Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Pflicht und Verlangen

Pflicht und Verlangen

Titel: Pflicht und Verlangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Landys
Vom Netzwerk:
mit hemmungslosem
Weinen hin. Und während sie spürte, wie mit ihren Tränen
auch die Mutlosigkeit und Beklemmung hinweggespült wurden,
schlief sie getröstet ein.

Kapitel
12

    Vier
Pferdefuhrwerke mit je zwei vorgespannten schweren englischen
Kaltblütern rollten im unaufhörlichen Nieselregen die
Auffahrt nach Dullham Manor hinunter. Der Wagenführer, Tom
Redding, fluchte herzhaft und gab dem alten Braunen ein letztes Mal
einen leichten Schlag mit der Peitsche. Verfluchte Plackerei! Und das
über die Weihnachtstage, die man doch zu Hause in London viel
geruhsamer hätte verbringen können. Und dazu noch diese
Eile! Abgehetzt hatten sie sich mit einem Haufen Steine und alten
Büchern. Aber der Auftraggeber, einer feiner Lord aus Dorset,
hatte Mr Smith gesagt, zahlte gut und da fragte man nicht weiter. Es
war nicht leicht, in London Arbeit zu finden und seine sechs Bälger
wollten schließlich ernährt sein.
    » Aufschließen!«,
brüllte er über die Schulter seinen drei Kollegen zu, die
mindestens ebenso missmutig und durchgefroren auf den harten
Kutschböcken der offenen Wagen saßen, »da vorne ist
es! Hoffe, da gibt’s wenigstens n’ Topf Suppe und was zu
saufen, bevor wir wieder abhauen.«
    Als
die Fuhrwerke den Vorplatz des stattlichen Herrenhauses erreichten,
trat ihnen bereits der Hausherr entgegen, gefolgt von einem alten
Zausel und einer hübschen, zierlichen Dame im Mantel.
    » Endlich!«,
begrüßte der Hausherr die müden Fuhrleute. »Sie
wurden schon sehnlich erwartet.«
    » Tut
mir echt leid‚ Sir!«, Tom Redding spuckte eine
ordentliche Ladung mit Kautabak durchsetzter Spucke auf den sorgsam
geharkten Kies und zog dann geräuschvoll die Nase hoch. »Aber
es war ’ne verdammte Schweinerei, der Weg hierher. Die
Fuhrwerke sind zwei Mal steckengeblieben und die Gäule sind auch
am Ende. Aber Sie wollten’s ja unbedingt geliefert haben und
noch im alten Jahr. Wo sollen die Kisten denn nu hin, Sir? Vor der
Haustür macht sich’s ja nich’ so gut!«
    » Wir
haben einen größeren Raum hier im Nebengebäude frei
gemacht. Sehen Sie dahinten das offene Tor? Allerdings sollten wir
die Fracht in Augenschein nehmen, bevor Sie abladen.«
    Redding
zögerte. »Sie meinen, Sie wollen reingucken, bevor wir
abladen? Das wird aber dauern, Sir, und wir müssen ja zurück.
Müssen vor dem Einbruch der Dunkelheit noch ein Stück weit
kommen.«
    » Guter
Mann, Sie müssen doch heute nicht umkehren. Wir haben für
eine Unterkunft für Sie und Ihre Leute gesorgt im Gesindetrakt.
Die Köchin hat auch schon einen guten Eintopf auf dem Herd. Wir
werden Sie und Ihre Leute doch nicht in diesem unchristlichen Wetter
noch heute zurückfahren lassen. Und die Pferde«, dabei
schlug der Herr von Dullham Manor dem Gaul vor ihm leicht auf die
Flanke, »können sich in unserem Stall sattfressen. Das
haben sie sich redlich verdient.«
    » Na,
wenn das so ist, Sir!«, Redding drehte sich zu seinen Leuten um
und holte mit einer Miene, die in etwa bedeutete »Man muss die
Reichen machen lassen« deren Einverständnis ein. »Na
dann, Sir! Haben Sie ’n paar Brechstangen hier?«
    » Liegt
alles drüben im Lagerraum bereit.«
    » Alles
klar, Sir!« Mit einem lauten Zungenschnalzen setzte Redding den
gesamten Tross wieder in Bewegung und ließ die Wagen vor dem
geöffneten Scheunentor zum Halten kommen. Der große
Lagerraum mit den frisch gekalkten Wänden war sorgfältig
mit Stroh ausgelegt, selbst die Fenster waren gereinigt und alles
aufs Beste vorbereitet. Captain Battingfield hatte gute Vorarbeit
geleistet, um die kostbaren Fundstücke auch gebührend zu
empfangen.
    Als
der Verwalter Charlotte dies bei ihrer Ankunft am Morgen gezeigt
hatte, war sie ganz sprachlos gewesen. Die Einsatzbereitschaft und
Ernsthaftigkeit, mit der ihr Wohltäter seiner selbstgewählten
Aufgabe nachging, ließ sie staunen und machte sie auch etwas
verlegen. Wie sollte sie ihm dafür angemessen danken? Warum tat
er das alles für sie? Der Wunsch nach guter Nachbarschaft konnte
kaum der einzige Grund sein. Aber sie hatte auch den Eindruck, dass
er selbst Freude dabei empfand und es nicht aus Mitleid oder
ähnlichen Empfindungen heraus tat.
    Sie
selbst spürte eine gewisse Verunsicherung ihm gegenüber.
Sie hatte das unbestreitbare Gefühl, dass er sie mochte, ja
schätzte, und ihre Nähe suchte. Dennoch fühlte sie
sich nicht von ihm bedrängt, eher empfand sie seine Zuwendung
als beruhigend und tröstend. Sie tat ihr wohl.
    Nein, er tat ihr wohl, das kam

Weitere Kostenlose Bücher