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Pforten der Nacht

Titel: Pforten der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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Entscheidung haben.«
    Die Braut hatte mit offenem Mund auf sein Teufelsmaul gestarrt. Dazu Rutgers eilfertiges Prusten. Am liebsten wäre ihm Guntram auf der Stelle an die fette Gurgel gegangen, bis er um Erbarmen flehen würde. Er verspürte noch immer große Lust, es nachzuholen.
    »Zu wem denn sonst?«, fragte er aufsässig. »Sophie ist schon lange unter der Erde. Beide Eltern sind tot. Du bist schließlich die einzige Schwester, die ich habe. Und meine einzige Blutsverwandte dazu.«
    »Deine Blutsverwandte? Ja, die bin ich wohl! Daran musst du mich nicht erinnern. Kein Tag vergeht, an dem ich nicht daran denke.« Ihre Stimme zitterte leicht. Dann wurde sie wieder fest. Und abweisend. »Aber ich kann dir das Geld trotzdem nicht geben. Nicht einmal leihen! Dass Hermann Annas Haus verspekuliert hat, weißt du. Davon ist also nichts mehr übrig. Und was unsere Gemeinschaft hier betrifft, so sind die Zeiten schwierig und unsere Vorräte erschöpft. Außerdem gehört mir das Vermögen des Konvents nicht. Ich verwalte es lediglich. Zu treuen Händen. Und das wird auch künftig so bleiben. Zumindest so lange ich hier Meisterin bin.«
    Sein Herz schlug hart gegen die Rippen. Er spürte, wie ihr Widerstand wuchs. Aber was in aller Welt hatte er verbrochen, dass sie so hart gegen ihn war?
    Sie wusste ja noch nicht einmal, wofür er es brauchte!
    »Hör zu, Regina«, begann er erneut und sah zu seinem Erstaunen, wie sie sich bei der Erwähnung ihres Namens krümmte, als träfe sie ein scharfes Messer, »es ist nur für eine Weile. Ich habe da einen Apparat ersonnen, eine Räderuhr, ein neuartiges Chronometer, mit dem sich so manches anfangen ließe. Ich könnte mehr davon bauen, Dutzende, und sie gut und teuer verkaufen …«
    »Eine Räderuhr? Du?«
    »Ja, ich.« Wieso war sie so erstaunt? Hielt sie ihn auch für einen Dummkopf wie viele andere, nur weil er kein niedliches Schnütchen hatte und kein hübsches, glattes Frätzchen? »Wenn du willst, kann ich sie dir vorführen. Jederzeit. Und in aller Ausführlichkeit erklären, damit du verstehst, wie sie funktioniert.« Er begann, sich warmzureden. Vielleicht zeigte sie ja doch Interesse. Oder fing sogar an, Feuer für sein Vorhaben zu fangen. Wo doch alles für ihn davon abhing! »Ich würde sicherlich Kunden finden, nicht gleich vielleicht, aber …«
    »Spar dir die Mühe! Hast du nicht gehört, was ich zuvor gesagt habe?« Sie schüttelte den Kopf. Ihre Lippen waren hart und böse. »Es gibt kein Geld. Das ist mein letztes Wort - ich kann nicht anders. Du musst schon das bleiben, was du bist: ein Färbergeselle. Ist doch ein ehrbarer Beruf und alles andere als eine Schande!«
    Besonders für einen mit einem Teufelsmaul, der ohnehin froh sein muss, dass man ihn nicht schon bei der Geburt erschlagen hat.
    Sie hatte es nicht laut gesagt, aber es hing über seinem Kopf wie ein scharfes Schwert.
    Er stieß einen hohen, jaulenden Ton aus, mehr tierisch als menschlich, der sie zusammenzucken ließ. Die Narbe an seinem Mund färbte sich dunkelrot. Seine Augen kamen ihr schmaler vor, böser. Das Kinn spitzer.
    Wie ein Wolf, dachte sie und wehrte sich verzweifelt gegen die Panik, die unaufhaltsam in ihr hochstieg. Eine Bestie, die dein Leben mit ihrem ersten Atemzug vergiftet hat. Und die dich nun im nächsten Augenblick verschlingen wird, weil du sie abermals verletzt und zurückgestoßen hast.
    Aber er stürzte sich nicht auf sie. Stattdessen drehte er sich auf dem Absatz um, als sei der Leibhaftige hinter ihm her, und lief aus dem Laden.
    Regina brauchte lange, bis ihre Hände nicht mehr zitterten. Dann erst kam das Weinen, würgend, haltlos, bis sie beinahe in Tränen ertrank. Noch immer schluchzend schloss sie in fliegender Hast den Laden ab, ohne sich um die beiden Frauen zu kümmern, die gekommen waren, um Heilkräuter gegen Fieber und Husten einzukaufen.
    Sie fand ihren Weg, obwohl sie kaum etwas sehen konnte und gleichsam blindlings voranstolperte. Mit aller Macht zog es sie nach St. Kolomba, wo Bruno de Berck heute die Beichte abnahm.
     
    Anna setzte Flora ab und ließ sie vorauslaufen. Dabei konnten ihre Augen möglichst unauffällig umherwandern. Das Flussufer glich einem großen, bunten, lärmenden Jahrmarkt. Drüben, vor dem Hochzeitszelt, speisten die geladenen Gäste an langen, reichlich gedeckten Tafeln, benutzten silberne Löffel und Messer, aßen von feinem Geschirr. Für Gesinde und einfaches Volk hatte man Fässer voll Bier und Met herbeigerollt; es gab

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