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Pferdesommer mit Lara

Pferdesommer mit Lara

Titel: Pferdesommer mit Lara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Isbel
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die Luft. Dann hörten wir fernes Hufgetrappel.
    Bonnie stürmte den Trampelpfad zum Waldrand hinunter. Jago und Fee drängten sich am Zaun und sahen mit ihren großen dunklen Augen unverwandt in die Richtung, aus der der Hufschlag kam. Ich musste an einen Artikel denken, den meine Mutter mir kürzlich aus einer Zeitschrift vorgelesen hatte. Darin stand, dass Pferde zwar nur halb so scharf sehen wie wir Menschen, dass aber die Dichte ihrer Sehzellen hundertmal größer ist. Deshalb können sie Gefahren, die in der Ferne auftauchen, schon sehr früh erkennen.
    »Ich glaube, es ist Elisa mit Robin«, sagte Arne. »Sie wollte heute in den Reitklub.«
    »Aber das klingt nach einer ganzen … Kavalkade.« Ich wunderte mich, dass mir das Wort einfiel. Wahrscheinlich stammte diese Weisheit aus einem der alten Wildwestfilme, die ich früher so gern gesehen hatte. Erst seit Kurzem wusste ich, dass man die Pferde bei den Dreharbeiten meistens brutal geschunden und fast zu Tode gehetzt hatte.
    Es war wirklich eine kleine Kavalkade: drei Pferde, eines davon der Rotfuchs Robin mit Elisa; die beiden anderen - ein Schimmel und ein Grauer - mit zwei unbekannten Reitern auf dem Rücken.
    »Wen bringt sie da mit?«, murmelte Arne. »Die kommen sicher aus Dianenruh.«
    Es waren ein Mädchen und ein Junge, beide dunkelhaarig und offensichtlich Geschwister, denn sie hatten die gleichen hohen Backenknochen und etwas schräg gestellten Augen. Ich fand, dass sie beneidenswert gut im Sattel saßen, hoch aufgerichtet und doch mit jenen leichten, wiegenden Bewegungen des Beckens, die dem Rhythmus ihrer Pferde folgten.
    Beide waren ziemlich aufgestylt mit taillierten schwarzen Jacken, braunen Reithosen mit glattem Lederbesatz an den Innenseiten der Schenkel und glänzenden schwarzen Reitstiefeln. Genau wie Elisa trugen sie statt eines Reithelms die hübschen, altmodischen Reitkappen aus Samt, die viel besser aussehen, aber auch weniger Sicherheit bieten.
    Elisa wirkte total verwandelt. Ihre verdrossene Miene hatte sich aufgehellt, sie sah strahlend und entspannt aus. Sogar ihre Stimme war aufgekratzt, als sie sich aus dem Sattel schwang und sagte: »Hi, Arne! Das sind Lily und Erik Vandamme. Wir kennen uns von Dianenruh.«
    Den Namen »Vandamme« betonte sie, als hätte er einen besonderen Klang und müsste uns vor Ehrfurcht und Staunen erschauern lassen. »Sie sind auch Mitglied im Reitklub - ziemlich lange schon, nicht? Das ist mein Bruder Arne. Er ist noch pferdenärrischer als ich.«
    Mich übersah sie, als wäre ich nicht vorhanden, aber das war ich inzwischen von ihr gewöhnt. Die Geschwister Vandamme saßen noch immer auf ihren Pferden. Ich beobachtete, wie das Mädchen Arne musterte, mit einem raschen, abschätzenden Blick. Dann glitten ihre Augen kurz über mich und kehrten wieder zu Arne zurück. Sie lächelte, schwang sich anmutig aus dem Sattel und streckte ihm die Hand entgegen.
    »Hallo!«, sagte sie. »Nett, dich kennenzulernen. Deine Schwester hat uns schon richtig von dir vorgeschwärmt.« Das letzte Wort kam mit einer Betonung, die ich affig fand.
    Arne hielt Bonnie am Halsband fest, lächelte höflich zurück und gab ihr die Hand. »Hallo«, murmelte er.
    Auch Erik war vom Pferd gesprungen. Sein Schimmel war außergewöhnlich groß und edel und machte einen nervösen Eindruck.
    »Hi!«, sagte er lässig. »Ihr habt hier ja ein riesiges Areal. Ist das alles euer Land?«
    Es klang irgendwie gönnerhaft, aber vielleicht bildete ich mir das auch nur ein. Arne fand keine Zeit zu antworten, denn Lily hatte sich eingemischt.
    »Wir wohnen nur ein paar Kilometer von hier, im Wolfsgrund. Unser Vater hat vor ein paar Jahren die alte Villa gekauft, die früher dem Besitzer der Eisenhütte gehörte. Sie war total abgewrackt, aber wir haben sie umbauen lassen, mit viel Glas und so. Kürzlich kam sogar ein Artikel in Architektur und Wohnen über unser Haus.«
    Ich war froh, dass sie die Villa im Wolfsgrund gekauft hatten, und nicht Eulenbrook. Sie taten alle drei, als gäbe es mich nicht. Ich kam mir minderwertig und überflüssig vor. Weil ich keine Lust hatte, länger das fünfte Rad am Wagen zu spielen, drehte ich mich um und ging betont langsam über die Koppel zu den beiden Eichen, wo Lara stand und ihren Rücken an einem der Baumstämme scheuerte.
    Jago und Fee drängten sich noch immer wie neugierige Kinder am Gatter, flehmten und streckten die Köpfe über den Balken. Der Schimmel und der Graue warteten auf dem Pfad. Ich hörte sie

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