Phantasmen (German Edition)
einschlief, meistens irgendwo, nur nicht im Bett, dann hatte ich Albträume von Khalif und den Löwen. Und dann, nach zwei oder drei Wochen, ging es mit der Phobie los. Und der Therapie. Den Hypnosebehandlungen.« Ich presste die Lippen aufeinander, machte eine kurze Pause und sagte schließlich: »Wenn ich schlafe, höre ich noch immer das Metronom, das dabei benutzt wurde. Dieses Ticken. Manchmal auch, wenn ich wach bin. Und dann frage ich mich, ob das alles hier wirklich ist oder ob die Halluzinationen nie aufgehört haben. Vielleicht liege ich noch immer da draußen in der Savanne, Khalifs Tod ist gerade mal einen Tag her und alles andere ist nur ein Traum. Ich meine, seht euch doch um! Nichts als Wüste und Geister. Wer soll denn verdammt noch mal glauben, dass so was real ist?«
Die beiden schwiegen, nun, da ich sie als Trugbilder enttarnt hatte. Weder sie noch dieser Wagen oder gar der Untergang der Welt existierten. Alles nur eine Halluzination, um mir das Sterben in der Savanne ein wenig leichter zu machen.
»Wenn das ein Traum ist«, sagte Emma, »kannst du mich dann ein bisschen älter machen und hübscher und vielleicht auch was mit meinem Busen?«
»Und ich bekomme allmählich eine hohe Stirn«, sagte Tyler. »Ist dir wahrscheinlich noch nicht aufgefallen, aber wenn du genau hinsiehst, hier unter den Haaren, dann –«
Ich beugte mich zu ihm rüber und strich ihm die Strähnen aus dem Gesicht. Dann küsste ich ihn aus einem Impuls heraus auf die Lippen. Einfach so. Er bremste den Wagen ab, um nicht die Kontrolle zu verlieren. Emma purzelte beinahe nach vorn, aber er schob mich nicht von sich, sondern ließ es zu, legte eine Hand an meine Schulter und hielt mich fest. Vielleicht war es mehr Umarmung als Küssen, trotz der Berührung unserer Lippen, aber das kümmerte mich nicht.
»Tick-tack«, sagte Emma.
29.
Auf unserer Fahrt zur Küste hatten wir die Straße verlassen und waren auf staubige Feldwege ausgewichen.
Eine Weile lang folgten wir einer Schotterpiste parallel zur A92 nach Süden. Von weitem sahen wir eine reglose Autoschlange. Aus den Dächern der Wagen ragten weiß glühende Köpfe. Tausende Flüchtlinge aus den Städten waren gestorben, als der Tod durch die Wagenkolonnen gerast war und die überfüllten Fahrzeuge in Gräber verwandelt hatte. Dennoch bewegte sich dort etwas: Scharen von Haustieren, die aus den Autos entkommen waren und nun nach Nahrung suchten.
Einmal meinte ich eine Gruppe von Personen zu erkennen, die in sicherer Entfernung an der Autobahn entlanglief, aber als ich noch einmal hinsah, war sie nicht mehr zu sehen. Die Sonne schien schon seit zwei Stunden auf das ausgetrocknete Land herab und sorgte für Trugbilder.
»Oh, fuck!« Tyler nahm den Fuß vom Gas. Unser Schweif aus Staub holte uns ein und hüllte den Wagen für einen Moment in eine gelbe Wolke. »Da vorn, das sind sie.«
Als sich der Staub senkte, erkannte ich als Erstes die beiden Helikopter, die weiter südlich wie Hornissen am Himmel kreisten.
Ich stieg aus und blickte über die offene Tür hinweg. »Gibst du mir mal das Fernglas?«
Tyler reichte es mir. Es wäre nicht nötig gewesen, um zu erkennen, dass er Recht hatte. Aber ich wollte wissen, was genau die Söldner dort taten.
Der Konvoi aus schwarzen Geländewagen und Transportern befand sich etwa zwei Kilometer vor uns. Allerdings nicht auf der Piste, die wir genommen hatten, sondern auf einer Brücke quer über der Autobahn. Die Lionheart-Wagen mussten eine Landstraße benutzt haben, die auf der anderen Seite der A92 verlief.
Nun schien die Kolonne dort oben festzusitzen. Ein Stück vor ihnen, am Ende der Brücke, hatte sich eine Karambolage ereignet, zwischen einem Dutzend Autowracks standen mehrere Dutzend Geister. Falls Haven dort vorbeiwollte, würde er seine Männer zum Räumen mitten unter die Erscheinungen schicken müssen.
»Wohin wollen die?«, fragte Tyler.
»Haven hat doch was von einem Flugzeug gesagt«, sagte Emma von hinten.
»Die werden kaum den Flughafen von Almería benutzen. Vielleicht einen Militärflugplatz.«
»Von hier aus überwacht die Nato das westliche Mittelmeer«, sagte Tyler. »Wahrscheinlich gibt es in der Nähe eine ganze Reihe von Luftwaffenstützpunkten.«
»Und die lassen dort Maschinen eines privaten Söldnerunternehmens landen?«
»Wenn dieses Unternehmen im Auftrag der Amerikaner im Irak, in Afghanistan und sonst wo gearbeitet hat? Ganz sicher sogar.«
Ich ließ meinen Blick durch das Fernglas an
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