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Pflicht und Verlangen

Pflicht und Verlangen

Titel: Pflicht und Verlangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Landys
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hütete sich aber, es
auszusprechen. Stattdessen bestärkte sie die Glückliche in
ihrem Entschluss. Je weiter sie selbst von John Battingfield entfernt
war, desto besser für alle Beteiligten. Vielleicht würde
ihm das auch helfen, sie möglichst schnell zu vergessen.
    Dann
aber entschuldigte sie sich bei Lady Battingfield und eilte in ihr
Zimmer, wo sie in fliegender Hast ihre Habseligkeiten, Bücher
und Kleidungsstücke in ihre Reisekiste warf und verschnürte.
Viel war es ohnehin nicht. Anschließend zog sie schnell ihr
wärmeres Reisekleid an, warf sich ihren alten Mantel um, lief
durch den Gang des Westflügels, in dem ihr Zimmer lag und die
Treppe hinunter, begleitet von der Furcht, noch einmal John zu
begegnen. Das hätte sie wohl nicht ertragen können. Leise
stahl sie sich durch die Eingangshalle, öffnete die Vordertür
und entfernte sich dann, so schnell sie konnte, von der durch die
Fenster des Herrenhauses erleuchteten Auffahrt. Es gelang. Niemand
hatte sie gesehen. Entschlossen machte sie sich auf den Weg in die
inzwischen stockdunkle Nacht.

Kapitel
21

    Dr.
Bannings Pfarrsitz war nur eine knappe Dreiviertelmeile von Dullham
Manor entfernt. Ein breiter Weg führte direkt vom Herrenhaus zum
dazugehörigen Pfarrhaus. Wenn sie sich beeilte, würde sie
in einer halben Stunde dort vorsprechen können. Es regnete immer
noch und der Mantel schützte sie nicht zuverlässig vor dem
herabströmenden Wasser. Sie spürte es kaum. Zum zweiten Mal
an diesem Tag wurde sie durchnässt, aber was machte das schon.
Wichtigere Dinge standen nun im Vordergrund, die sie dringend zu
klären hatte. Mit Entschlossenheit und festem Schritt legte
Charlotte den Weg zurück und ließ sich auch von Pfützen
und Schmutz nicht abhalten. Als sie endlich das hübsche, als
repräsentatives Cottage errichtete Pfarrhaus erreichte, stellte
sie erleichtert fest, dass noch Licht brannte. Inständig
hoffend, dass ihr Dr. Banning noch Einlass gewähren würde
zu dieser späten Stunde, klopfte sie an die Eingangstür,
die ihr kurze Zeit später von der mürrischen Mrs
Copperfield geöffnet wurde.
    » Dr.
Banning empfängt nicht mehr«, erklärte die
Haushälterin abweisend.
    Aber
Charlotte ließ sich nicht fortschicken. »Bitte, Mrs
Copperfield, es ist sehr wichtig. Ich will auch nicht lange bleiben.«
    Da
öffnete sich die Tür zum Salon und die vertraute, leicht
gebeugte Gestalt von Dr. Banning wurde sichtbar. Kaum des Besuchers
gewahr geworden, begann er sofort zu schimpfen: »Um Christi
willen, Mrs Copperfield! Sie werden doch diesem nassen Menschenkind
nicht die Tür weisen! Ich sollte Sie in Zukunft Zerberus nennen,
so wie Sie sich aufführen.« Dann erst bemerkte er im
Dämmer des Eingangsbereichs, um wen es sich bei dem späten
Gast handelte. Er erschrak sichtlich.
    » Miss
Charlotte, was ist denn nur geschehen, dass Sie noch zu so später
Stunde und bei diesem Hundewetter zu mir wollen? Kommen Sie doch
herein. Schnell, ins Warme! Sie werden sich noch den Tod holen!«,
sagte er väterlich besorgt, um dann in umso energischerem Ton
seine Haushälterin anzufahren: »Und Sie, Mrs Copperfield,
bringen bitte ohne weitere Verzögerung Tee, etwas Suppe –
die von heute Abend, die war ganz ausgezeichnet – ein paar
Handtücher und eine Wolldecke.«
    Dann
wandte er sich wieder Charlotte zu und führte sie in den
Wohnraum, in dem ein prasselndes Kaminfeuer wohlige Wärme
verbreitete. Er platzierte die tropfnasse Charlotte in der Nähe
des Kamins und ruhte nicht eher, bis sie abgetrocknet, in eine Decke
gewickelt und mit Tee und Suppe versorgt war. Erst jetzt bemerkte
Charlotte, dass sie wirklich sehr hungrig war. Sie hatte seit dem
Frühstück nichts mehr gegessen und die seelische
Erschütterung wie auch der stundenlange Aufenthalt im Wald hatte
sie viel Kraft gekostet. Dankbar lächelte sie Dr. Banning an und
aß brav ihre Suppe. Der alte Seelsorger wusste, dass sie
sprechen würde, sobald sie dazu bereit war und drängte sie
nicht, dennoch befürchtete er Schlimmstes. Was mochte die junge
Frau, die er als sehr besonnen und auch nervenstark einschätzte,
so erschüttert haben? Er verbot sich Spekulationen, die sich ihm
unweigerlich aufdrängten und beschloss abzuwarten. Schließlich
wurde seine Geduld belohnt.
    » Dr.
Banning«, begann Charlotte zögernd und wickelte sich enger
in die Wolldecke ein, »ich musste einfach zu Ihnen kommen, weil
ich Ihren Rat brauche. Es sind«, sie biss sich auf die Lippen,
nach den richtigen Worten suchend,

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