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Pflicht und Verlangen

Pflicht und Verlangen

Titel: Pflicht und Verlangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Landys
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geblendet, war er berauscht
von ihrem engelhaften Äußeren gewesen? Oder hatte er gar
auf Druck seines Vaters, wie es verschiedentlich schon in seinen
Ausführungen angeklungen war, gehandelt?
    Es
war nicht an ihr, das herauszufinden, sagte sie sich streng. Doch
während sie die Bruchstücke, die sie schon zweifelsfrei
zugeordnet hatte, zusammenlegte, beschlich sie ungewollt die Frage,
ob er möglicherweise sie selbst als geeignetere Partnerin
empfand. Diese Idee machte sie schwindelig und ließ ihr Herz
einen Augenblick lang hüpfen, bevor sie sich wieder zur Ordnung
rief. Gedanken solcher Art hatte sie sich streng verboten, und so
musste es bleiben. Deshalb wandte sie sich nun umso konzentrierter
der Lösung des vor ihnen liegenden, wissenschaftlichen Problems
zu.

    ******

    Es
war alles andere als einfach. Stunden gingen dahin. Sie diskutierten
und erwogen, suchten und verwarfen, blätterten in den
Nachschlagewerken aus Bannings Fundus und erprobten verschiedene
Theorien. Es war schließlich Battingfield, der die Lösung
fand. Er gruppierte sämtliche Tonscherben neu und orientierte
sich dabei an der Maserung der Tonglasuren. Schließlich
entdeckte er, bis auf ein mittelgroßes Stück, das wohl
schon bei der Ausgrabung nicht gefunden worden war, die fehlenden
Teile. Die Musikantengruppe lag nun in ganzer Pracht vor ihnen.
Charlotte hatte mit ihrer Theorie recht behalten. Die
Musikantengruppe spielte mit hoher Wahrscheinlichkeit zu Ehren des
Gottes Apollo, dem die Harfe als heiliges Instrument zugeordnet war.
Es zeigte sich damit, dass auch Lady Battingfield in gewisser Weise
ins Schwarze getroffen hatte. Tatsächlich trug der sitzende
Musikant eine Harfe, die allerdings eine sehr merkwürdige
abgeknickte Form aufwies. Es musste sich um eine in antiken Texten
erwähnte Winkelharfe, ein Trigonon, handeln, wie Charlotte mit
Stolz und Erregung feststellte. Ihres Wissens war ein solches
Instrument bisher noch nicht nachgewiesen worden, ein außergewöhnlich
wertvoller Fund lag also vor ihnen.
    Ein
weiterer Sänger trug eine der bekannteren siebensaitigen
Kitharas, während der dritte eine klassische apollinische Leier
sein Eigen nannte.
    Charlotte
lehnte sich zufrieden zurück, fuhr sich müde mit der Hand
über die Augen und unterdrückte ein Gähnen.
    » Müde?«,
fragte ihr treuer Gefährte der letzten Stunden teilnahmsvoll.
    » Todmüde,
aber überaus glücklich!«, erwiderte Charlotte, reckte
sich und lächelte den Mann, der neben sie getreten war,
strahlend an.
    » Dann
hat sich alle Mühe gelohnt«, sagte er und hob die Hand in
einer Weise, die vermuten ließ, dass er ihr sanft über die
Wange streicheln wollte. Im letzten Moment aber zog er sie zurück,
räusperte sich und trat zur Seite. »Dann schlage ich vor,
Sie gehen jetzt zu Bett. Ich werde mich morgen darum kümmern,
dass Ihre kostbaren Schätze mit äußerster Sorgfalt
wieder in den Lagerschuppen gebracht werden. Und Sie schlafen sich
aus!«, fügte er an, als sie sich gehorsam erhob. »Das
ist eine strikte Anordnung. Ich will Sie hier vor dem Frühstück
auf keinen Fall sehen.«
    » Ich
werde mich daran halten, Captain«, sagte Charlotte, verbeugte
sich leicht und ging dann zur Tür. Als sie die Hand auf den
Türgriff legte, hielt sie noch einmal inne, wandte sich um und
sagte schlicht: »Danke!«
    Battingfield
sah sie mit großem Ernst an: »Ich danke Ihnen ,
Charlotte. Sie glücklich zu sehen, macht mich glücklich!
Schlafen Sie wohl.«
    » Sie
auch, John!«, sagte Charlotte leise und ging hinaus.

Kapitel
19

    » Dr.
Fowler hat sich für heute Nachmittag angemeldet, Gwendolyn!«
Captain Battingfield legte die Serviette ab, mit der er sich nach dem
kleinen Mittagsimbiss den Mund abgetupft hatte, und richtete nun
seine Aufmerksamkeit auf seine Gattin, die keinen rechten Appetit zu
haben schien. »Dein Zustand hat sich ja nicht wirklich
verbessert, ganz im Gegenteil, und so habe ich ihm gestern eine
Nachricht geschickt, dass er doch einmal, wenn er Zeit habe,
vorbeikommen möge, um dich zu untersuchen.«
    » Wie
du meinst, mein Lieber, es lässt sich ja doch nicht vermeiden.
Diese ständige Müdigkeit macht mir wirklich zu schaffen,
zudem plagt mich seit Neuestem immer wieder Übelkeit.
Hoffentlich weiß er ein Heilmittel. Ich würde mich doch
sehr grämen, wenn ich in London nicht ganz auf der Höhe
wäre.« Lady Battingfield sprach seit Tagen über
nichts anderes mehr als über die geplante Reise nach London. Der
Earl of Mornington besaß ein

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