Phantom der Lüste
ansehen.“
Sie folgte ihr und in der Tat, es war das schönste Gästezimmer, in dem sie je genächtigt hatte. Hell, freundlich und mit Blumengestecken dekoriert.
„Und wenn du nachts nicht schlafen kannst, meine liebe Cousine, dann schau in die obere Schublade des Nachtschränkchens. Dort habe ich eine kleine Überraschung für dich hinterlegt.“ Amelie zwinkerte ihr zu.
Nachdem ihre Koffer hochgebracht worden waren und Tante Loraine zum Tee gerufen hatte, eine langweilige Prozedur, der sie nur zu gern entfloh, zog sich Francoise zu einem Mittagsschläfchen in ihr Zimmer zurück. Sie war von der langen Fahrt ermüdet. Erschöpft streifte sie ihre Schuhe ab und warf sich auf die weiche Matratze. In dem Moment erklang ein leises Stöhnen unter ihrem Bett. Erschrocken fuhr Francoise hoch und lugte hinunter.
„Gilbert?“
Der Diener kam mit schmerzverzerrtem Gesicht unter dem Bett hervorgekrochen und hielt sich den Schädel.
„Was machst du unter meinem Bett? Du suchst dir wirklich immer die unmöglichsten Verstecke aus.“ Francoise schmunzelte.
„Aber Herrin, Ihr hattet mich doch vor Eurer strengen Tante gewarnt. Und ich dachte mir, sie werde misstrauisch, wenn sie mich vor Eurem Zimmer sieht, wie ich auf Euch warte. Also nutzte ich die Gelegenheit als Ihr beim Tee wart, um mich besser drinnen zu verstecken.“
Francoise lachte herzlich. „Du bist mir schon ein verrückter Kerl. Nun, wenn du schon mal hier bist …“
„… darf ich Euch zu Diensten sein“, vollendete er ihren Satz.
Francoise legte sich ins Bett und streifte die Strümpfe ab. „Meine Schuhe sind ein wenig zu klein. Jetzt schmerzen mir die Füße wie nach einer langen Wanderung durch die Berge. Massiere sie, aber sei sanft.“
„Natürlich, Herrin.“ Ein verruchtes Lächeln spiegelte sich auf Gilberts schönem Gesicht. Dann nahm er ihren rechten Fuß in die Hände, streichelte ihn zärtlich, knetete ihn auch ein wenig.
Ah, wie tat das gut. Er hatte wahrlich die zärtlichsten Hände, die sie je berührt hatten. Und das waren mehr als sich ziemte und mehr als Papa ertragen konnte. Kurz flammte das schlechte Gewissen wieder auf. Aber was sollte sie tun, wenn sie nun einmal so viel Leidenschaft spürte, dass sie gar nicht wusste, wie sie diese herauslassen sollte? Gilbert war ein erlösendes Ventil. So wie jetzt, in diesem Moment, in dem seine Lippen jeden ihrer Zehen einzeln umschlossen, sanft an ihnen saugten. Francoise streckte ihr Bein durch und steuerte die Bewegung ihres Fußes, trieb ihren Zeh noch etwas tiefer in seinen Mund, sodass er leidenschaftlich stöhnte.
Just in dem Moment ging die Tür ohne Vorwarnung auf und Amelie trat ein. „Verzeih, dass ich dich störe, Francoise, aber Mutter fragt, ob du…“ Sie unterbrach sich und starrte zu der zweifellos bizarren Szene, die sich im Gästebett abspielte.
„Amelie … bitte … ich kann es wohl erklären“, stammelte Francoise aufgelöst, die fürchtete, dass Amelie nichts Eiligeres zu tun hätte, als Tante Loraine zu verständigen. Doch zu Francoises Überraschung röteten sich nur ihre Wangen und ein seltsames Lächeln umspielte ihre Lippen. Mit dem Rücken lehnte sie sich an die Tür und drückte diese hinter sich zu.
„Du hast meine Überraschung also schon entdeckt“, sagte sie und lachte leise, aber Francoise wusste nicht, wovon sie sprach. „Dein Diener ist schön. Ich sah nie einen hübscheren Mann. Sag, liebt er dich?“
Francoise sah zu Gilbert, dessen Gesicht nun ebenfalls glühte.
„Ja, das muss er wohl, wenn er zu deinen Füßen liegt und sie küsst“, beantwortete Amelie ihre eigene Frage.
Francoise fühlte sich überfordert. Angespannt beobachtete sie ihre Cousine. Was hatte Amelie vor? Und würde sie ihr kleines Intermezzo verraten? Die Folgen wären eine Katastrophe! Papa würde nie mehr ein Wort mit ihr sprechen. Nicht nach der letzten Eskapade, die ans Licht gekommen war. Under würde Gilbert aufknüpfen. Das war so sicher wie das Amen in der Kirche.
„Sag bitte Tante Loraine nichts“, bat Francoise, während Amelie um das Bett herum schlich und Gilbert ganz genau musterte.
„Aber warum sollte ich denn? Ganz im Gegenteil. Es sieht aus, als würde es Spaß machen.“
„Spaß machen?“
„Einen Mann zu quälen, der liebt.“ Sie kicherte wie ein kleines Mädchen, sah dabei so unschuldig aus, mit ihren geröteten Wangen und der leicht verkrampften, fast schon linkischen Körperhaltung. „Ich habe eine Idee, Cousine, die uns noch viel
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