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Pflicht und Verlangen

Pflicht und Verlangen

Titel: Pflicht und Verlangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Landys
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so hatten die
tagelangen Übungen im freien Gelände doch eine Wende
herbeigeführt. Sie war deutlich sicherer im Sattel geworden.
Selbst Dave, der sich zunächst nach dem ersten entmutigenden
Ausritt unwillig und ablehnend gezeigt hatte gegenüber dem
»Wahnsinn«, wie er das Unterfangen nannte (und was es ja
ohne Zweifel auch war), hatte ihr zum Schluss ein anerkennendes
Lächeln geschenkt. Gesetzt den Fall, sie bekäme ein braves,
erfahrenes Pferd zugeteilt – so hatte er abschließend
beschieden –, sei sie nunmehr der Sache durchaus gewachsen.
Charlotte wagte nun zu hoffen, dass es ihr gelingen würde, die
Jagd heil zu überstehen. Sie hatte sich vorgenommen, Terency
keinen Zentimeter nachzugeben und ihm einen harten Kampf zu liefern.
Sicher würde sie dadurch seinen unerklärlichen Hass auf
ihre Person weiter anstacheln, aber es war der einzige gangbare Weg.
Sich in die Rolle des hilflosen Frauenzimmers zu begeben, wäre
vermutlich noch weitaus gefährlicher.
    Auch
hoffte sie, dass es nun nicht mehr allzu lange dauern würde, bis
Dr. Banning den Nachlass ihres Vaters gewinnbringend verkauft habe.
Eines hatte sie sich fest vorgenommen: Sobald sie im Besitz des
Geldes wäre, würde sie fliehen! Sie plante, sich irgendwo
niederzulassen, wenn es sein musste unter falschem Namen. Auf ihren
Onkel konnte sie angesichts der Umstände keine Rücksicht
mehr nehmen, so sehr sie dies auch bedauerte. Charlotte streifte ihre
Tante, die mit verbissenem Gesicht ihr gegenüber in der Kutsche
saß, mit einem nachdenklichen Blick. Ob sie unter anderen
Umständen vielleicht etwas freundlicher gewesen wäre?
Charlotte bezweifelte es. Obwohl Lady Millford durchaus Qualitäten
besaß, fehlten ihr die wichtigsten Tugenden: Mitgefühl und
menschliche Wärme. Eigentlich ein armes und verschenktes Leben,
sinnierte die junge Frau. Trotz der steten Mühe und Sorgfalt,
die sie Sir Alistair und vor allem dessen Besitz hatte angedeihen
lassen in langen Jahren, drohte ihr nun der Verlust ihrer so
geschätzten Privilegien. Lady Millford bemerkte den kritischen
Blick ihrer Nichte und fragte böse: »Nun? Hast du schon
wieder einen Grund gefunden, dich zu beschweren? Lass dir sagen: Es
interessiert mich nicht im Geringsten! Ich erwarte, dass Mr Terency
dir an diesem Wochenende einen Antrag macht und den wirst du
annehmen! Sicher weiß er – im Gegensatz zu dir –
die Vorteile einer solchen Verbindung einzuschätzen, zumindest
hat er so etwas angedeutet.«
    Charlotte
lachte unwillkürlich spöttisch auf. Welch lächerlichem
Wahn war ihre Tante doch verfallen! Sie glaubte wirklich, dass ihr
Wohl und Wehe von diesem gewissenlosen Mann abhing und dass dieser
ehrliche Absichten hegte. Dass er Lady Millford nur benutzte für
seine schmutzigen und verbrecherischen Spiele, schien ihr wirklich
nicht bewusst zu sein. Das böse Erwachen würde allerdings
nur allzu bald folgen, daran bestand kein Zweifel.
    Sie
verspürte jedoch keine Neigung, sich auf einen weiteren Disput
mit ihrer Tante einzulassen, daher zog sie es vor zu schweigen und
wandte ihren Blick ab. Was sollte ein Streit noch nützen? Es war
alles gesagt, was zu sagen war. Sie musste jetzt all ihre Kraft und
Geistesgegenwart darauf verwenden zu überleben, bis sie endlich
fliehen konnte. Wieder einmal ging ihr die Frage durch den Kopf, ob
sie nicht doch Johns Flehen hätte nachgeben sollen. Wenigstens
wäre sie dann in Sicherheit und mit dem Mann vereint, der sie
aufrichtig liebte, wenn auch gesellschaftlich geächtet. Und
wieder verwarf sie diese verlockende Möglichkeit. Der Preis wäre
zu hoch gewesen. Auf dem Weg, den sie gewählt hatte, trug sie
wenigstens nur Verantwortung für ihr eigenes kleines Dasein.
Immerhin bestand doch nun die vage Möglichkeit, dass sie durch
eigenes Handeln ihrer Zwangslage glücklich entkam. Außerdem
hatte sie ihre Entscheidung bereits gefällt. Es war müßig,
darüber nachzudenken, was hätte sein können.
    Angestrengt
schaute sie auf die schöne englische Landschaft, die an diesem
strahlenden Frühlingsmorgen an ihr vorbeizog und betete, dass es
ihr gelingen möge, die kommenden drei Tage unbeschadet zu
überstehen.

    ******

    Die
eintreffenden Gäste sammelten sich in der hohen Eingangshalle
des hochherrschaftlichen Landsitzes. Das beeindruckende Gebäude
entstammte im Kern noch der Zeit der Normannen und glich einer
Burganlage mit Zinnen und Türmen. Rockbury Castle war nicht der
einzige Sitz des Geschlechts, dem Terency angehörte, jedoch
derzeit sein

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