziehungstaten waren. Dass die Polizei so gut wie immer den Mörder fand, sobald sie das Umfeld ausgeleuchtet hatte. So würde es auch bei Paula sein. Die Familie, die Arbeitskollegen. Große Mysterien waren nicht zu erwarten. Ich habe damit nichts zu tun, redete sie sich zu. Es ist nicht mein Fall.
    »Hagen hat vor ein paar Jahren eine Grabstätte für uns gekauft. Wir waren in der Nähe von Ebrach unterwegs und stießen oberhalb des Ortes auf einen kleinen Friedhof. Beschaulich, mit Apfelbäumen jenseits der Mauer und einer winzigen Kapelle. Damals philosophierten wir gerade viel über den Tod, und Hagen kam auf die Idee, auf diesem Minifriedhof ein Grab zu kaufen. Eine ziemlich verrückte Sache, mit dreißig ein Grab zu besitzen. Es geschah aus einer Laune heraus. Ein Tag wie heute, und dazu die herrliche Gegend…«
    Katinka schaltete die Scheinwerfer an. Sie fuhren in den Tunnel Schwarzer Berg. Eine zweite Röhre wurde gerade gebaut, und der Verkehr verengte sich auf zwei Spuren. Katinka mochte Tunnel nicht, und den Schwarzen Berg schätzte sie nur deshalb, weil er kurz war, nicht einmal einen Kilometer lang. Die Augen wollten sich eben an die Dunkelheit gewöhnen, da glitten sie schon wieder über den sonnenbeschienenen Asphalt.
    »Hagens Mutter weiß das noch gar nicht. Die alte Bernhild kriegt einen hysterischen Krampf, wenn sie es erfährt. Seiner Schwester ist es wahrscheinlich deswegen schwer ums Herz, weil ihr Hauptsponsor jetzt von der Bühne abgetreten ist.«
    »Hauptsponsor?« Katinka überholte einen Pferdetransporter.
    »Marie snifft so ziemlich alle Pülverchen, die zu haben sind. Vielleicht kocht sie sich auch die Süppchen selbst zusammen. Hagen hat ihr schon zwei Entziehungskuren bezahlt.«
    »Zahlt das nicht die Krankenkasse?«
    »Für Marie sollte es die beste Privatklinik sein. Genützt hat es nicht, spätestens nach fünf Wochen war sie rückfällig.«
    Katinka dachte an Paulas Alkoholproblem und setzte den Beetle wieder auf die rechte Spur.
    »Für jüngere Geschwister fühlt man sich verantwortlich«, dozierte Paula. »Mit Goddi geht mir das ähnlich. Er ist vier Jahre nach mir zur Welt gekommen und musste immer besonders gefördert werden. Er tat sich mit allem schwer. Unsere Mutter starb früh, da war ich acht und Goddi vier. Goddi pinkelte nachts ins Bett, bis er zehn war. Die Ärzte sagten, das wäre die seelische Belastung durch Mamas Tod. Papa machte ihn fertig. Bettnässer passen nicht in sein Weltbild. Mein Bruder hat ziemlich unter seiner autoritären Fuchtel gelitten. Bis er in ein Internat kam, da war er zwölf und schon als Schulversager abgestempelt. Aber die Patres haben ihn wieder flottgekriegt.« Paula lachte auf. »Klingt witzig, oder? Ich mag schräge Formulierungen.«
    »Wusste Hagen, dass du die Scheidung eingereicht hast?«
    »Ich habe sie noch nicht offiziell eingereicht. Nur mit dem Anwalt gesprochen und die Modalitäten geklärt. Nach dem Bogenschießkurs wäre es losgegangen.«
    Katinka pfiff leise durch die Zähne. Sie konnte sich zusammenreimen, welche Diskussionen dieses pikante Detail in der Ermittlungsgruppe der Polizei auslösen würde. Ermordete eine Frau, die ihre Scheidung mit einem Anwalt besprach, zeitgleich ihren Ehemann?
    »Ich muss da jetzt irgendwie durch«, murmelte Paula. »Hast du Geschwister?«
    »Eine Schwester. Auch jünger.« Katinka lachte. »Die Phase, in der ich mich für sie verantwortlich fühlte, habe ich abgehakt. Sie lebt mit wechselnden Partnern in Wien und führt ein Literaturcafé. Wahrscheinlich nimmt sie wenig Geld ein, aber in ihrem Fall sponsert unser Vater.«
    Paula schnaubte.
    »Hattet ihr einen Ehevertrag?«, wollte Katinka wissen.
    »Klar. Gütertrennung. Mit der Firma verdienten wir beide Geld. Ich fand das albern und altmodisch, diese Geschichte mit dem Zugewinn. Wir haben eine moderne Ehe geführt, in der jeder sein eigenes Konto hat.«
    Katinka gewöhnte sich nur schwer daran, Menschen, mit denen sie gerade Umgang hatte, ganz rational der Überlegung zu unterziehen, ob sie töten könnten. In einem bestimmten Fall getötet hatten. Sollte die Polizei den Ehevertrag checken. Nicht mein Fall, prägte Katinka sich ein.
    Links kam das Kernkraftwerk Grafenrheinfeld in Sicht. Dicke Dunstschwaden trieben aus den Kühltürmen. An der Ausfahrt ›Hafen‹ fuhr Katinka von der Autobahn ab und ließ sich geduldig von Paula

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