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Pflicht und Verlangen

Pflicht und Verlangen

Titel: Pflicht und Verlangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Landys
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Sie unbesorgt. Mir ist außer ein paar
Kratzern und einer kapitalen Beule am Hinterkopf nichts zugestoßen.
Aber ich wäre wirklich dankbar, wenn Sie mir den Hang wieder
heraufhelfen würden. Ich werde jetzt auch ganz brav hinter Ihnen
bleiben, bis wir unser Ziel erreicht haben, Kälte hin oder her.«
    Der
Captain runzelte in kritischem Bedenken die Stirn, nahm sie dann aber
ohne weitere Einwände bei der Hand und zog sie mit beachtlicher
Kraft die Böschung hinauf. Oben angekommen schüttelte er
erneut den Kopf und warf, indem er sanft ihr Kinn anhob, einen
prüfenden Blick auf ihr Gesicht, das doch ziemliche Blessuren
aufwies. Mitfühlend sog er scharf die Luft ein. Die
Abschürfungen an der linken Wange waren voller Schmutz und
Charlotte spürte, wie ihr ein wenig Blut die Wange herunterlief.
Als er dessen gewahr wurde, zückte er ohne Umschweife sein
Taschentuch, tupfte ihr damit sorgsam und vorsichtig das Blut ab und
überließ es ihr dann, damit sie es sich an die betroffene
Wange pressen und die kleine Blutung stillen konnte. Dabei bemerkte
er: »Sie haben mir einen gehörigen Schrecken eingejagt,
Miss Millford … oder darf ich Sie jetzt wenigstens Miss
Charlotte nennen? Können Sie mir verzeihen, dass ich nicht
besser auf Sie achtgegeben habe? Ich hoffe, Sie haben keine zu großen
Schmerzen.«
    » Sie
haben doch gut achtgegeben, John, und die Schmerzen lassen bereits
nach«, antwortete Charlotte. Bewusst sprach sie ihn nun auch
vertraulich mit seinem Vornamen an. Das war es, was er sich zu
wünschen schien und sie wollte ihm wenigstens damit zeigen, dass
sie seine liebevolle Fürsorge schätzte. Nichts war ihr
wichtiger, obwohl sie sich so abweisend und förmlich aus seiner
Umarmung befreit hatte und nun nervös darauf achtete, die
Distanz zu wahren. »Ich allein habe einen Fehler gemacht und
die Schuld lag ausschließlich bei mir. Es wäre mir das
Liebste, wenn wir nicht mehr davon sprechen, den Zwischenfall
vergessen und uns unverzüglich zur Sternwarte aufmachen. Ich
hoffe allerdings, wir werden nicht noch von einem Bär oder etwas
ähnlichem angefallen«, fügte sie in einem ein wenig
erzwungen scherzhaften Ton hinzu, »das wäre wirklich die
Krönung des heutigen Tages voller Hindernisse.«
    Trotz
ihrer demonstrativ zur Schau getragenen Sorglosigkeit war Charlotte
völlig durcheinander und wusste einfach nicht, wie sie sich ihm
gegenüber verhalten sollte. Sie konnte es nicht leugnen, dass
seine Nähe und seine überaus sanften Berührungen sie
völlig aus der Fassung gebracht hatten. Mehr denn je fühlte
sie, dass sie im Begriff war, sich ernsthaft in John Battingfield zu
verlieben und das, obwohl sie mit all ihrer Willenskraft dagegen
ankämpfte. Was aber weit schwerer wog und sie gleichermaßen
mit Entsetzen und Seligkeit erfüllte, war das sichere Gefühl,
dass auch er weit mehr als nur freundschaftliche Zuneigung für
sie empfand.
    Was
um alles in der Welt hatte sie sich nur dabei gedacht, allein mit ihm
diese Wanderung anzutreten? Wie hatte sie nur so unbedacht und
unvorsichtig sein können? Er musste sich dadurch ja geradezu
ermutigt fühlen. Und jetzt auch noch dieser Zwischenfall!
      Battingfield
indes schien ihre verkrampften Bemühungen zu bemerken, den eben
erlittenen Schrecken und die damit verbundene übermäßige
Vertraulichkeit, die zwischen ihnen entstanden war, zu überspielen.
Er ließ unmerklich etwas mehr Abstand zwischen ihnen und fand –
zu Charlottes Erleichterung – zu einem herzlichen, aber eher
formellen Verhalten zurück.
    » Jetzt
reichen Sie mir aber bitte Ihren Arm, damit Sie mir in der Dunkelheit
nicht noch einmal verloren gehen, darauf bestehe ich ausdrücklich!«,
insistierte er mit fester Stimme und bot ihr höflich den seinen
an.

    ******

    » Um
Himmels willen, das hätte ja wirklich böse ausgehen können.
Sie sehen aus, als wären Sie unter die Räuber geraten!«
Dr. Banning war immer noch ganz erschüttert von der Schilderung
des Zwischenfalls, die Captain Battingfield ihm in kurzen Worten
gegeben hatte. Er war eine knappe Dreiviertelstunde nach ihnen
eingetroffen und hatte Charlotte, von Captain Battingfield
fürsorglich in eine Decke eingewickelt, mit arg zerschundenem
Gesicht vorgefunden. Diese bemühte sich eine heitere Miene
aufzusetzen, was sich als nicht ganz einfach erwies, da die
Abschürfungen auf ihrer Wange inzwischen wie Feuer brannten,
obwohl sie von ihrem rücksichtsvollen Helfer sorgsam mit
sauberem Wasser gereinigt worden waren. Er hatte darauf

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