Pflugstein: Kriminalroman (German Edition)
Name
ist, wie gesagt, Alex Mannhart. Sie war sechs Jahre mit Joe zusammen. Seit der Trennung
ist es allerdings schon sieben Jahre her.«
»Wurde sie
von Roffler verlassen?«
»Ja, aber
mir scheint, dass sie die Trennung inzwischen überwunden hat. Angeblich soll dieser
Joe ein Mann gewesen sein, der es mit der Treue nicht so genau genommen hat.«
Die chinesische
Bedienung räumt die Teller ab und bringt ihnen kurz danach dampfendheiße Tücher.
»Woher kennst
du Mannhart?«, befragt er sie weiter.
»Ich habe
Alex vor vielen Jahren über meine Recherchen kennen gelernt. Danach haben wir uns
wieder aus den Augen verloren. Aber ich wusste, dass sie in Meilen einen Coiffeursalon
hat. Und seit ich in Küsnacht wohne, lasse ich meine Haare bei ihr schneiden.«
Und färben,
denkt er schmunzelnd.
»Hier ist
ihre Adresse.« Sie schiebt ihm eine Visitenkarte zu. »Sie wohnt mit einer Freundin
namens Trix Müller zusammen. Möchtest du noch mehr wissen oder schließt du Alex
als mögliche Täterin aus?«
Er ignoriert
ihre Frage. »Was weißt du sonst noch über sie?«
»Sie kennt
Joes Frau Angelina. Diese ist ebenfalls eine ihrer Kundinnen.«
»Verstehe.«
»Da ist
noch etwas, was du wissen solltest.«
Er wirft
einen Blick auf seine Uhr. »Ich höre?«
»Sie ist
in einem Heim groß geworden.«
»Ja und?«
»Es war
für sie eine äußerst traumatische Zeit, die sie stark prägte.«
»Hm.«
»Heimkinder
wie sie fühlen sich im Innersten verletzt und ihrer Kindheit und Jugend beraubt.
Meine Reportage über sie hat damals eine Menge Staub aufgewirbelt.«
»Das wundert
mich überhaupt nicht«, neckt er sie. »Du wirbelst überall Staub auf. Gib mir deine
Hand, ich möchte dich spüren.«
Lächelnd
folgt sie seiner Bitte.
»Du siehst
unwiderstehlich aus«, schwärmt er. »Ich habe ein solches Verlangen nach dir. Wenn
bloß dieser verfluchte Fall nicht wäre.«
»Du wirst
den Täter hoffentlich bald fassen«, sagt sie in bedeutungsvollem Ton, »und dann
sehen wir weiter.«
»Ich werde
mir Mühe geben. – Traust du deiner Bekannten einen Mord zu?«
»Nicht wirklich.
Aber ich weiß, dass verletzte Frauen gefährlich sind.«
Er nickt
nachdenklich.
»Wurde dieser
Joe beim Pflugstein umgebracht?«
»Nein, aber
es gibt bis jetzt keinen Anhaltspunkt, wie Roffler zu diesem Stein kam. Der Mann
war nackt, aber weder seine Kleider noch seine Papiere wurden bisher gefunden.«
»Gibt es
Spuren?«
»Wir müssen
warten, bis die Laboruntersuchungen abgeschlossen sind.«
»Was ist
mit äußeren Verletzungen?«
»Ein paar
blaue Flecken auf seinem Rücken, sonst nichts.«
Ihre Stirn
legt sich in Falten. »Ist das nicht ein bisschen eigenartig?«
»Eigenartig,
nein. Es zeigt lediglich, dass der oder die Täter gezielt und vorsichtig vorgegangen
sind. In Rofflers rechter Faust fand man übrigens ein ägyptisches Amulett, einen
Skarabäus, und neben seiner Leiche lag ein Zweig Rosmarin.«
»Spricht
eine solch romantische Inszenierung nicht eher für eine Frau?«
»Schwer
zu sagen.«
»Als wollte
der Täter damit absichtlich Hinweise hinterlassen«, mutmaßt sie weiter.
»Es kommt
ab und zu vor, dass ein Täter gefasst werden will.«
»Ach, wirklich?«
»Manch ein
Täter erhofft sich dadurch Anerkennung für seine Tat in Form von Publicity.«
»Du meinst,
dass er die ganze Welt wissen lassen will, wie clever er ist?«
»Möglich.
Es können auch Schuldgefühle sein, die einen Täter dazu treiben, sich zu verraten«,
erklärt er.
»Schuldgefühle?«
»Ja, die
Bestrafung gibt ihm die Chance, seine Tat zu sühnen.«
»Hast du
die Frau des Toten schon verhört?«
»Klar.«
»Und?«
»Angelina
Roffler ist Chinesin, einiges jünger als ihr verstorbener Mann und ausnehmend attraktiv.
Obwohl sie kooperativ war, fand ich es schwierig, zu ihr durchzudringen. Das ständige
Lächeln lässt sich nur schwer einordnen. Dennoch hatte ich das Gefühl, dass ihr
der Tod ihres Mannes nahe geht.«
»Erbt Angelina
sein Vermögen?«
»Ja.«
»Also hat
sie ein Motiv«, erwidert Viktoria eifrig.
»Das wird
sich herausstellen.«
»Wusste
sie, dass ihr Mann HIV-positiv war?«
»Nein. Die
Nachricht hat sie sehr erschreckt.«
»Hat sie
für die fragliche Zeit ein Alibi?«
»Ich frage
mich, wer hier die Ermittlungen führt«, weist Valentin sie streng zurecht.«
Viktoria
übergeht seine Rüge und fährt hartnäckig fort: »Werden Gifte nicht vor allem bei
Frauen als Mordwaffe verwendet, weil dafür keine physische Gewalt notwendig
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