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Phantom

Phantom

Titel: Phantom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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sagte ich, unfähig, meinen Ärger zu unterdrücken. »Ich überlasse es Ihnen, die Details mit der Personalabteilung zu klären. Wir müssen uns sofort um einen Ersatz bemühen. Also, bis später!«
    Der vom Winterdienst an den Rand des Parkplatzes geschobene Schnee hatte sich in schmutziges Eis verwandelt, das zu überqueren nicht ungefährlich war. Schwach schimmerte die Sonne durch die Wolken. Eine Heilsarmee-Band marschierte vorbei. Während »Joy of the World« verwehte, stieg ich die salzbestreuten Stufen zum Seaboard Building hinauf. Vander saß in einem Raum, in dem farbige Monitore und ultraviolette Lampen leuchteten, und blickte gebannt auf den Bildschirm des Gerätes, an dem er mit der Hand auf der Maus saß.
    »Es ist nicht leer«, sagte er ohne einleitende Begrüßung. »Jemand hat etwas auf ein Blatt geschrieben, das auf diesem lag. Sie müssen ganz genau hinschauen, dann können Sie erkennen, daß sich etwas durchgedrückt hat.«
    Auf dem Lichttisch links von ihm lag ein weißes Blatt. Ich beugte mich darüber. Die Spuren waren so schwach, daß ich nicht sicher war, ob ich sie mir nicht nur einbildete. »Ist das das Papier, das auf Jennifer Deightons Bett unter dem Kristall lag?« Erregung erfaßte mich.
    »So ist es.« Er bewegte die Maus und justierte die Grautöne.
    »Geben Sie mir hier eine Live-Vorstellung?« fragte ich.
    »Nein, die Videokamera hat die Abdrücke bereits aufgezeichnet; sie sind schon auf der Festplatte gespeichert. Aber berühren Sie das Papier nicht! Ich habe es noch nicht auf Fingerabdrücke untersucht. Drücken Sie die Daumen! Na mach, mach!« Er sprach jetzt mit dem Gerät.
    Eine Spezialkamera kann mehr als zweihundert Grauschattierungen unterscheiden, das menschliche Auge weniger als vierzig. Daß man etwas nicht sieht, bedeutet also nicht, daß es nicht da ist.
    »Gott sei Dank ist Papier ein unkomplizierter Untergrund!« sagte Vander. »Da ist die Geschichte nicht so zeitaufwendig. Neulich hatte ich einen blutigen Fingerabdruck auf einem Laken. Der Stoff bereitete mir einige Schwierigkeiten.« Eine weitere Graunuance überschwemmte den Bereich, in dem er arbeitete. »Aha! Jetzt kommen wir weiter. Sehen Sie das?« Er deutete auf schmale Schatten in der oberen Hälfte des Bildschirms.
    »Kaum.«
    »Hier ist nichts geschrieben und dann wieder ausradiert worden, hier geht es um durchgedrückte Schriftzeichen. Die Kamera hat sie wahrgenommen, Sie und ich dagegen können sie ohne Hilfsmittel nicht sehen. Versuchen wir, die Vertikalen noch ein bißchen mehr herauszuheben.« Wieder bewegte er die Maus. »Und jetzt die Horizontalen eine Idee dunkler zu machen. Jetzt kommt’s! Da! Der Anfang einer Telefonnummer!«
    Ich zog mir einen Stuhl heran. »Die Vorwahl des District Columbia«, sagte ich.
    »Ich sehe eine Vier oder eine Drei… oder ist das eine Acht?«
    Ich kniff die Augen zusammen. »Ich glaube, es ist eine Drei.«
    »Da, jetzt wird es deutlicher! Sie haben recht. Es ist eindeutig eine Drei.« Er arbeitete mit der Maus, und noch mehr Ziffern wurden sichtbar – und Worte. Schließlich seufzte er ungeduldig. »Mist! Ich krieg’ die letzte Ziffer nicht. Aber sehen Sie sich das vor der Vorwahl an! AN und dann ein Doppelpunkt … und genau darunter steht VON, gefolgt von einem weiteren Doppelpunkt, dann eine Nummer: Acht-null-vier… das ist hier bei uns. Diese Ziffern sind sehr undeutlich: eine Fünf und eine Sieben, oder ist es eine Neun?«
    »Ich nehme an, das wird Jennifer Deightons Nummer sein«, sagte ich. »Ihr Faxgerät und ihr Telefon laufen über denselben Anschluß. Sie hatte ein Faxgerät in ihrem Arbeitszimmer stehen, eines, bei dem man normales Schreibmaschinenpapier verwendet. Wie es scheint, hat sie eine Nachricht auf einem Blatt aufgesetzt, das auf diesem hier lag. Aber warum steht dann kein Text da?«
    »Geduld, Geduld! Wir sind ja noch nicht fertig. Da kommt etwas, das wie ein Datum aussieht. Zwei Einsen? Nein, eine Eins und eine Sieben… Aha, jetzt haben wir’s komplett: 17. Dezember.« Er bewegte die Maus, und die Pfeile glitten abwärts. Er drückte auf eine Taste, wodurch der Bereich, in dem er arbeiten wollte, vergrößert auf dem Bildschirm erschien, und dann begann er, die Fläche mit verschiedenen Grauschattierungen zu tönen. Ich saß gebannt neben ihm, während allmählich Formen hervortraten: Bogen, Punkte und Ts mit kräftigen Querbalken. Schließlich war alles da: Vor einer Woche, zwei Tage vor ihrer Ermordung, hatte Jennifer Deighton folgende

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