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Pflicht und Verlangen

Pflicht und Verlangen

Titel: Pflicht und Verlangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Landys
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den großen
Trading-Companies, die mit weitreichenden Befugnissen ausgestattet
waren. So sprach man schließlich von der » Splendid
Isolation «. Wahrlich eine »hervorragende Isolation«,
denn die von Napoleon angestrebte wirtschaftliche Isolation Englands
stellte sich bei genauerer Betrachtung für das britische Empire
als wahrer Glücksfall dar, während das unter der Herrschaft
Napoleons zunehmend leidende Europa seinerseits wirtschaftlich
gehemmt wurde. Gleichzeitig vernichtete eine dem Adel genehme
Gesetzgebung in England allerdings die Lebensgrundlage der
Landbevölkerung. Dem Adel wurde es sehr leicht gemacht, seinen
Besitz zu vermehren, während die einfache Bevölkerung,
getrieben durch Hunger, aber auch durch Überbevölkerung,
gezwungen war, sich in den stark anwachsenden Industriestädten
der Midlands, aber auch in anderen Städten ein kärgliches
Auskommen unter menschenverachtenden Umständen zu suchen. Hier
entstand echter sozialer Sprengstoff. In vielen Quellen kann
aufgezeigt werden, dass sich das Einkommen der Adeligen im Zeitraum
zwischen ca. 1805 – 1830 in der Regel verdoppelte, während
sich das der Arbeiter im selben Maße um die Hälfte
reduzierte. Dies bedeutete in der Folge ein Einkommen für einen
Duke von 20.000 bis 30.000 £ im Jahr, während ein Arbeiter
mit einem Wochenlohn von 15 Shilling im Jahre 1805 (etwa das
Dreifache des Existenzminimums) sich schließlich nach 1830 mit
der Hälfte zufrieden geben musste. Gleichzeitig stiegen die
Preise für Grundnahrungsmittel erheblich. Kein Wunder, dass
Diebstahl und Verbrechen sowie der Schmuggel aufblühte, an dem
sich selbst der Adel ausgiebig beteiligte. Die Krone, ohne Einsicht
in die eigentliche Ursache der Zustände, reagierte lediglich mit
einer drakonischen Verschärfung der Strafen. Deportationen sowie
Hinrichtungen nahmen überhand. Zustände, die von wacheren
Zeitgenossen mit großer Sorge beobachtet und diskutiert wurden.

    Rechtssystem
    Das
englische Rechtssystem wurde trotz seiner Strenge als eines der
modernsten und gerechtesten in Europa anerkannt. Das englische Recht
existiert in seinen Grundzügen bereits seit der Magna Charta
(1215 n.Chr.) und legt Rechte und Pflichten des freien englischen
Mannes fest. Daraus leitete sich auch das Gerichtswesen ab, das aber
in späteren Jahren häufig reformiert wurde. Im Regency
stellte sich die Situation in etwa folgendermaßen dar: Das
Strafrecht basierte im Wesentlichen auf dem C ommon Law , dem
Richterrecht und war nicht auf festgeschriebenen Rechtsnormen und
Gesetzen aufgebaut, sondern auf Präzedenzfällen, was bis
heute der Fall ist. Dennoch gab es Grundkategorien wie Hochverrat,
Diebstahl (dem Besitz wird im englischen Recht ein weitaus höherer
Stellenwert zugebilligt als bei uns), Mord, Betrug sowie die
sogenannten Battery , unter die Sexualdelikte,
Körperverletzungen etc. fielen. Es gab im eigentlichen Sinne bis
1829 noch keine Polizei. Diese wurde erst wegen der enormen Probleme
mit der steigenden Kriminalität von Robert Peel
(Tory-Premierminister) eingerichtet. Die englischen Polizisten tragen
ihm zu Ehren immer noch den Spitznamen »Bobby«.
Festnahmen wurden in der Regel durch Soldaten vorgenommen, die in
quasi-polizeilicher Funktion überall stationiert waren. Bei Mord
ermittelte zunächst der Coroner (evtl. gab es da auch
Grenzfälle). Auch andere Einrichtungen wie zum Beispiel der Zoll
hatten polizeiähnliche Funktion, dazu andere Beamte. Die
Quellenlage, die mir zur Verfügung stand, war hier ungenügend.
Das Recht basierte jedenfalls wesentlich auf dem Prinzip der
Abschreckung. Deshalb waren die verhängten Strafen auch für
in unseren Augen verhältnismäßig geringfügige
Delikte – wie der Diebstahl von Brot – drakonisch. Oft
wurde deportiert, aber auch gehängt. Die Schärfe der
Strafen wurde gerade durch Reden christlicher Prediger im Regency
noch erheblich verstärkt. Vor Gericht gab es Verteidiger und
Ankläger (nach der Reform im 18. Jahrhundert), das Schuldurteil
fällten die Geschworenen, das Strafmaß setzte der
zuständige Richter fest. Die Richter waren unter einem obersten
Richter in London in verschiedene Strafkammern aufgeteilt, aber auch
in den einzelnen Grafschaften gab es zuständige untergeordnete
Richter und Gerichte. Trotz allen Regelungen ist das englische
Rechtssystem jener Zeit nicht einfach zu durchschauen, da jeder
Rechtsfall wieder einen neuen Präzedenzfall schaffen konnte.
Außerdem gab es de facto ein Zwei-Klassen-Strafrecht: Peers

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