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Pflicht und Verlangen

Pflicht und Verlangen

Titel: Pflicht und Verlangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Landys
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es an der Zimmertür und auf ihr mehr gehustetes als
gesprochenes »Herein« trat Ruby gefolgt von Dr. Trevelyan
ein.
    Der
Doktor war ein stattlicher Mann in den besten Jahren und strahlte die
Besonnenheit und Sachkenntnis eines erfahrenen Arztes aus. Charlotte
mochte ihn. Sie kannte ihn von seinen Besuchen bei Sir Alistair und
wusste, dass er, obwohl seiner ärztlichen Kunst im Fall ihres
Onkels enge Grenzen gesetzt waren, sein Bestes tat, um seinem
Patienten Linderung zu verschaffen.
    » Und
wie geht es unserer Patientin heute?«, fragte Dr. Trevelyan,
als er an ihr Bett trat und prüfend die Hand auf ihre Stirn
legte, »das hohe Fieber scheint immerhin gesunken zu sein.«
    » Miss
Millford hatte in der Nacht sehr hohes Fieber, aber Mrs Sooner und
ich haben ihr kalte Wickel gemacht, bis es besser wurde, Sir«,
sagte Ruby, die an der Tür wartend Position bezogen hatte und
etwas kokett knickste, wie es ihre Art war.
    » Das
hast du gutgemacht. Gib meinen Dank auch an Mrs Sooner weiter«,
sagte Dr. Trevelyan freundlich zu Ruby und meinte dann an Charlotte
gewandt: »Ihre Köchin hat beachtliche Kenntnisse in
Kräuterheilkunde und weiß von vielen alten Hausmitteln,
das habe ich schon des Öfteren festgestellt. Auch wenn es sich
dabei nur um überliefertes Volkswissen handelt und nicht um
medizinische Wissenschaft, so ist ihr Urteil meistens hilfreich und
richtig. Ich bin ganz froh, dass sie ein Auge auf Sie hat. Sie haben
mir gestern Sorgen gemacht. Neben der fiebrigen Erkrankung, die Sie
sich zugezogen haben, schienen Sie mir völlig entkräftet zu
sein, als hätte Sie etwas sehr erschreckt oder erschüttert.
Die Krankheit hat Ihren Zustand nicht ausreichend erklärt.
Wollen Sie sich mir nicht anvertrauen, meine Liebe? Immerhin bin ich
Ihr Arzt.«
    Charlotte
wagte nicht, ihn anzusehen und schwieg. Sollte sie ihm von ihren
Sorgen erzählen? Sollte sie berichten, dass sie sich vor Terency
bis ins Mark fürchtete, da sie mit Recht annahm, dass er sich
bei der ersten Gelegenheit, die sich böte, an ihr vergreifen
würde. Konnte sie ihm davon erzählen, wie unerwünscht
sie auf Millford Hall war und dass ihre Tante sie nicht nur um jeden
Preis zu verschachern gedachte, sondern auch keine Gelegenheit
ausließ, sie zu demütigen und ihre Ablehnung offenkundig
werden zu lassen?
    Und
schließlich, war es denn möglich, dass sie ihm von dem
tiefsten Schmerz berichtete, der starken, aber hoffnungslosen Liebe
zu einem verheirateten Mann, die ihr buchstäblich das Herz
brach? Seit sie John verlassen hatte, begleitete sie die Qual über
die Trennung von dem Mann, den sie nicht lieben durfte, wie ein
ständig erklingender, störender Misston, der immer lauter
zu werden schien.
    Es
war ausgeschlossen, etwas von ihrer Last abzuwerfen. Der Schmerz, der
sie am stärksten peinigte, musste ihres und Johns Geheimnis
bleiben, vor allem um seinetwillen. Was Terency betraf, gab es leider
keine Zeugen von seinem beabsichtigten Angriff auf sie. Er würde
behaupten, er sei aufgesprungen, um ihr zu Hilfe zu kommen. Wie
konnte sie als junge Frau ohne ausreichende Reputation auch nur in
Erwägung ziehen, ihn, einen Vertreter des Hochadels, in
Misskredit zu bringen? Das war undenkbar, geradezu lächerlich.
Die Reaktion ihrer Tante, nämlich die berechtigten Zweifel an Mr
Terencys Ehrenhaftigkeit schlicht nicht zur Kenntnis zu nehmen, war
so verwunderlich nicht. Es konnte eben einfach nicht sein, was nicht
sein durfte und wer anderes behauptete, war schlicht ein Lügner.
Das Verbrechen an Emmy als Beweis anzuführen schied nach
menschlichem Ermessen aus. Einer Dienstmagd würde erst recht
niemand Gehör schenken. Und schließlich waren die Probleme
und Meinungsverschiedenheiten mit ihrer Tante in Charlottes Augen
kein hinreichender Grund, um sich bei ihrem Arzt auszuweinen. Das
erschien ihr unwürdig und kindisch. So blieb ihr nur das
Schweigen als Antwort auf die besorgte Frage Dr. Trevelyans. Dieser
schaute sie einige Zeit prüfend an, dann aber zuckte er mit den
Schultern und wandte sich, sichtlich reservierter, von ihr ab.
    » Nun
gut, Miss Millford, ich kann Sie nicht zwingen, mir zu sagen, was Sie
so beunruhigt, dass eine Art Nervenfieber Sie niedergestreckt hat.
Aber ich rate Ihnen, sich in nächster Zukunft von Aufregungen
jedwelcher Art fernzuhalten. Ihr Zustand gestern Abend war keine
Bagatelle. Es könnte sein, dass Ihre Physis bei einem erneuten
Zusammenbruch dieser Art Schaden nimmt und das werden Sie ja nicht
wollen, nicht wahr?« Er

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