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Pflicht und Verlangen

Pflicht und Verlangen

Titel: Pflicht und Verlangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Landys
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sogar eine nicht unerhebliche
Apanage von über 1.000 £ (von anderen Mätressen wird
berichtet, dass sie bis zu 5.000£ erhielten). Die Dame erhielt
auch von anderer Seite entsprechende Bezahlung und lebte luxuriös.
Später veröffentlichte sie ihre pikanten Memoiren, die
schnell zum Bestseller avancierten. Dies alles war möglich,
solange die Ehe der ranghohen Persönlichkeit selbst unangetastet
blieb. Ehebruch, der in einer Scheidung mündete, führte
jedoch regelmäßig zu enormen Skandalen. Der Prinzregent,
der sich nach kurzer Zeit von seiner angetrauten Gattin, der
deutschen Prinzessin Lieven, scheiden lassen wollte, musste dies
schmerzlich erfahren. Sein Begehr führte zu einer ausgewachsenen
Regierungskrise. Der Prinz wurde in den Straßen Londons von
einem wütenden Mob attackiert, der ihn unverblümt
beschimpfte und selbst die gesamte bessere Gesellschaft schlug sich
auf die Seite der ebenfalls nicht unumstrittenen Prinzessin.
Insgesamt ist aber die moralische Haltung der Gesellschaft als sehr
schillernd, gleichsam schizophren zu bezeichnen. Sie schwankte
zwischen den Extremen großer Freizügigkeit und
ausgeprägter Prüderie. Als markantes Beispiel mag hier Lady
Melbourne, die Mutter des späteren Whig-Premierministers,
gelten. Von der intelligenten, gebildeten und weltgewandten Dame, die
sich auch einen Namen als Whig-Gastgeberin machte, ist bekannt, dass
nur ihr ältester Sohn, Peniston, von ihrem Gatten abstammte,
zwei weitere Kinder (unter ihnen William, der spätere
Premierminister) sollen von Lord Egremont gezeugt worden sein. Zu
ihren weiteren bekannten Liebhabern gehörten: der Duke of
Bedford, Lord Coleraine und sogar der Prinz of Wales selbst. Eben
diese Lady Melbourne verurteilte allerdings ihre Schwiegertochter
Caroline Lamb, die Ehefrau Williams, auf das Schärfste, als
diese ihrerseits ein offenes Verhältnis einging. Eine weitere
Affäre Carolines mit Lord Byron, in deren Verlauf die
eifersüchtige junge Dame versuchte, sich in der Öffentlichkeit
das Leben zu nehmen, führte zu einem solchen Skandal, dass sie
sich jahrelang aus der Gesellschaft zurückziehen musste. Ein
weiterer bekannter Fall ist der der Magravine of Anspach. Die junge
irische Adelstochter, die von ihrem Vater an einen verschwenderischen
Trinker regelrecht verkauft wurde, floh vor diesem und lebte mit
ihrem Liebhaber zusammen, von dem sie zwei Kinder hatte. Nach dessen
Tod heiratete sie den märchenhaft reichen, deutschen Markgrafen
von Anspach. Doch trotz dieser eher unverschuldeten Umstände
wurde die Margravine of Anspach zeit ihres Lebens von der englischen
Gesellschaft empfindlich geschnitten. Nicht einmal der Reichtum ihres
Mannes (man berichtet von 100.000 £ pro Jahr) konnte diese
Haltung ändern und das Paar, obwohl rechtmäßig
verheiratet, war gezwungen, im Ausland zu leben. Der Preußenkönig
gewährte den beiden lange Zeit Asyl. Diese Schilderungen mögen
die Schwierigkeiten aufzeigen, in dieser Gesellschaft unbescholten zu
bleiben und sich richtig zu verhalten.
    Zu
den moralischen Unwägbarkeiten gesellte sich für einen
Angehörigen der oberen Gesellschaftsschicht die Notwendigkeit,
sich angemessen zu präsentieren. Das Leben – vor allem in
London – war extrem teuer und trieb so manchen in den Ruin.
Junge Männer eiferten in Scharen dem in dieser Zeit durch das
Vorbild Beau Brummels geprägten Typ des Dandys nach. Der
englische Dandy zeichnete sich durch exquisite Kleidung,
Modebewusstsein, aber auch Witz, Bildung und Fähigkeit zu
intelligenter Konversation aus. Nichts Anrüchiges oder
Lächerliches haftete diesem Lebensstil an, der Prinzregent
selbst mühte sich lange Zeit darum, von Brummel als Dandy
anerkannt zu werden, bis dieser seine Gunst verlor und nach
Frankreich ins Exil ging. Ein Schicksal, das viele seiner
Zeitgenossen teilten, da sie sich aufgrund dieses Lebensstils
hoffnungslos verschuldet hatten. Andere junge Männer der
Gesellschaft wählten aber auch einen anderen Weg, entweder aus
wirtschaftlicher Notwendigkeit oder manchmal auch aus Neigung. Als
männlicher Nachgeborener eines Peers war man weder selbst adelig
noch hatte man Anspruch auf Besitz und Titel, welche ausschließlich
dem Erstgeborenen zufielen. Deshalb ergriffen viele den gut dotierten
Beruf des Pfarrers, andere schlugen eine Richtung als Jurist,
Politiker oder Diplomat ein. Von den erstgeborenen Söhnen und
Titelträgern wurde hingegen in der Regel erwartet, dass sie
zumindest eine Zeit lang in der Marine oder der Armee

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