Pflicht und Verlangen
nichts
hören. Sie sagt, dass es uns Menschen nicht ansteht, unser Glück
zu sehr festhalten zu wollen. Sie wissen, wie unbeirrbar sie in ihren
Ansichten ist. Es sei ein unverdientes Geschenk, meint sie, so wie
auch das neue Leben in ihr, auf das sie sich so sehr freut, dass ihr
das Glück aus den Augen strahlt. Auch ich freue mich darauf.
Edward
Peary übrigens ist endlich zurück von seiner zweiten
Expedition. Er war nun doch zwei Jahre unterwegs. Gut, dass ich mich
damals dagegen entschieden habe. Auch diesmal hat er die Passage
nicht gefunden, dafür aber einige neue Inseln entdeckt. Sie
werden nach ihm benannt werden. Er war zunächst enttäuscht,
als ich ihm für die zweite Expedition absagte, aber ich hätte
meine Charlotte um nichts in der Welt mehr verlassen wollen. Er war
dann ja bei unserer Trauung kurz vor Weihnachten 1818 hier auf
Dullham, wie Sie sich vielleicht erinnern. Er kommt nun übermorgen
wieder zu uns nach Dullham Manor. Auch Dr. Banning wird dann
regelmäßig hier sein. Würden Sie uns nicht auch die
Ehre erweisen wollen? Walter würde sich auch sehr freuen. Er
schätzt Sie sehr, seit er Sie bei den Hochzeitsfeierlichkeiten
kennengelernt hat.
Der
Grund des Treffens ist, dass ich Peary zumindest habe versprechen
müssen, mit ihm zusammen sein Buch über die nördliche
nautische Astronomie zu überarbeiten. Meine eigenen
Aufzeichnungen von der ersten Expedition werde ich dabei einfließen
lassen. Peary schlug vor, auch Miss Herschel dazuzubitten. Sie hat
eingewilligt und wird ebenfalls nächste Woche auf Dullham Manor
eintreffen. Die beiden kennen sich wohl gut aus der Zeit, als Miss
Herschel noch in Bath lebte. Da ich Charlottes wegen einen
Kutschenweg zum Observatorium habe anlegen lassen, können wir
uns sehr bequem unseren Studien widmen. Charlotte ist deshalb
aufgeregt wie ein Kind an Weihnachten und will natürlich
unbedingt teilnehmen. Ein Wunsch, den ich ihr nur allzu gern erfülle.
Es ist eine wahre Freude für mich zu beobachten, wie sie durch
das Haus eilt und alles vorbereitet. Sie hat sich schon vor Jahren
sehr gewünscht, die von ihr so verehrte Dame einmal
kennenzulernen. Sie können es sich sicher denken, Sie kennen
meine Charlotte ja auch sehr gut.
Was
gibt es noch zu berichten?
Jenkins
hat sich als wahrer Glücksgriff erwiesen. Das Gestüt auf
Millford Hall gedeiht unter seiner Führung prächtig und
wirft einen satten Gewinn ab. Er wird übrigens heiraten. Er hat
Gefallen an Charlottes treuer Mrs Sooner gefunden. Die beiden sind
ein wunderbares Paar und Charlotte ist sehr glücklich über
diese Entwicklung. Sie plant übrigens, Millford Hall zumindest
zum Teil auch für die Stiftung zu nutzen. Ich bin gespannt, was
ihr nun wieder einfällt, aber ihre Ideen sind in der Regel
brillant.
Sie
sehen, es ist viel geschehen und alles entwickelt sich prächtig.
Da Sie, mein lieber verehrter Dr. Williams, daran einen großen
– wenn nicht gar den größten! – Anteil haben,
indem Sie meiner über alles geliebten Charlotte mit Ihrer
ärztlichen Kunst und der hingebungsvollen Pflege das Leben
retteten, können Sie meiner immerwährenden Dankbarkeit und
tiefen Freundschaft versichert sein. Was wäre ohne Sie aus uns
geworden? Ich mag nicht daran denken!
Deshalb:
Zögern Sie nicht und besuchen Sie uns bald!
In
froher Erwartung
Ihr
Freund
John
Battingfield
Nachwort
Die
Grandes Dames des klassischen englischen Frauenromans, Jane Austen
und die Brontё-Schwestern, begeistern bis heute die Leserschaft
zu Recht. Leider haben sie, bedingt durch frühen Tod und die
Schwierigkeiten, sich als schreibende Frauen in einer ausschließlich
den Männern vorbehaltenen Welt überhaupt durchzusetzen, nur
wenig hinterlassen. Ein Umstand, den die Nachwelt bedauern muss.
So
bleibt dann den begeisterten Leserinnen und Lesern nur die
Möglichkeit, selbst Romane in der Tradition der verehrten
Autorinnen zu verfassen und zu hoffen, wenigstens einigermaßen
den Ton und die Denkungsart der damaligen Zeit zu treffen, die uns
dank der schriftlichen Zeugnisse der genannten Autorinnen immerhin
authentisch erhalten sind.
Was
uns aber in den historischen Romanen einer Jane Austen auffällt,
ist, dass sie gesellschaftskritische und politische Themen völlig
ausklammert. Ein Thema, das zumindest bei Charlotte Brontё in
ihrem großartigen Roman »Jane Eyre« schon stärker
durchklingt, starken Niederschlag aber in den Werken von Elizabeth
Gaskell (»North and South«) findet. Die beiden
letztgenannten
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