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Phantom

Phantom

Titel: Phantom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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Todesteams.«
    »Des Todesteams?« Ich sah ihn fragend an.
    »Es setzt sich aus Gefängniswärtern und leitenden Beamten zusammen, deren Identität geheim ist. Das Team tritt in Aktion, sobald ein Häftling hier eintrifft. Sie bewachen ihn und organisieren alles – von Anfang bis Ende.«
    »Hört sich nicht gerade nach einem angenehmen Job an«, meinte Marino.
    »Man wird nicht dazu gezwungen – es ist eine freiwillige Ent s cheidung«, sagte Roberts mit der unerforschlichen Macho a ttitüde eines Fußballtrainers.
    »Und – geht Ihnen das nicht an die Nieren? Ich habe Waddell auf den elektrischen Stuhl steigen sehen… So was geht doch an die Nieren.«
    »Überhaupt nicht. Ich geh’ hinterher nach Hause, trinke mein Bierchen und steige ins Bett.« Er griff in die Brusttasche seines Uniformhemdes und zog eine Schachtel Zigaretten heraus. »Donahue hat gesagt, Sie wollen den gesamten Ablauf wissen, also werde ich ihn mit Ihnen durchgehen.« Er setzte sich auf die Tischkante und ließ sein Sturmfeuerzeug aufschnappen. »An dem fraglichen Tag, dem 13. Dezember, wurden Waddell zwei Stunden mit seiner Mutter genehmigt. Wir legten ihm eine Taillenkette, Fußeisen und Handschellen an und führten ihn kurz vor dreizehn Uhr in den Besucherraum. Um siebzehn Uhr traf seine Henkersmahlzeit ein. Er hatte sich ein Sirloin Steak, Salat, eine gebackene Kartoffel und Pecan-Nuß-Kuchen gewünscht. Das Essen wurde im Bonanza Steak House zubereitet. Er hat das Restaurant nicht selbst ausgesucht, das ist den Delinquenten nicht gestattet. Wie üblich wurden zwei identische Mahlzeiten geordert: eine für den Häftling und eine für ein Mitglied des Todesteams. Damit soll verhindert werden, daß ein übereifriger Koch die Reise des Todeskandidaten ins glorreiche Jenseits beschleunigt, indem er das Essen zusätzlich mit einer Prise Arsen oder ähnlichem würzt. In Waddells Fall hätte das allerdings keine Rolle gespielt, denn er rührte keinen Bissen an. Er sagte, er hätte keinen Appetit – wir sollten es ihm für den nächsten Tag aufheben.«
    »Er muß geglaubt haben, daß Gouverneur Norring ihn in letzter Minute doch noch begnadigen würde«, sagte Marino.
    »Ich weiß nicht, was er dachte, ich gebe Ihnen nur wieder, was er sagte. Um neunzehn Uhr dreißig kamen Beamte, um die Bestandsaufnahme seines persönlichen Eigentums zu machen: eine Armbanduhr, ein Ring, Kleidungsstücke, Bücher, Briefe und Gedichte. Um zwanzig Uhr wurde er aus seiner Zelle geholt, sein Kopf, sein Gesicht und die rechte Wade wurden rasiert. Er wurde gewogen, geduscht, für seinen letzten Gang angezogen und wieder in die Zelle gebracht. Um zweiundzwanzig Uhr fünfundvierzig wurde ihm in Gegenwart des Todesteams sein Todesurteil vorgelesen.« Roberts stand auf. »Und danach wurde er ohne Handschellen in den angrenzenden Raum geführt.«
    »In welcher Verfassung war er zu diesem Zeitpunkt?« fragte Marino, als Roberts eine weitere Tür aufschloß und öffnete.
    »Er zitterte vor Angst.«
    Der Raum war kleiner, als ich erwartet hatte. Etwa zwei Meter vor der Rückwand stand auf dem braunlackierten Zementboden der Stuhl, ein stabiler, eckiger Thron aus dunkler, polierter Eiche. Breite Ledergurte waren an den Sprossen der hohen Rückenlehne, den beiden Vorderbeinen und den Armlehnen befestigt.
    »Waddell wurde hingesetzt und als erstes der Brustgurt angelegt«, führte Roberts seinen Bericht in gleichgültigem Ton fort. »Dann folgten die beiden Armgurte, der Bauchgurt und die Gurte für die Beine.« Er berührte jeweils flüchtig den entsprechenden Ledergurt. »Das Ganze dauerte eine Minute. Dann wurde ihm die Ledermaske aufgesetzt – ich zeige sie Ihnen gleich –, anschließend der Helm. Zu guter Letzt wurde die Beinkontaktplatte an seiner rechten Wade befestigt.«
    Ich holte meine Kamera aus der Tasche, ein Lineal und Fotokopien von Waddells Körperdiagrammen.
    »Exakt zwei Minuten nach dreiundzwanzig Uhr bekam er den ersten Stromstoß: zweitausendfünfhundert Vo lt und sechseinhalb Ampere; zwei Ampere sind übrigens bereits tödlich.«
    Die auf Waddells Körperdiagramm vermerkten Verletzungen stimmten genau mit der Konstruktion des Stuhls und der Position der Gurte überein.
    »Der Helm wird hier angeschlossen.« Roberts deutete auf ein Kabel, das von der Decke herunterhing und über dem Stuhl mit einer kupfernen Flügelmutter endete. Ich begann den Stuhl aus allen Blickwinkeln zu fotografieren. »Und der Beinkontakt ist mit dieser Flügelmutter hier

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