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Pflicht und Verlangen

Pflicht und Verlangen

Titel: Pflicht und Verlangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Landys
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der Wahrheit näher und das
wiederum beunruhigte sie.
    Aus
diesem Grund wollte sie seine Zeilen, die ihr kürzlich so viel
Trost gegeben hatten − sie konnte sich selbst kaum eingestehen,
wie sehr − lieber unerwähnt lassen und war deshalb auch
froh darüber gewesen, dass Lady Battingfield sie sofort nach
ihrer Ankunft mit Beschlag belegt hatte. Außer einem höflichen
Gruß hatte sie noch kaum ein Wort mit dem Herrn von Dullham
Manor gewechselt. Sie hätte nämlich, wäre es zu einem
Gespräch darüber gekommen, eine innere Scheu empfunden es
anzusprechen, in der Furcht, zu viel von sich preiszugeben. Wie
konnte sie ihre merkwürdige Stimmungslage in der letzten Zeit
jemandem erklären? Sie verstand es ja selbst nicht. Allerdings
hatten diese wenigen Zeilen eine große Wirkung gehabt und ihr
wieder zu mehr innerer Ruhe und Zuversicht verholfen. Dafür war
sie dem Captain dankbarer, als sie es ihm wohl je würde sagen
können. Dieser war inzwischen vollauf damit beschäftigt,
zusammen mit den Fuhrleuten Kiste um Kiste zu öffnen, während
Dr. Banning die Unternehmung mit aufgeregten und nicht sehr
hilfreichen Anweisungen darüber begleitete, wie das Brecheisen
nun anzusetzen sei.
    Es
regnete noch immer und langsam hatte ihr Mantel sich vollständig
voll Wasser gesogen. Charlotte fröstelte und schlang die Arme um
sich, während sie den Männern zusah. Ein Rinnsal eiskalten
Wassers lief ihr gerade den Nacken hinunter, als Captain Battingfield
erfreut ausrief: »Ah, hier sind die Bücher und
Aufzeichnungen! Auf den ersten Blick nicht ganz so verschimmelt, wie
ich befürchtet hatte. Gott sei Dank! Die müssen zuerst
hinein!«
    » Ja,
am besten da hinten zu dem Tisch am Fenster«, wies Dr. Banning
die Männer an, die bereits zu viert die schwere unhandliche
Kiste herunterhievten.
    » Ach,
Miss Brandon, gehen Sie doch bitte noch einmal ins Haus und bitten
Cyril, ein paar kräftige Männer herauszuschicken. Ich
denke, wir brauchen hier noch ein paar helfende Hände.«
    » Millford,
Captain! Ich heiße jetzt Millford. Ich habe das noch nicht
erwähnt, Verzeihung! Sie wissen, die Adoption …?«
    Battingfield
richtete sich auf und sah sie fragend an, »Dann haben die
Millfords Sie also adoptiert. Wollten Sie Ihren Namen nicht behalten?
Immerhin hatten Sie ihn ja schon lange und trugen ihn mit Stolz,
meine ich.«
    Charlotte
konnte seinem forschenden Blick nicht standhalten. »Ich …
es war …« Einen Augenblick lang war sie versucht, ihm
ihr Herz auszuschütten, doch dann besann sie sich. Sie sollte
ihre Ansichten darüber besser für sich behalten. Ein
vertrauterer Umgang mit Captain Battingfield schickte sich nicht.
»Ich werde Ihnen das ein andermal erklären, Mylord. Wo
kann ich Cyril am besten finden?«
    » Bei
der Treppe in der Eingangshalle ist eine Glocke. Läuten Sie
einfach!«
    Battingfield
schaute der zierlichen Gestalt nach, die sich nun durch den dichter
werdenden Regen Richtung Haupteingang auf den Weg machte. Dr.
Banning, der zugehört hatte, blickte seinen jüngeren Freund
mit gerunzelter Stirn an und meinte dann: »Sie scheint nicht
sehr glücklich darüber zu sein. Nun, wir wollen nicht
weiter in sie dringen. Sie wird es erklären, wenn sie die
Notwendigkeit dazu sieht.«
    Dann
bestieg er den zweiten der Wagen und beugte sich über eine
Kiste, die gerade aufgebrochen worden war. »Schau, hier ist
eine ganze Kiste mit verschiedenen Tonscherben in kleineren Kästen.
Ach, so ein Ärger! Die meisten sind umgekippt und alles liegt
durcheinander. Das wird ein Puzzle! Hoffentlich hat Brandon ein paar
Zeichnungen dazu gemacht, sonst sitzen wir am Sankt Nimmerleinstag
noch daran. Fass mal mit an, die kommt auch zum Tisch!«
    Die
sechs Männer öffneten Kiste um Kiste. Sie enthielten
Bruchstücke von Reliefs und einige Fragmente von größeren
Statuen, die Dr. Banning ein entrücktes Seufzen entlockten.
Weiter fanden sich Tonscherben, aber auch bronzene Schmuckstücke
und Rüstungsteile griechischer Kämpfer, Münzen und
rituelle Gefäße, Gebrauchsgegenstände und viele
Dinge, die nicht auf den ersten Blick zugeordnet werden konnten.
    Die
inzwischen zurückgekehrte Charlotte war auf den ersten Wagen
geklettert und beugte sich nun ebenfalls mit großem Interesse
über die Fundstücke. »Ah, ich erinnere mich, wo diese
Statuette gefunden wurde. Das war bei der Ausgrabung der
thessalischen Dynasten.«
    » Wo
bitte?«, fragte John Battingfield verdutzt.
    » Delphi
war das religiöse Zentrum der Antike, wissen

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