Pforten der Nacht
ihren voll erblühten Brüsten hing ein schmales, längliches Medaillon, dem ein seltsamer Duft entströmte.
Jan van der Hülst beklagte sich darüber, als sie ihn auf das Lager zog, nachdem sie nackt im Kerzenlicht vor ihm getanzt hatte, um seine Lust zu erregen.
»Das ist nur, um dich ganz und gar um den Verstand zu bringen«, gurrte sie, aber er meinte, einen besorgten Unterton in ihrer Stimme zu vernehmen. »Außerdem sollten wir keine Zeit verlieren. Cäcilie war nur die Vorhut. Jetzt ist unser Sohn an der Reihe!«
Er vergrub seinen Kopf zwischen ihren Brüsten, koste ihre Haut, dann den Nabel, der seit der Geburt leicht vorstand. Alles wie vorher: die warme Mulde unter dem Ohr, der Punkt zwischen den Augenbrauen, die Erhebungen der Schlüsselbeine. War ganz Feuer, ganz Flamme - und dann, mit einem Mal, war alle Hitze dahin. Als er die Augen wieder öffnete, begegnete er ihrem Blick und fand ihn forschend und leicht abschätzig.
Natürlich lachten beide und versicherten sich gegenseitig, es habe nichts zu bedeuten; er kräftigte sich mit Wein und versuchte es ein zweites Mal. Diesmal mit mehr Erfolg. Aber etwas von der Niederlage war doch in ihm zurückgeblieben, eine offene Wunde, die nicht heilen, sich nicht schließen wollte. Seitdem war sie nicht mehr schwanger geworden, obwohl er ihr viele Male beigelegen hatte. Inzwischen fragte sich Jan van der Hülst, ob sie jemals seinen Sohn tragen würde. Ein Gedanke, der seine Lust sehr rasch zum Erliegen bringen konnte. Manchmal kostete es ihn fast Überwindung, sie zu umarmen, so nagte der Zweifel an ihm. Wenn es nicht bald besser würde, musste er sich nach einer anderen, einer neuen Geliebten umsehen.
Auch als sie jetzt auf ihn zukam, nur verhüllt von einem dünnen sarazenischen Schleiergewand, das ihren Körper wie ein Hauch umspielte und mehr entblößte denn verdeckte, zog sich etwas in ihm zusammen, und er meinte, den leisen Geschmack von Abscheu auf der Zunge zu schmecken. Er nahm sie trotzdem, schon, um sich selber das Gegenteil zu beweisen, schnell, rau, ohne große Umstände, erleichtert, dass er nicht wieder vorzeitig erschlaffte. Nana wand sich gierig unter ihm, keuchte und stöhnte, trieb ihn in schwindelnde Höhen. Lag danach mit gelösten Gliedern auf dem Boden, schlaff und müde, hingestreckt wie eine zu schnell genossene Beute.
Plötzlich hatte er es sehr eilig. Schon unterwegs, hoch zu Pferd, wusste er auf einmal, was es war, das ihn nicht mehr zur Ruhe kommen ließ. Er hatte zu viel getrunken, sein Brustkorb schmerzte, und er spürte die untrüglichen Zeichen eines neuerlichen Gichtanfalls. Er war nicht mehr jung. Und es gab nach wie vor keinen Sohn, der sein Erbe verdiente. All das nahm er dem Leben übel. Am übelsten aber, dass er die Niederlage ausgerechnet in ihren Armen erlitten hatte, selbst wenn er heute scheinbar als Sieger davonritt. Sie, seine einst angebetete Göttin der Unendlichkeit, hatte ihm eigenhändig den bitteren Trunk der Endlichkeit verabreicht.
Es war eng und stickig in der Kammer, aber wenigstens gehörte sie ihr allein. Inzwischen war Ursula so daran gewöhnt, dass sie die längere Anwesenheit eines anderen in ihren vier Wänden nur noch mühsam ertrug. Viel war es nicht, was sie besaß, aber immerhin war in den Jahren, die sie nun hier bei den Windecks lebte, zumindest einiges zusammengekommen. Ein paar Kleider, die sie sorgsam instandhielt, einige Ballen Barchent, Holzschuhe, feste Stiefel für den Winter. Und das blutrote Karfunkelkreuz, das Hermann ihr erst neulich geschenkt hatte.
Sie war alles andere als begierig darauf, dass er nächtens ab und an zu ihr hinüberschlich, weil Hilla ihn aus Angst vor einer weiteren Schwangerschaft immer wieder abwies, aber sie hatte frühzeitig gelernt, sich in das Unabwendbare zu fügen. Nicht weiter schwierig für sie zu verstehen, dass ihr altes Pfand im Lauf der Zeit seine Wirksamkeit nach und nach verloren hatte. Nachdem das Geld von Annas Haus verspielt und verplempert war, schien Hermann Windeck sich plötzlich kaum noch daran zu erinnern, wem er diese kurze Phase des Wohlstands eigentlich zu verdanken hatte. Dass Anna sie hasste und Regina kein gutes Wort mehr für sie hatte, kümmerte sie nicht. Es kam auf die Männer an, das hatte sie in kurzem Leben bereits zur Genüge gelernt. Mit ihnen musste man sich gutstellen, sie zu befriedigen wissen.
Daher hatte sie, um Schlimmeres zu verhindern, Hermann eines Abends ganz direkt ans Gemächt gegriffen. Seinen
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